Pflanzen in Brauchtum und Aberglaube und ihre verborgenen
volkskundliche
Überlieferungen.
Aberglaube und Bräuche im Zusammenhang mit Pflanzen bieten
eine besonders reiche Fundgrube an Beispielen für die Verflechtungen
christlicher Lehren mit Elementen des Volksglaubens, von denen einige sich
eindeutig als vorchristlichen Ursprungs identifizieren lassen.
Vor allem in den Riten der Sommer- und Wintersonnenwende
begegnen wir immer wieder Zeremonien in deren Mittelpunkt Pflanzen stehen.
In den dunkelsten Zeiten des Jahres, in den Tagen vor und
nach Weihnachten, traten in früheren Zeiten die Pflanzen in ein besonderes
inniges Verhältnis zu den Menschen die in ländlichen Regionen wohnten. Um das
Weihnachtsfest legte sich ein Kranz volkstümlichen Brauchtums. Nach der
Christianisierung der Germanen sind in die Feiern der Weihnachtstage mit der
Zeit auch Bräuche aus dem heidnischen Fest der Wintersonnenwende eingeflossen.
Sie nahmen christlichen Inhalt an.
Das Wissen um die geheimnisvollen Naturkräfte zur Zeit der
Wintersonnenwende lebt zum Teil auch heute noch in den Menschen die in
ländlichen Regionen zu Hause sind gefühlsmäßig weiter.
Das Landwirtschaftliche Jahr beginnt nicht wie das astronomische
mit dem 1. Januar, sondern mit dem Kirchenjahr also mit der Adventszeit. Zwar
ist um diese Zeit die Pflanzenwelt noch erstarrt, doch die Menschen früherer
Zeiten, spürten damals wohl noch intensiver als wir heutige dass das Licht nun
die Dunkelheit bald besiegt hat. Die Natur selbst mit ihrem Jahresablauf gab zu
diesem Gedanken Anstoß. Die Tage waren in dieser Zeit immer kürzer geworden,
die Nacht hatte schon fast die Vorherrschaft gewonnen. Aber am 21.Dezember, dem
Wendekreis des Krebses, hat es dann das Licht endlich geschafft die Dunkelheit
zu besiegen. Langsam werden die Tage wieder länger. Schon seit frühester Zeit
haben die Menschen in dem Monat, in dem wir heute unser Weihnachtsfest feiern,
den Sieg des Lichtes über die dunklen Mächte mit Freude und meditativer
Besinnung gefeiert.
In diese Zeit fällt auch der Brauchtum der
Barbarazweige.
Am Tag der heiligen Barbara, am 4. Dezember, schneidet man
auch heute noch Zweige von Obstbäumen und Sträuchern um sie in eine mit Wasser
gefüllte Vase zu stellen. Wenn diese dann um die Weihnachtstage aufblühen sah
man darin ein Zeichen das dem Haus oder Hof Glück, Wohlstand und Gesundheit
bescheren sollte. Noch bis vor etwa hundert Jahren war dieser Brauch besonders
bei heiratsfähigen Mädchen sehr beliebt. In aller Heimlichkeit schnitten sie
sich drei Barbarazweige, stellten sie in einen mit Wasser gefüllten Krug und
gab
En jedem Zweig einen bestimmten Wunsch mit auf den Weg, oder
gaben ihm den Namen ihres Liebsten oder der Person die sie gerne heiraten
würden. Blühten sie zum Weihnachtsfest auf, so dachten sie gingen ihre Wünsche
in Erfüllung. Nach Weihnachten nutzte man diese Zweige als „Lebensruten“,
Menschen die damit „gepeitscht“ wurden, schenkten sie frische Kraft für das
kommende Jahr.
Die Zweige des immergrünen Wachholders verwendete man in den
Dörfern des Westrichs als „Lebensruten“. Sie zeigten auch in der Winterzeit
allen sichtbar die unbesiegbare, nicht völlig ruhende Vegetationskraft. Nach
den Weihnachtsfeiertagen wurden mit Wachholderzweigen , die Kühe in den Ställen
leicht geschlagen, damit sie auch im kommenden Jahr wieder Milch geben.
Der Wachholder dem man auch die Namen Quickholder,
Queckholder, Weckholder, Wacholder gab galt im Volksglauben als ein Wach –
halter, ein Lebendig – macher, der die Sterbenden am Leben erhalten kann. Zu
Zeiten der großen Pestepidemien im Mittelalter glaubte man durch
Wachholderzweigen könnte man sich vor Ansteckung schützen.
In vielen Dörfern brannte man damals Notfeuer die mit
Wachholderholz geschürt wurden. Heute wissen wir das dieser Baum eine stark
desinfizierende Wirkung hat, und das der Brauch also gar nicht so unnütz war.
Die Vögel sollen die Heilwirkung des Wachholders einst von
den Dächern gepfiffen haben: Eßt Kranewitt (Wachholder) und Bibernell, dann
sterbts nit so schnell.“ Kranewitt wurde der Wachholder nach dem Volksnamen der
Wachholderdrossel genannt, die vorwiegend von den Früchten des Strauchs lebte.
