Samstag, 31. Dezember 2011

Zwei alte Freunde

Die Erle - ein alter Märchenbaum

Die Schwarzerle wächst als Baum oder Strauch an Gewässern und feuchten Stellen, wo sie mit Birken, Weiden und anderen Bäumen und Sträuchern oft weite Bruchwälder bildet. Man erkennt die Erle leicht an den rundlichen, abgestutzten Blättern und an den Knospen, die wie bei keinem anderen heimischen Baum gestielt sind. Die Erle stäubt etwa zu gleicher Zeit wie die Haselnuss. Die kleinen Stempelkätzchen, die im Gegenteil zu denen der Haselnuss frei überwintern, entwickeln sich zu zapfenartigen Fruchtständen. Ihre später verholzten Schuppen spreizen im Winter und Vorfrühling von der Achse ab, so das die Früchte leicht ein Spiel des Windes werden. An jungen Wurzeln finden sich orangefarbene Knollen, die ähnlich wie die Knöllchen der Schmetterlingsblütler der Pflanze stickstoffhaltige Verbindungen zuführen. Das rotbraune Holz ist gegen den Einfluss von Wasser sehr widerstandsfähig; es eignet sich daher gut zu Gruben- und Wasserbauten, wird aber auch oft vom Tischler und Drechsler verwendet. Ihre besonderen Eigenschaften vor allem der Schwarzerle, sichern ihr eine vielseitige Verwendung : Die Fähigkeit zur Bindung von Luftstickstoff durch Symbiose mit Strahlenpilzen gibt ihr die Eignung zur Rohbodenkulivierung. Wegen ihres dichten,tiefgreifenden Wurzelwerks benutzt man sie gern zur Uferbefestigung und wegen ihres tiefen Schattens zur Unterdrückung des Krautwuchses in Gräben. Von der Schwarzerle unterscheidet sich die Weiß – oder Grauerle durch ihre ungestielten, sitzenden, weiblichen Kätzchen. Die nahe verwandte Grünerle ( Alnus viridis ) ist ein bis 4 m hoher Strauch mit ungestielten, spitzen Knospen. Er kommt in alpinen Gebieten vor. Eine weitere Verwandte ist die italienische oder Herzblättrige Erle. Alle Erlenarten sind sehr geschätzte Pioniergehölze, da eine Erlenbestockung auf Rohböden sehr zur Anreicherung wertvoller Stickstoffverbindungen und somit zur Bodenverbesserung beitragen. Goethe hat mit seinem Erlkönig, der Erle ein ewiges Denkmal in der Literatur gepflanzt. Goethe hatte das Thema seines Gedichts einem lyrischen dänischen Lied, die „Tochter des Elfenkönigs" entnommen, das in einem von J.G. Herder zusammengestellten Volksliederbuch – dort hat es den Titel „ die Tochter des Königs der Erlen" – enthalten ist ; die dritte, revidierte Ausgabe der Sammlung erschien 1807 unter dem Titel : „Stimmen der Völker in Liedern" . Im dänischen Original geht es um den König der Elfen. Oluf begegnet bei einem nächtlichen Spaziergang Elfen. Elfen, die wie sie es gewohnt sind auf den nächtlichen Wiesen tanzen. Die Tochter des Königs lädt Oluf zum Tanz ein aber er lehnt ab. Da gibt ihm das Mädchen einen Schlag aufs Herz, setzt ihn leblos und bleich in den Sattel und schickt ihn heim. Am nächsten Morgen sollte Olufs Hochzeit stattfinden, aber seine Braut findet ihn Tod hinter einem scharlachroten Vorhang. Goethe hat dieses Thema sehr frei abgewandelt. In seiner Ballade reitet der Vater durch „ Nacht und Wind „ und hält seinen jungen Sohn in den Armen. Er hat den Erlkönig gesehen und erschauert. Sein Vater ist bemüht, ihn zu beruhigen, aber das Kind fährt fort, ihm zu wiederholen, was der Erlkönig ihm zuflüstert. Grauen erfasst das Kind, dass sich von allen Seiten bedroht fühlt und am ende einen Schmerzensschrei ausstößt, weil es berührt wurde. Dem Vater, der nichts gesehen oder gehört hat, graut nun auch, und er reitet so schnell er kann. Als er endlich sein Haus erreicht, ist das Kind in seinen Armen Tod. Die sehr Packende und dramatische Ballade Goethes verursacht wegen des geheimnisvollen Schreckens, den sie heraufbeschwört und der eben genau jener „ Panik „ entspricht in der man in Mythos und Sage, immer wieder trifft, entspricht auch Heute noch Herzklopfen. Zu diesem Thema sagt Michael Tournier, der Autor eines fesselnden Werkes mit dem Titel „ Roi des Aulnes „ ( 1970 ) in einem späteren Buch : Dieses Gedicht von Goethe, dessen Berühmtheit durch ein Lied von Schubert noch gesteigert wurde, war für den französischen Studenten der deutschen Sprache und Literatur das Gedicht schlechthin, ein Symbol für Deutschland. Das seltsame ist, dass dem Gedicht ein Übersetzungsfehler Herders zugrunde liegt, der die dänische Folklore in Deutschland bekannt machte. Eller, die Elfen wurden unter seiner Feder, zu Erlen , weil die Erle in dem Dialekt, den man in Mohrungen, der Geburtsstadt Herders in Ostpreußen , sprach, Eller genannt wurde. Es ist nämlich nicht sehr wahrscheinlich, das Goethe sich für den Stoff eines banalen Elfenkönigs interessiert hätte. Aber seine Phantasie entzündete sich an einer so genauen und urtümlichen Darstellung der Erle, den sie ist der schwarze und Unheilbringende Baum der stehenden Gewässer, so wie die Weide der lichte und freundliche Baum der fließende Wasser ist. Die Erle im Sumpf beschwört das Bild der nebelverhangenden Ebenen und des trügerischen Bodens des Nordens herauf, das Bild eben des Erlkönigs, eines über diesen düsteren Gefilden schwebenden Luftgeistes, der Menschen und vor allem Kinder verschlingt. „ Es überrascht in der Tat nicht, das Goethe als Botaniker, der auch für die Volkstraditionen, denen die frühe Romantik wieder zu ehren verhalf, sehr empfänglich war, sofort sah, wie viel er aus Herders Interpretationen machen konnte. Dreißig Jahre nach Goethes Ballade machten die Elfen, nach langem Schweigen wieder von sich reden, denn sie waren im Verein mit den Zwergen, Undinen und Feen die Hauptdarsteller in den Märchen, die nun von bedeutenden Schriftstellern gesammelt und publiziert wurden, seit 1813 von E. T. A. Hoffmann und in den Jahren 1812 bis 1822 von den Brüdern Jacob und Wilhelm Grimm. Susanne Fischer schreibt in ihrem Buch „ Blätter von Bäumen" : „Im Erlenbaum lebt die Arle,Irle oder Else, wie die Erlenfrauen alle genannt wurden. In ihrem Namen hört man förmlich das Murmeln des Wassers. Gefährlich sind sie für einen verirrten Wanderer, den sie in die Tiefe ziehen können. In der Wolfdietrichsage, die im 13. Jahrhundert verfasst wurde, wird von solch einer Erlenfrau erzählt. Die raue Else erscheint nachts am Lagerfeuer. Schuppig wie ein Baum ist ihre Haut und wirr wie die Flechten in den Bäumen ihr Haar. Denn erschreckten Wolfdietrich fordert sie auf „sie zu minnen". Entsetzt lehnt er ab. Am liebsten wäre er geflohen. Die raue Erlenfrau erkennt, dass ihr Bitten umsonst ist, und so verzaubert sie ihn erst einmal. Jetzt legt sie einen Schlafzauber über ihn, so dass er schlaftrunken zu Boden sinkt. Sie schneidet ihm zwei Haarlocken vom Kopf und zwei Fingernägel, die sie als Pfand behält. Dadurch ist er ihr verfallen. Ein halbes Jahr läuft er wild und ohne Besinnung durch den Wald, schläft in Höhlen und ernährt sich von Kräutern. Ein Engel endlich, Bittet die Zauberin den Bann rückgängig zu machen. Das Märchen endet damit das die raue Else sich in eine schöne Frau verwandelt." Die alten Iren glaubten, das der erste Mann einer Erle, die erste Frau einer Eberesche entsprang.
Also eine Parallele zum Edda-Mythus, von der Erschaffung der Menschen aus askr
( Esche ) und embla ( Ulme ).

