Montag, 26. September 2011

Amseldell bei Trippstadt

Parasol - Brüderchen und Schwesterchen


Farben des Herbstes


Wo einst Könige, Fürsten und Freiherren wanderten - eine Wanderung zur historischen Amseldell im Trippstadter Wald

Der griechische Philosoph Aristoteles schrieb einmal: „Die Heimat des Philosophen ist der Ort wo er denken kann.“

Nun, es ist wahrscheinlich auch der Ort wo man sich besonders wohlfühlt, wo man Wurzeln ziehen kann. Ein Stück Erde das man liebt. Es ist einem bewusst, dass es einen Ort gibt an dem man sich zuhause fühlt. In dem Wort Heimat schwingt etwas religiöses mit, selbst bei jenen Menschen die Heimat als etwas altbackenes bezeichnen und sich über das Heimatgefühl erhaben glauben. Die innige Verwurzelung des Menschen mit seiner Heimat ist nicht in irgendeiner Ideologie sondern in einem natürlichen Zwang begründet.

Es gibt Gäste die seit vielen Jahren nach Trippstadt kommen und sagen: „Trippstadt ist uns zur zweiten Heimat geworden!“ Dies liegt zweifelsohne an den vielen romantischen Plätzen die wir in der Umgebung von Trippstadt vorfinden. Es sind Plätze der Meditation und Besinnung umgeben von einem „grünen Kranz von Wäldern“.

Ein solcher Platz ist unter vielen anderen die historische Amseldell oberhalb der wildromantischen Karlstalschlucht. In einem grünen Waldhain gelegen scheint dieser Ort in einen Märchenschlaf gefallen zu sein, der nur darauf wartet wieder erweckt zu werden. Jetzt da im Pfälzerwald die Stimmung des Goldenen Oktobers vorherrscht macht es besondere Freude hier zu wandern.

Bereits um die Mitte des 19.Jh. war die Amseldell ein begehrtes Ausflugsziel, wo sogar Bayernkönig Ludwig I umherspazierte. Hier stand einst eine Anlage mit Kegelbahn, Wildholzpavillon, mit Wirtsgarten, Schießstand und Irrgarten. Zwei große Steintafeln erinnern an den Besuch von adligen Hoheiten die hier einst lustwandelten und an den 70. Geburtstag des Prinzregenten Luitpold am 12. August 1891.

Aber es ist vor allem die Natur, die den Wanderer in diesem Teil des Trippstadter Waldes in seinen Bann zieht. Die alten mächtigen Bäume, die gefallenen Baumriesen bewachsen mit wunderschönen Baumpilzen das Vogelgezwitscher das diesem Platz wohl seinen Namen gab und die tiefe Stille die hier vorherrscht. Eine Stille die zu Besinnung und Meditation einladet.

Die Stille die den Wanderer hier regelrecht aufsucht hat Joseph von Eichendorff einmal in folgende Verse gekleidet:

Schläft ein Lied in allen Dingen,

die da träumen fort und fort,

und die Welt hebt an zu singen,

triffst du nur das Zauberwort.

Für viele Wanderer, wenn sie wieder nachhause gereist sind und an Trippstadt zurückdenken, wird gewiss der Name Amseldell ein solches Zauberwort sein.

Die ganze süße Schwermut lang schon vergangener Ereignisse umwittert diese abgelegene Garteneinsamkeit und dem Besucher, der auf seiner Wanderung wegmüde in diese Stille eintritt, wird alsbald dieses wundersame Gefühl zu spüren bekommen. Ja, es liegt noch Heute ein unbeschworener Zauber über dieser alten Gartenanlage. Hier wo einst Kavaliere und adlige Damen umherspazierten unter festlichen Lampions ihren galanten Schäferspielen nachgingen, kichernd durch den Irrgarten aus Buchsbaum rannten, scheint die Zeit still zu stehen und der Besucher fühlt sich sehr schnell in eine andere Zeitepoche versetzt. Jetzt im Herbst ertönt hier oft der Ruf des Schwarzspechts und durch die mächtigen alten Bäume funkelt manchmal das bunte Gefieder des Eichelhähers. Die wunderschöne Eibe gleich am Eingang zur alten Gartenanlage schmückt nun ihre Nadeln mit roten Früchten und die klare Waldluft mischt sich manchmal mit dem Geruch reifer Pilze und feuchter Moose. Dieses Kleinod im Trippstadter Wald ist ein wahrer Ort der Besinnung und der Meditation.

hukwa

Oktober der Erntemond

Es ist die Zeit da, die Stille langsam Einkehr hält im Pfälzerwald. Der Oktober geizt nicht mit seinen Farben. Ja, wer jetzt die Wälder durchstreift, den erwartet ein Farbenrausch. Der altdeutsche Name „Gilbhart“ ist ein Satzname, der das „Färbe den Wald gelb“ in sich trägt. Das alte, heute nicht mehr gebrauchte Wort „Hart“ für „Bergwald“ hält sich noch in geographischen Namen wie Haardt und Harz.

