Wer war eigentlich diese Diana, deren Bildnis sich in der Nähe des Pionierwegs befindet? Es ist davon auszugehen, dass es sich hierbei um die Göttin Diana handelt.
Die Römer verehrten Diana als Göttin der Jagd, der wilden Natur und des Lichts. Sie wurde auch mit der griechischen Göttin Hekate identifiziert, doch ihr griechisches Gegenstück war eindeutig Artimis, eine jungfräuliche Schwester des Apollon und Tochter des Zeus und der Leto.
Es gab viele Kulte um die Göttin Diana, ihre Anrufung geschah mit magischen Zauberformeln an Kreuzwegen und in Höhlen um Liebe zu entzünden, Kranke zu heilen, Verhasste zu verderben. Diana führte auch den Brauch ein, Heilkräuter bei Nacht zu sammeln.
In seinem zwölfbändigen Monumentalwerk „Der goldene Zweig“ beschreibt der schottische Anthropologe James George Frazer ausführlich den Kult um die Göttin Diana. Frazer berichtet uns ausführlich von einer Königin des Waldes, die an einem See lebt der „in einer grünen Talmulde der Albaner Berge sanft eingebettet liegt“, nahe dem Dörfchen Nemi. Im Altertum war diese Landschaft bekannt als der Hain der Diana von Nemi. Hier stand ihr Tempel, hier wurde ihr Ritus zelebriert.
Aber die wohl bekannteste Geschichte um die Göttin Diana ist die Sage von Actaion, der sie in ihrem Heiligtum nackt erblickte und dafür mit seinem Leben zahlen musste.
Bei Actaion fügte es sich, dass er die Göttin um Mittag erblickte, jenem schicksalsvollen Augenblick, wenn die Sonne in ihrem jugendlichen, kraftvollen Aufstieg erlahmt, innehält und zu ihrem mächtigen Niedertauchen in den Tod übergeht. In der Antike nannte man diese Zeit auch die „Stunde des Pan“.
Nach einem von der Jagd ausgefüllten Morgen hatte der junge Athlet Actaion seine Gefährten zusammen mit seinen blutbefleckten Hunden rasten lassen und war umhergestreift. Er hatte sich von den vertrauten Jagdgründen mit ihren Waldungen und Feldern entfernt und war in die benachbarten Wälder eingedrungen. Dabei entdeckte er einen Talgrund dicht mit Föhren, Eichen und spitzen Zypressen bestanden und neugierig beschwingten Schrittes drang er darin ein. Es war aber im Wald eine Grotte verborgen, durchrieselt von einer kleinen sprudelnden Quelle, deren lauteres Wasser sich durch einen Bach in einen von Kräutern umstandenen Tümpel ergoss. Zu diesem schattigen Plätzchen pflegte Diana sich zurückzuziehen. Und es traf sich, dass sie gerade badete, ganz nackt, als Actaion hinzu kam:
„Untergetreten schon übergibt sie einer der Nymphen-
der, die die Waffen ihr trägt – den Köcher, den Speer, den entspannten
Bogen, es fängt mit dem Arm eine andre das fallende Kleid auf.
Zweie lösen die Riemen am Fuß. Denn das Kind des Ismenus,
Crocale, schlägt ihr, gewandter als jene,
zum Knoten das frei den Hals umspielende Haar....
Während Titanien hier die gewohnten Güsse umspülen,
siehe, gerät der Enkel des Cadums, der ziellosen Schrittes
nutzend der Jagd Unterbrechung, des fernen Waldes Bezirk durchschweifte,
dort in den Hain. Es führte ihn so sein Verhängnis.
Da, sobald er die quelldurchrieselte Grotte betreten,
schlagen die Nymphen beim Anblick des Mannes, nackt wie sie waren,
jäh ihre Brüste, erfüllen mit lauten klagenden Rufen
plötzlich den ganzen Hain. Mit den eigenen Leibern sie deckend
drängen sie rings sich eng um Dianen. Doch höheren Wuchses
ragt über alle hinaus um Haupteslänge die Göttin.“
Der Jüngling sah und konnte sich nicht abwenden. Das Verhängnis blieb nicht aus:
„...und wie sie verlangt einen Pfeil in Händen zu haben,
schöpfte sie, was ihr zur Hand, das Naß, besprengte des Mannes
Antlitz mit ihm, und, sein Haar mit den rächenden Fluten benetzend,
spricht sie die Worte dazu, die das kommende Unheil ihm künden:
„Jetzt erzähle, du habest mich ohne Gewand gesehen,
wenn du noch zu erzählen vermagst!“ Sie drohte nicht weiter,
gab dem besprengten Haupt des lange lebenden Hirsches
Hörner, die Länge dem Hals, macht spitz das Ende der Ohren,
wandelt zu Läufen um seine Hände, die Arme zu schlanken Schenkeln,
umhüllt seinen Leib mit dem fleckentragenden Vliese,
gab auch die Furcht ihm dazu. Es flieht Autonoes tapfrer Sohn
und wundert sich selbst im Laufe der eigenen Schnelle.
Als er aber Gesicht und Geweih in den Wellen erblickte,
wollte er: “Weh mir!“ rufen – es folgt keine Stimme, ein Stöhnen
nur! (Dies ist seine Stimme fortan.).....“
Ein schreckliches Schicksal nahm nun seinen Lauf. Seine eigenen Hunde bekommen Witterung von dem großen Hirsche und kommen bellend durch den Wald.
„und er flieht durch Gelände, in dem er so oft verfolgt hat.
Weh! Seine eigenen Diener flieht er! Er möchte wohl rufen:
„Ich bin Actaeon! Erkennt den eigenen Herrn!“ Doch versagt das
Wort sich dem Sinn. Von Gebell nur widerhallen die Lüfte.
Schwarzhaar brachte zuerst im Rücken ihm bei eine Wunde,
Wildfang die nächste darauf, es hing am Buge ihm Bergwelp.
.....Dieweil ihren Herren sie halten,
kommt die übrige Schar und schlägt in den Leib ihm die Zähne.
Schon fehlt den Wunden der Platz. Er seufzt – ein Klang wie Menschenlaut
Zwar nicht, doch auch nicht so, wie ein Hirsch ihn kann äußern.“
Von den Gefährten umstanden, die den Hunden nachgeeilt waren, wird er zerrissen. Und:
„Erst, als in zahllosen Wunden, so sagt man, geendet sein Leben,
war ersättigt der Zorn der köcherbewehrten Diana.“
Als Naturgöttin blieb Diana auch nach der zwangsweisen Einführung des Christentums in ländlichen Regionen weiterhin den Menschen verhaftet. Bis in das sechste nachchristliche Jahrhundert wurden Dianakulte vollzogen. Um dem Diana Kult den Rang abzulaufen mussten die entsprechenden Festtage zu christlichen Feiertagen umgedeutet werden, so unter anderem Maria Lichtmess und Maria Himmelfahrt. Ab den 17. Jahrhundert erlebte Diana eine gewisse Renaissance, da sie besonders mit der Jagd in Verbindung gebracht wurde.
Lit. Hinweise
James George Frazer: Der goldene Zweig
Ovid: Metamorphosen
Joseph Campbell: Der Heros in tausend Gestalten
hukwa