hukwa

Freitag, 30. Dezember 2011

Im Schlosspark zu Trippstadt

Der Wind geht leise wie mein Atem
nebliges Abendlicht liegt überm alten Park
blutrotes Leuchten zwischen Busch und Bäumen
glutrot verworrenes Schäumen
schwebt leuchtend in der Abendwende
die Eberesche glüht schon lang nicht mehr
wie Augen erscheinen die Fenster im Schloss
erzählen von
Triumph von Sieg und Gelingen
dennoch
sind sie nur Zeugen
von Vergehen und Zerrinnen
Ich schwebe auf lichten Ätherschwingen
ein Glockenschlag durchbricht die Stille
aus tausend Ebereschenzweigen
spür ich
das Gott mich anstarrt
O Wesen das in jeder Pflanze lebt
O Kraft die in uns Menschen webt
die nun im Abendrot versunken
einen Blick in die Ewigkeit gewährt
genährt von einer einsamen Stunde.
hukwa

Dienstag, 27. Dezember 2011

Die Birke - der Baum der Schamanen

Die Weißbirke unterscheidet sich durch die hängenden Zweigen und die anfangs mit einem Harzüberzug versehene, völlig kahlen Blätter leicht von der Moor oder Haarbirke, die durch ihre aufrechtstehenden Zweige einen mehr sperrigen Wuchs hat und deren ziemlich stark behaarten Blätter beim Austreiben nicht klebrig sind.

Beide Arten kommen in unseren Wäldern meist eingestreut zwischen anderen Bäumen vor oder bevorzugen die lichten Waldränder und Kahlschläge. In Park anlagen und an Straßenrändern werden sie gerne angepflanzt. Die Weiß oder Hängebirke, regional auch als Sandbirke bezeichnet, ist mit Abstand die häufigste Birkenart in Europa .Der Grund für ihre weite Verbreitung von Südeuropa bis in den hohen Norden, beziehungsweise in entsprechende Höhenlagen der alpinen Gebirgen Europas, liegt in ihrer Anspruchslosigkeit gegenüber klimatischen Härten. Offenbar spielt dabei die weiße Rinde eine wichtige Rolle, die einen erheblichen Teil der auftreffenden Strahlung reflektiert. Dies mag insbesondere an stark und anhaltend besonnten Stellen ein sehr wirksames Anpassungsmerkmal sein. Birken breiten sich auf brachliegenden Ödland oder in Schlägen ungemein rasch aus. Auch diese Tatsache wird schnell verständlich, wenn man einmal die Zahl der von einem einzigen in Baum versetzten Verbreitungseinheiten überschlägig betrachtet. Die zur Blütezeit eher unauffälligen weiblichen Kätzchen vergrößern sich während der Fruchtreife über den Sommer etwas und nehmen im Frühherbst eine kräftige bräunliche Färbung an. Zu diesem Zeitpunkt sind die Samen reif. Die Kätzchen brechen auseinander und setzen die winzigen Nussfrüchte mit ihren beiden seitlich anhängenden Flügeln frei. Je Kätzchen sind dies einige hundert,