Es ist auch die hohe Zeit der Baumfrüchte. Bevor ein Baum seine Blätter fallen lässt, versucht er noch möglichst viele Nährverbindungen herauszuziehen. Diese wertvollen Stoffe sind an das Blattgrün gekoppelt und je mehr das Grün schwindet, desto stärker treten - auch vorher schon vorhandene – andere Farbstoffe in Erscheinung: Das Blatt wird gelb, rot, orange oder braun. Eine besonders schöne Färbung zeigt nun die Wildkirsche, ihr folgen die Ahornarten.

Wer Anfang Oktober etwas tiefer in den Pfälzerwald eindringt, kann tagsüber schon mal ein unwillig klingendes Knörren vernehmen. Es ist die Zeit der Hirschbrunft. Sobald sich die Frühnebel verzogen haben und die ideale Temperatur vorherrscht, beginnt dieses atemberaubende Schauspiel. Der Platzhirsch tritt auf die Lichtung, wirft majestätisch seinen Kopf in den Nacken und lässt sein markiges Röhren erschallen. Der Oktober ist ein Zaubermonat und doch enthält er schon eine gewisse Melancholie, unerbittlich weist er uns darauf hin, dass der Sommer vorbei ist. Die letzten Zugvögel machen sich nun auf den Weg nach Süden und an den späten, kühlen Abenden tönt das Geschnatter der Wildgänse vom Himmel herab.

Noch einmal schöpft die Natur nun aus dem Vollen, neben den Baumfrüchten sprießen die Pilze und vor allem die Beerenfrüchte. Diese verpacken ihre Samen in eine fleischige Hülle und geben dem ganzen eine glänzende Farbe. Die Früchte ziehen verschiedene Tiere an und dienen ihnen als Nahrung. Sie verbreiten die Kost über ihren Magen. Bei Steinfrüchten speien die Tiere die Samen aus dem Mund wieder aus. Vor allem mit Rottönen werben solche Pflanzen unter den Vögeln.

Der Oktober trägt im Volksmund auch den Namen Erntemond. Im Wald sprießt nun eine Vielzahl von Pilzen. Es scheint, als ob die Pilze dann wachsen, wenn Bäume zu ruhen beginnen. Dem ist auch so, wenngleich auch über beider Zusammenleben noch vieles im Geheimen liegt, so ist bei ca. 50 Pilzen eine Lebensgemeinschaft zu einem Baum nachgewiesen. Der besonders giftige Knollenblätterpilz geht nur mit Eichen und Buchen eine Beziehung ein, der Fliegenpilz braucht die Birke und Fichte, während Pfifferlinge Kiefern bevorzugen. Unter dem Waldboden betreiben beide eine Versorgungs-gemeinschaft über ihre Wurzeln. Die feinen Pilzfäden lassen ein regelrechtes Geflecht um die Saugwurzeln der Bäume entstehen. Beim Steinpilz messen die Fäden insgesamt etwa 100 Kilometer. Der Pilz vermag die meist mineralischen Stoffe pflanzlichen und tierischen Ursprungs leichter aufzuschließen und tritt sie als Mineralsalze, Stickstoff und Phosphor an die Baumwurzeln ab. Der Baum wiederum gibt seinem Partner vor allem Kohlenhydrate ab. Diese kann er dann am besten entbehren, wenn das Sprossenwachstum beendet ist.

So wird klar warum im Herbst die Zeit der Pilze beginnt. Pilz und Baum benötigen einander. Hemmungsloses Sammeln dieser Früchte des Waldes ist deshalb unverantwortlich. Gerade im Oktober zeigt uns der Wald durch seine ganzheitlichen Zusammenhänge, dass wir ökologisch nur überleben können, wenn wir uns auf das Ganze besinnen.

hukwa