bei einem mittelgroßen Baum jedoch schon einige Millionen, da die weiblichen Kätzchen in guten Samenjahren ziemlich dicht sitzen. Die flugfähigen Samen werden vom Herbstwind zum Teil über größere Entfernungen verstreut und keimen im nachfolgenden Frühjahr an zusagenden stellen aus. Birken sind vielfach genutzte Laubbäume. Wenn der Mai naht kleiden sich die schlanken Zweige der Birke grün. Das hellgrüne Laub und das seidig schimmernde weiß der Rinde verleihen dem Baum ein liebliches aussehen. Die Moor-Birke finden wir vor allem in Bruch und- Moorwäldern in Nord- und Mitteleuropa, bis Sibirien, im Süden vor allem im Gebirge bis 1600 m Höhe. Verwandte Arten unserer heimischen Birken sind die Gold-Birke
(Betula ermanii ), sie stammt aus dem Norden Asiens, besitzt eine gelblich bis weiße, inStreifen ablösende Rinde. Die Blätter sind länger als bei den einheimischen Arten. Ziemlich häufig ist diese Birkenart in Parkanlagen angepflanzt. Die Japan-Birke ( Betula maximowicziana ) zeigt orangebraune, erst später nachdunkelnde Triebe und besitzt für eine Birke ungewöhnlich gestaltete, sehr große, fast lindenartige Blätter von etwa 12 x 10 cm Größe. Die Kronengestalt erinnert an die einheimische Weiß- oder Moorbirke, allerdings sind die Äste etwas stärker entwickelt. Bei der Schwarz-Birke ( Betula nigra ) , die in den östlichen USA bis Florida beheimatet ist fehlt die für die meisten Arten dieser Gattung typische helle bis silbrig-weiße Rinde. Statt dessen herrschen hier dunklere Töne vor. Diese Birkenart ist außer ihres Verbreitungsgebietes, nur in größeren Sammlungen oder botanischen Gärten zu sehen.

Die Birke ist ein typischer Maibaum. Noch Heute finden wir in ländlichen Gegenden , die Tradition des Maibaums. Auch bei der Fertigstellung eines Hauses, wird die Birke gerne als „ Richtbaum „ benutzt. Viele Dichter haben die Birke als Baum des Frühlings besungen. Die Slawen die eine große Waldgeister Mythologie und Märchenschatz besitzen, nannten ihre Naturgeister Lechy, eine Art bewohnte die Birken. Man kann sie aus den Bäumen hervorlocken ;dazu schneidet man ganz junge Birken ab, legt sie mit den Wipfeln nach innen, in einen Kreis, begibt sich in dessen Mitte und ruft den Geist herbei. Dieser soll dann sofort in Menschengestalt erscheinen und sei bereit dem der ihn gerufen hat jeden Wunsch zu erfüllen, wenn man ihm dafür seine Seele verspricht. Der Weltenbaum der sibirischen Schamanen ist meist eine Birke. Bei den Buritäten Sibiriens spielt sie eine äußerst wichtige Rolle in den Zeremonien der Schamanen. Bei den Einweihungszeremonien schneidet man am Vorabend unter der Leitung des Schamanen große und starke Birken. Dies geschieht in dem Wald in dem die Dorfbewohner, ihre Friedhöfe haben. Die Bäume beherbergen die Seelen, der Verstorbenen, die somit zum Fest geladen werden. Am folgenden Morgen legt man die Birken aus, jede an einen bestimmten Ort. In der Mitte der Jurte des Schamanen wird die kräftigste Birke angebracht, die Wurzeln in der Feuerstelle und der Wipfel durch das Rauchloch gezogen, sie eröffnet dem Schamanen, in seiner Trance den Zugang zum Himmel und somit den Kontakt zu den geistern der Verstorbenen und seinen eigenen Schutzgeistern.

Bei den Kelten galt die Birke als Baum des Anfangs, daher setzten sie ihn in ihrem Baumalphabet, auch an den Anfang. Der Birkenmonat dauerte bei ihnen wahrscheinlich vom 24. Dezember bis zum 20. Januar. Abgesehen von dem mystischen Holunder, war sie der erste Baum im Wald, der nach dem Winter Blätter ansetzte. Der Geist der Birke wird oft als eine Frau, reifen alters dargestellt. Wenn man sie in guter Absicht beschwört, tritt sie manchmal aus den Zweigen oder dem Stamm hervor, zeigt sich mit gelöstem Haar und streckt die Arme aus, ihre nackte Brust präsentierend. Bei unserem Lichtmess-Fest, das dass Wiedererwachen des Lichts feiert, kommt die Birke in der Person der heiligen Brigite zu besonderen Ehren; der Name Birgit leitet sich aus der indoeuropäischen Wurzel Bhirg her, die im Englischen zu birch und im Deutschen zu Birke geworden ist. Die heilige Brigitte von Kildare, in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts geboren und ihren Hagiographen zufolge als Tochter eines heidnischen Stammenshäuptlings zu einer Schutzpatronin Irlands geworden, war ursprünglich eine keltische Gottheit der Wiedergeburt des Feuers und der Pflanzenwelt, eine richtige Tochter Dagdas, des obersten Gottes der irischen Druiden.

Im zeitigen Frühjahr erwacht die Birke wieder zum Leben. Im Wald gehört sie zu den ersten Bäumen die ein grünes Kleid bekommen. Um diese Zeit hat die Birke in Blättern und Saft, ihre heilendste Kräfte. Seit altersher nutzt man sie deswegen als Mittel zur Frühjahrskur, so vertreibt die Birke, mit ihren heilenden Kräften die sie in sich trägt, den müden Winter aus den Gliedern. Sie belebt und reinigt den Körper.

Die Birke regt Blase und – Niere an und hilft somit bei Wassersucht und Gicht aber auch bei Arthritis, Nieren –und Blasensteinen. Schon die Germanen wussten um die Heilkräfte der Birke und nutzten ihren Saft als Schönheitstrunk, da der Birkensaft die Ausscheidungsfähigkeit der Haut anregt.

Eine Besonderheit der Birke ist ihr Bezug zu einem Pilz mit dem sie in tiefer Symbiose lebt, Amanita muscaria, genannt der Fliegenpilz.

Der Fliegenpilz gehört sicherlich überall in Europa zu den bekanntesten Vertretern der Pilze. Ja ich möchte behaupten, er ist der bekannteste. Man erkennt ihn schon von weitem an seinem schönen roten oder orangegelben Hut, der mit weißen Flocken bedeckt ist. Im Jugendzustand erscheint er zunächst als kleine weißliche Kugel, bald aber breitet sich der Hut aus, die weiße Velumschicht löst sich, in jene dicken flocken auf, die meistens auf der Oberfläche haften bleiben. Der Rand trägt eine zarte Reifung. Die Lammellen bleiben stets weiß, stehen dicht gedrängt und sind nicht am Stiel angewachsen. Der Stiel bleibt weiß und trägt einen sehr langen, lappigen, herabhängenden Ring. Wie alle Pilze der Amanita Gruppe wächst der Fliegenpilz aus einer Gesamthülle, von dieser erkennt man aber nur noch einen Warzengürtel an der Stielknolle. Das Fleisch ist Geruch – und geschmacklos und unter der Huthaut gelblich getont. Verwechslungsmöglichkeit mit dem Königs-Fliegenpilz Amanita regalis, der allerdings vorwiegend im Bayerischen Wald beheimatet ist. Der Fliegenpilz bildet seinen Fruchtkörper von Juli bis Oktober.
Er ist der traditionelle Zauberpilz sibirischer Schamanen. Man findet ihn in fast allen Teilen der Erde. Schon immer eine begehrte Zauberpflanze, von Schamanen, Zauberern und Heilern verehrt, vom gewöhnlichen Menschen als Giftpilz gefürchtet. Getrocknete Fliegenpilzhüte oder in den Presssaft des Weidenröschens eingelegte Stücke werden von den tungusischen Schamanen eingenommen, um in Trance zu verfallen. Die Pilze werden oft als Zwerge personifiziert, die im Besitz der Droge als Allmächtig gelten. Wer kennt nicht das Kinderlied, " ein Männlein steht im Walde ", das eindeutig auf den Fliegenpilz anspielt. Bei den taoistischen Alchymisten dienten Fliegenpilzextrakte als Zutaten zu diversen Unsterblichkeitselixieren. Im Hindukusch hat sich ein altes Ritual erhalten, bei dem Fliegenpilzstücke, mit Bergspringkraut und übersäuerter Ziegenkäselake gekocht werden.

Diesem Sud werden gelegentlich die samentragenden Blütenkelche des Bilsenkrautes beigemengt. Der Fliegenpilz heißt dort Tschaschbaskon das bedeutet " Augenöffner. Der Fliegenpilz wird oft mit den klassischen Zauberpflanzen Haoma und Soma in Verbindjung gebracht. Viele Ethnologen glauben, das rätselhafte Soma, das arische Einwanderer nach Indien mitbrachten, nichts anderes als Amanita muscaria war. Die Hymnen, welche die Priester zu Ehren, des verheerlichten Soma sangen, der die Menschen den Göttern gleichsetzt, sind im Rig – Veda enthalten :

" Der Trank hat mich fortgerissen wie ein stürmischer Wind...

das Denken hat sich mir dargeboten, wie eine Kuh ihrem kleinen Liebling...

Die eine Hälfte des Ich lässt die beiden Welten hinter sich...

Ich habe an Größe diesen Himmel und diese Erde übertroffen...

Ich merke das ich Soma getrunken habe"...

In der vedischen Religion gab es keinen Tempel und pompöse Schauzeremonien. Die Religion manifestierte sich im Menschen als mystische Erfahrung. Dazu wurde der Somatrank eingenommen. Er bewirkte eine ekstatische Verschmelzung mit der Ewigkeit und den Göttern. Er schenkte Visionen von der wirklichen Welt, machte Unsterblich, Unbesiegbar, verhalf zu glückseligen Liebesregungen. Wahrscheinlich war Soma ein Oberbegriff und bezeichnete eine Reihe von Psychoaktiven Pflanzen. Doch dürfte es als sicher gelten das der Fliegenpilz, in Soma enthalten war. Die Hexensalben des Mittelalters sind mit aller Wahrscheinlichkeit ein billiger Verschnitt des vergessenen Trankes des Altertums – SOMA. Die Ägypter nannten ihn Rabenbrot, eine Bezeichnung, die sich auch in Ost – und Mitteleuropa bis heute erhalten hat. Auch die Anhänger des Dionysos verzehrten bei ihren Mysterien den Pilz, der enorme Körperkraft, erotische Potenz, wahrhafte Visionen und prophetische Gaben verlieh. Bei den Germanen war der Pilz Wotan – Odin zugeordnet.

Der Sage nach entstanden Fliegenpilze dort, wo der Schaum aus dem Maul von Odins Pferd auf die Erde tropft. Der Name Rabenbrot deutet in seiner germanischen Wurzel auf die beiden Raben Odins hin. Der deutsche Name Fliegenpilz leitet sich wahrscheinlich von der Fliege als Zaubertier oder der Kraft des Pilzes, den Menschen " fliegen " zu lassen her.

Jacques Brosse schrieb über den Fliegenpilz : " Aber das Geheimnis der Rolle, der Birke, in den Schamanistischen Riten, beruht eher auf ihrer symbiotischen Verbindung mit dem Fliegenpilz, den die Schamanen essen, um den Trancezustand herbeizuführen. Der Fliegenpilz bildet Lebensgemeinschaften mit den Wurzeln bestimmter Bäume, aber am liebsten ist ihm die Birke; an ihrem fuß hat man die meiste Aussicht, ihn zu finden. Am zweithäufigsten wächst er bei der Fichte, die bei den sibirischen Völkern oft als Weltenbaum gilt. Isst man vom Fliegenpilz, so wird man zuerst für eine Weile schläfrig, aber später wird man aufgeregt und angeregt, die großen körperlichen Leistungen zu vollbringen, die so berühmt sind." Die ersten Wirkungen treten ungefähr eine Stunde nach Einnahme auf. Das Gesicht hellt sich auf, der Körper wird von einem leichten Beben durchlaufen, dann gerät er in einen Zustand lärmender Aufgeregtheit, manchmal mit aphrodisischen Nebenwirkungen. Der vom Pilz Berauschte tanzt und lacht dann wiederum zeigen sich jähe Wutanfälle mit Heulen und Schimpfen. Er hat akustische und viduelle Halluzinationen; die Form der Gegenstände ändert sich, ihre Umrisse sind verdoppelt. Dann wird er blaß und völlig bewegungslos, als sei er in tiefsten Erstaunen befngen. Nach ein paar Stunden kommt er zu sich und weiß nichts von dem Anfall, denn er erlebt hat. So berichtet J. M. Pelt in seinem Buch, Drogues et Plantes Maqigues, in Wesreuropa wurde der Fliegenpilz meist für schädlich gehalten.

Bereits im 16. Jahrhundert berichtete der Botaniker Jean Bauhin, er heiße in Deutschland der Pilz der Verrückten. Der Volksglaube bringt ihn oft mit der Kröte, dem Tier der Hexen in Zusammenhang. Er steht wie sie mit düsteren Mächten in Zusammenhang und andererseits mit dem Mond und dem Regen. Im englischen ist einer der populären Namen des Pilzes Toadstool, d.h. Krötenstuhl. Alle diese scheinbar unzusammenhängende Einzelheiten deuten auf einen GEMEINSAMEN Fluchtpunkt hin: den schamanistischen Gebrauch des Fliegenpilzes. Alle modernen Untersuchungen stimmen darüber überein, das Amanita muscaria, im Gegensatz zu Amanita phalloides, dem ABSOLUT tödlichen Knollenblätterpilz, nicht giftig ist, das heißt, nicht tödlich giftig wie sein Verwandter. Auch die populäre Etymologie, wonach man den Namen Fliegenpilz von einer Verwendung als Fliegengift ableiten müsse ist falsch. Wenn man nämlich experimentell prüft, was mit einer Fliege geschieht, die von Milch getrunken hat, in der Fliegenpilze eingeweicht wurden, beobachtet man, das sie nur Scheintod wird. Sie fällt zwar nach kurzen Flugversuchen betäubt nieder, erhebt sich aber nach einiger Zeit gesund wieder. Der Ausdruck bezieht sich also eher auf das fliegen als auf die Fliege.

Für die Orolschen , ein tungusisches Volk, reinkarnierten sich die Seelen der Toden im Mond und kamen so wieder auf die Erde zurück. Über einen in Sibirien sehr verbreiteten Volksglauben berichtet der finnische Historiker Uno Halmberg-Hava in Siberian Mythologie:

Der Geist der Birke ist eine Frau reifen Alters, die manchmal zwischen ihren Wurzeln erscheint, manchmal aus dem Stamm hervortritt, wenn man sie in guter Absicht beschwört. Sie zeigt sich bis zur Mitte mit gelöstem Haar und streckt die Arme aus; ihre Augen blicken den Gläubigen ernst an und sie präsentiert ihm ihre nackte Brust. Wenn er ihre Milch getrunken hat, fühlt der Mensch seine Kräfte verzehntfacht. Wie R. Gordon Wasson, der Kenner der psychedelischen Pilze, bemerkt, handelt es sich fast sicher um den Geist des Fliegenpilzes: Sind diese Brüste etwas anderes als der Busen, Udhan, des Rig-Veda, der milchspendende Hut des Fliegenpilzes. In einer Variante derselben Erzählung gibt der Baum, einen himmlichen, gelben Saft ab. Handelt es sich nicht um das gelbrote Paraamana des Rig-Veda ? Wasson der lange Zeit die Wirkungen der verschiedenen psychedelischen Pilze, in der ganzen Welt erforscht hat, ist heute überzeugt, die bisher so geheimnisvolle Pflanze gefunden zu haben, aus der man den Somatrank gewann. Wie schon Anfangs bemerkt, von den Ariern als Gottheit verehrt und in hundertundzwanzig Gesängen des Rig-Veda gefeiert, ist der Soma der König der Pflanzen, der König und Lenker, der Wasser – aber auch ihre Urquelle –manchmal auch der König der Götter und der Sterblichen, oder alles dessen, was die Sonne sieht, der König der Welt. Sein saft ist der Regen, der die Pflanzen wachsen lässt, und deren Saft selbst, das Lebenselixier, das Vorbild und die Essenz, jeder lebensspendenden Flüssigkeit, das nährende Prinzip der Speisen und Getränke, als auch die Milch der Kuh und der Samen des Hengstes in seiner männlichen Kraft. Diese Erwähnung des Pferdes ist hervorzuheben. Das Agnistoma, die Opferung des Soma, der vor der Darbietung rituell ausgepresst wurde, sollte die Götter erfrischen, besonders Indra, den Gott des Blitzes und der Krieger, der ihn bis zum Missbrauch liebte, aber er war auch eine magische Zeremonie von großer Wichtigkeit: Der Soma, perlend und fließend, lässt den Himmel weinen. Der Soma wurde also in Verbindjung mit Blitz und Regen, zusammen mit Agni gefeiert, wie der Name dieses Rituals besagt. Mit Agni, dem vom Himmel herabgestiegenen Gott des Feuers, bildete der Soma eine Polaritätsbeziehung, ein Paar. Im übrigen wurde der Soma mit dem Mond als dem Aufentshaltsort der Toden identifiziert. Anders gesagt, der Gott Soma besaß viele auch für den Weltenbaum und besonders für den Baum des Schamanen, die Birke, charakteristische Züge. Die Beschreibung die in den alten Sanskrittexten über die Pflanze gegeben wird passt besonders gut zum Fliegenpilz. Im Rig-Veda wird er mit einer weiblichen Brust verglichen, die mit Tropfen ihrer göttlichen Milch besprengt ist, was an die weißen Schuppenreste der Haut erinnert, die den Hut zieren. Nun konzentriert sich, das Muscarin, die Substanz, die für die Verwirrungen verantwortlich ist, die sich nach dem Verzehr des Pilzes zeigen, vor allem in der haut des Hutes. Die Hymnen vergleichen die rote glänzende Haut der Pflanze mit der Haut des roten Stieres, auf die der Soma in der ersten Phase des Opferrituals gelegt wurde. Die Hymnen sagen ferner, der Soma leuchtete Tagsüber und sei in der Nacht von silbernen Weiß. Am Tag zeigt der Fliegenpilz das märchenhafte Schauspiel seiner Farben, und in der Nacht verblassen letztere und nur, die Fragmente der weißen Hülle, sind im Mondlicht sichtbar, wie übrigens auch die Rinde, der Birke. Schließlich hat der Fliegenpilz eine ganz besondere, in der Pflanzenwelt vielleicht einzigartige Eigenschaft, die auf merkwürdige Weise diese Identifikation bestätigen könnte. Das aktive psychedelische Prinzip, das Muscarin, geht sehr rasch in den Urin über, dessen, der es zu sich nimmt. Die Völker des nordöstlichen Sibiriens kennen diese Besonderheit so gut, dass sie sich, vielleicht dem Beispiel der Rentiere folgend, die Urin und Fliegenpilz mögen, angewöhnt hatten, den Urin der Fliegenpilzesser zu trinken und die Wirkung hielt bis in die vierte oder gar fünfte Generation der Trinker an. Nun wird aber im Rig – Veda mehrmals gesagt, das die Götter vor allem Indra, reichlich Soma urinieren. Möglicherweise ist es also der Somahaltige Urin der Götter, von dem man glaubte, das die vedischen ihn tranken. In seinem Buch " Die weiße Göttin " schreibt Robert von Ranke-Graves : Das wichtigste mänadische Rauschmittel war wohl Amanita muscaria, der weißgefleckte Fliegenpilz, der allein die nötige Zauberkraft verleiht. Hier werden wir an Phoroneus, den Frühlingsdionysos

und Erfinder des Feuers erinnert. Er erbaute die Stadt Argos, deren Emblem laut Apollodor eine Kröte war; und Mykene, die Hauptfestung von Argolis, trug nach Pausanias diesen Namen, weil Perseus, der sich zum Dinonysus-Kult bekehrt hatte, auf ihrem grund einen Fliegenpilz gefunden hatte. Dionysos hatte zwei Feste – im Frühling das Anthesterion, das Blumensprießen – und das herbstliche Mysterion, das vermutlich soviel heißt wie Sprießen der Fliegenpilze; Mykosterion war als Ambrosia, Speise der Götter bekannt. War Phroneus auch der Endecker eines dem Fliegenpilz innewohnenden göttlichen Feuers und mithin sowohl Phryneas ( Krötenwesen ) als auch Fearinus, d. h. Frühlingswesen. Amanita muscaria, wenngleich kein Baum, wächst doch unter einem Baum; nördlich von Theakien und in den keltischen Ländern bis zum Polarkreis stets unter einer Birke. Südlich von Griechenland und Palästina, aber bis zum Äquator, unter einer Tanne oder Fichte. Im Norden ist Amanita scharlachrot, im Süden eher fuchsrot...

hukwa

Winterstimmung im Trippstadter Wald



Freitag, 9. Dezember 2011

Abend am Köppchen

Mehr Geist als Baum
ganz Heidenbaum
stehst Du in einsamer Landschaft
Flimmerndes Winterrot
gestreut ins Land
dazwischen einst
grün braun und gelb
schon lange ists im
Laub verwelkt
Steinernes Tor
spricht leis zu mir
Tritt ein
dahinter
dusterer Kiefernhain
Dämmerlicht bricht durch Geäst
die Erlenbüsche silbern und grau
Verwachsene Eiche
umspült von uraltem Traum
Ich bin allein im
Weiten Raum.
hukwa

Donnerstag, 8. Dezember 2011

Der alte Waldgeist am Trippstadter Kussweg

Dies ist einer jener Bäume, zu dem ich eine besonders enge Beziehung habe.
hukwa

Der Trost des Waldes - Gedanken eines Waldgängers

Wer in den Wäldern lebt sieht den Wald anders als jemand der in der Großstadt lebt. Es gibt ihn den Unterschied zwischen dem Stadtmenschen und dem Naturmenschen und so gibt es auch verschiedene Weisen die Natur zu sehen und zu erfassen.

Der Mensch der die Natur liebt dem wird sie zu einem letzten Reservat eines romantischen Gefühls. Ihm öffnen die Wälder nicht nur die Sinne, sie schenken seinem Leben auch Sinn. Vor allem jetzt, in der dunklen Jahreszeit hat der Wald dem Wanderer besonderes zu bieten. Er fordert seinen Geist und seine Phantasie heraus. Dass raues Wetter das Denken fördert, ist in der Philosophie allgemein bekannt . Wenn Regen und Schnee die äußere Sicht einschränken, wendet der Blick sich nach innen.

In den Wäldern können wir eine Freiheit spüren, die es uns erlaubt, mit dem Wesentlichen des Lebens in Kontakt zu treten. Es ist die Stille des Winterwaldes, die uns eine bisher nicht gekannte, schweigende Aufmerksamkeit schenkt. Viel intensiver spüren wir nun die Beziehungen zum Wechsel der Jahreszeiten. Fern dem unbarmherzig ewig geräuschvoll laufenden Motor der Großstadt finden wir im winterlichen Wald nun eine ganz andere psychologische Dimension der inneren Einkehr und Ruhe vor. In einer Zeit der entfesselten Märkte, der ökonomischen Unsicherheiten wird uns der Wald zu einer Insel der Ruhe und Erholung.

Der Wald mit seinen großartigen Naturerscheinungen hat für alle nur möglichen Fragen eine Antwort parat. Wenn wir in die Tiefen der Wälder eindringen, wen überkommt da nicht Respekt, wenn er unter alten Baumriesen wandert die hier und da noch zu finden sind. Und so kann es passieren, dass wir uns plötzlich in einer romantischen Welt wiederfinden, dass wir im Wald einen friedvoll in sich ruhenden Erdentag genießen und ihn als eine mütterliche Hülle des Lebens erahnen, als Spiegelung unserer eigenen Empfindungen und Gefühle, als unberührte Natur, die uns den ewigen Rhythmus des „Werden und Vergehen“ erzählt.

hukwa

Wandern als inneres Erlebnis

Wer sich zu einer Wanderung aufmacht, sollte dies bewusst tun. Wandern bedeutet sich bewegen, sich bewusst bewegen. Wenn wir spazieren gehen, laufen wir oftmals einfach los. Wenn wir zu einer Wanderung aufbrechen, haben wir in der Regel ein Ziel vor Augen: Eine Burg, ein Baum, ein Ort, eine Quelle oder sonst eine Sehenswürdigkeit. Doch wenn wir uns Wochen später an unsere Wanderung zurückerinnern, fällt uns auf, dass in der Erinnerung vor allem jene Dinge und Erlebnisse zurückgeblieben sind, die wir auf unserem Wanderweg gesehen oder erlebt haben. Denn: Der Weg ist das Ziel! Dies ist eine Weisheit, die jeder erfahrene Wanderer schon einmal gemacht hat. Wandern hat viel mit „er - fahren“ zu tun. Das alte Wort fahren umfasst jede Art von Fortbewegung., wie z.B. das Wort Pilgerfahrt, Zugfahrt oder Autofahrt uns zeigt. Erfahren kommt von ervan und heißt ursprünglich nichts anderes als „reisend erkunden“. Wenn wir also etwas erfahren wollen, müssen wir uns auf den Weg machen. Meditatives Wandern hat eine Ähnlichkeit mit Pilgern. Auch jene, die sich auf eine Pilgerreise begeben, lassen für einige Zeit ihr Alltagsbewusstsein hinter sich und machen ihren Geist offen für neue Erfahrungen.

Beim meditativen Wandern sind wir mit unserem ganzen Bewusstein unterwegs. Das bedeutet, dass wir uns nicht nur im geographischen Sinn auf den Weg machen, sondern auch geistig. Wandern ist eben etwas Ganzheitliches. In den gesammelten Werken Christian Morgensterns findet sich folgende Tagebuchnotiz: „Ich bin wie eine Brieftaube, die man vom Urquell der Dinge in ein fernes, fremdes Land getragen hat und dort freigelassen hat. Sie trachtet ihr ganzes Leben nach der einstigen Heimat, ruhelos durchmisst sie das Land nach allen Seiten. Und oft fällt sie zu Boden in ihrer großen Müdigkeit und man kommt, hebt sie auf und pflegt sie und will sie ans Haus gewöhnen. Aber sobald sie die Flügel nur wieder fühlt, fliegt sie von neuem fort, auf die einzige Fahrt, die ihrer Sehnsucht genügt, die unvermeidliche Suche nach dem Ort ihres Ursprungs“.

Meditatives Wandern hat natürlich etwas mit Meditation zu tun und Meditation ist nicht unbedingt ein in sich versinken, sondern letztendlich handelt es sich bei dieser Meditationsform um einen Reifeprozess der Person, die unterwegs ist und der durch dieses unterwegs sein oder „er – fahren“ in Gang gesetzt wird. Was tun wir am liebsten bei einer Wanderung durch den Wald? Nun, ich denke Nachsinnen, wir sinnen über uns selbst nach, bis wir den Sinn finden denn wir suchen. So wird eine Wanderung die wir unternehmen oftmals ganz schnell zu einer Art Lebensweg über den wir nachdenken. Denn wenn wir Wandern tragen wir ja unsere freud - und leidvolle Erfahrungen mit uns herum und das macht uns zu Erfahrenen, dies ist Teil des Reifungsprozesses einer Wanderung.

Wandern und Pilgern sind keine zwei verschiedene Paare von Wanderschuhen, jedenfalls nicht beim meditativen Wandern. Denn bei dieser Art des Wanderns nähern wir uns wieder jenem „Urquell der Dinge“, oder versuchen es wenigstens, die Christian Morgenstern in seiner Tagebuchnotiz beschrieb. So kann meditatives Wandern zu einer „Quest“, einer Sinnsuche werden. Wenn wir uns zu einer Wanderung aufmachen, sollten wir die Banalitäten des Alltags hinter uns lassen, denn wir wollen vom Alltagseinerlei in den All – Tag hineinwandern. Wir sollten während unserer Wanderung ein allumfassendes Bewusstsein mit uns führen. Wir wollen die Wunder der Natur sehen und spüren, wollen im Schöpfungsalphabet von Mutter Natur lesen und den „Zuspruch“ der Wald- und Wiesenwege in uns einfließen lassen.

Als Menschen brauchen wir den „Zuspruch“ und diesen finden wir am schnellsten in einem meditativen Lebenswandel, denn: „Meditation ist das Menschlichste vom Menschlichen“ (Tillmann). „Durch Meditation findet man zu sich selbst, zu seinem eigenen Wesen kommt „die menschliche Person erst ganz in ihre eigene Verfügung und Freiheit. Ohne sie fällt der Mensch auseinander. Es geht also, schlicht gesagt, um Übung im Menschsein“ (Johannes F. Boeckel).

Während des meditativen Wanderns kehren wir zu unserem inneren Selbst zurück. So wird wandern zu einem Stückchen Therapie und Selbsterfahrung. In der freien Natur begegnet uns immer wieder Neues, jede Wanderung ist eine Erfahrung und es kann ja nur vernünftig sein, den eigenen Hintergrund zu erweitern und somit für neue Erfahrungen empfänglicher zu werden. Denn beim wandern finden wir viel zeit für uns selbst und dies sollten wir als ein recht bedeutendes persönliches Kapital ansehen. Denn was unser heutiges Dasein besonders hemmt und verwickelt macht, ist die Vorstellung der Zweckbestimmtheit, die inzwischen ja schon fast jeden Vorgang des menschlichen Lebens beherrscht. Diese Vorstellung ist ja insofern in Ordnung,, soweit sie unsere wirtschaftliche und verstandesmäßige Existenz betrifft. Beim meditativen Wandern allerdings tritt man in eine Bewusstseinssphäre ein, die eben nicht Zweckbestimmt ist. Wir fühlen uns bei dieser Art des Wanderns der Natur und ihren Schöpfungen sehr nahe. Denn durch meditatives Wandern gewinnen wir neue Erfahrungen und erweitern somit auch unser Bewusstsein. Die Natur ist ein Ort der Besinnung des Entzückens. Durchdrungen von ihr kann der Mensch seine Allverbundenheit mit dem Kosmos erfahren, Natur soll uns eine Sache der Andacht sein und nicht der Ausbeutung.

Gerade im Pfälzerwald denn ich ja täglich erwandere findet man immer wieder Gegenden und Plätze in der Landschaft, die den Wanderer plötzlich und ohne Ankündigung überraschen. Nach einer langen Wanderung stehen wir plötzlich in einem Eichenhain und das Rauschen der Bäume erscheint uns wie eine Stimme, die zu dieser Landschaft gehört. Oder wir sind gerade aus dem Wald herausgetreten, und vor uns öffnet sich ein sonnenüberflutetes Tal mit leuchtenden Wiesen, blühenden Blumen und ein romantischer Bachlauf lädt uns zum Verweilen ein. Aus dem Dickicht vom Wiesenrand her dringt das zarte und süße Zwitschern von Vögeln und hoch am Himmel zieht der Bussard seine einsamen Kreise. Meistens sind es solche Erlebnisse, die uns die Seele einer Landschaft nahe bringen.

Dann ist am gezwungen stehen zu bleiben, seinen Sinnen freien Lauf zu lassen, seine Gedanken zu unterbrechen und sich ganz der Wahrnehmung dieser betörenden Waldlandschaft hinzugeben. Die Wahrnehmung von unberührter Natur und Stille fördert natürlich die meditative Übung ganz besonders. Solche Momente können wir nicht oft genug erleben, es sind eben diese Momente wo Mutter Natur zur Therapeutin wird. Es sind jene Augenblicke, in denen man sich der Präsenz der Landschaft öffnet, ihrem Genius Loci. Jeder Naturraum besitzt seinen eigenen Zauber und die Gemeinschaften von Wildpflanzen, Bäumen und Tieren haben ihre eigene Art der Imagination, die, während wir sie durchwandern, in uns zu wirken beginnt. In dem die äußere Natur auf uns einwirkt, fühlen wir mit einem Mal, dass wir unsere eigene innere Natur besser verstehen lernen. Wir treten in einen lebendigen Austausch mit der uns umgebenden Waldlandschaft und jene, die sie bewusst wahrnehmen, öffnen sich der Seele dieser Landschaft.

hukwa