Auch zu St. Martin gab es einen Wachholderbrauch. In manchen
Orten war die Matinsgerte, ebenfalls eine „Lebensrute“ oft aus
Wachholderzweigen gebunden. Am St. Martinstag zog der Dorfhirte mit der
Martinsgerte von Haus zu Haus und steckte einen Zweig davon an die Stalltür.
Dieser Zweig sollte das Vieh vor Krankheit schützen und auch Fruchtbarkeit
erwirken. Die bösen Geister, die das Vieh verhexen könnten, sollten vor dem
Wachholderzweig Reißaus nehmen. Während der Hirte den Uzweig aufsteckte sprach
er dazu: „Kimmt der Martini mit
seiner Gert;
Glück
ins Haus, Unglück raus!
So viel Krametsbia (Wachholderbeeren)
soviel Kälberküh!
Nehmt
die Martinigert und steckts ober d Tür.“
Auch als Gegenzauber wurde der Wachholder verwendet. Gegen
das Verhexen der Milch, rührte man diese einmal mit einem Wachholderstöckchen
um, und in die Weinfässer legte man ebenfalls gerne ein Stück Wachholderholz
damit der Wein nicht durch die Sprüche eines Neiders schlecht werde.
Vor noch gar nicht allzu langer Zeit konnte man besonders in
der Nordpfalz noch sehen, dass Obstbäume in der Christnacht oder an Silvester
mit einem Strohseil umwickelt wurden: Ein sehr alter und früher häufig geübter
„Fruchtbarkeitszauber“ unserer Vorfahren. Man hoffte dadurch im kommenden Jahr
auf eine besonders reiche Obsternte. Das Gegenteil wurde erreicht wer es wagte
in der Christnacht Brot zu backen: denn die Obstbäume in der Gegend, durch die
der Rauch zog, würden dann im kommenden Jahr keine Frucht tragen.
Noch im vergangenen Jahrhundert gab es im ländlichen Raum
keinen Hausgarten in dem nicht die Christrose (schwarze Nieswurz) angepflanzt
war. Blühte sie in der Christnacht, konnte man mit einem reichen Obst- und
Getreidejahr rechnen. In der Vorderpfalz sah man darin das Zeichen für ein
besonders gutes Weinjahr.
Jedes Jahr musste der Ackerboden bevor man mit dem Pflücken
beginnen konnte „“gereinigt“ werden. In verschiedenen ländlichen Gegenden
wurden am Neujahrsmorgen vor Tagesanbruch eine aus Weißdornzweigen
zusammengerollte Kugel auf dem Acker verbrannt., damit sollten böse Geister
vertrieben und ein Befall des Getreides mit Brandpilz verhindert werden. Diese
Kugel war jeweils ein Jahr zuvor am Neujahrstag gesteckt worden und hatte das
Jahr über als Glücksbringer im Haus gehangen. Dies ist ein typisches Beispiel
dafür, wie im Brauchtum versucht wurde, eine ungebrochene Folge fruchtbarer
Jahre zu symbolisieren und sicherzustellen; es gibt unzählige Bräuche, in denen
ein Gegenstand auf rituelle Weise präpariert und gesegnet ein Jahr lang zur
Schau gestellt um dann schließlich ebenfalls auf ritualisierte Weise vernichtet
wird, um sogleich von einem anderen gleichartigen ersetzt zu werden. Was das
Verbrennen betrifft, so steckt dahinter natürlich der uralte und weltweite
Glaube an die Fähigkeit des Feuers, böse übernatürliche Kräfte zu vertreiben, aber
daneben kam darin auch eine- von der modernen Wissenschaft nicht geteilte-
Auffassung zum Ausdruck, Krankheiten resultierten aus „schlechter Luft“, und
Feuer und Rauch (Ausräucherung), könnten hier vorbeugen.
Das Pflücken selbst begann mit einem Zeremoniell , meist
unmittelbar nach dem Dreikönigstag. In der Zeit zwischen Weihnachten und diesem
Tag pflegte man die Pferde ruhen zu lassen und besonders gut zu füttern; in
manchen europäischen Ländern wurde ihnen am Stephanstag, dem 26. Dezember, Blut
abgezapft, wohl gemäß der mittelalterlichen Auffassung dies stärke den
Organismus.
Auch die Mistel ist eine Pflanze die eine geheimnisvolle
Aura umgibt. Schon bei den Feiern der altgermanischen Wintersonnenwende,
spielten Misteln eine wichtige Rolle. Und noch heute brennt während der
Weihnachtsfeiertage in ganz Skandinavien der hölzerne Julbock, dessen
ausgekohlte Reste früher zum Schutz für das Haus aufbewahrt wurden. Das Holz
stammt von einem Baum, in dessen Zweigen die Mistel wächst. In der englischen
Grafschaft
Staffordshire würde man kleinen Bissen vom Weihnachtspudding
genießen, wenn die darunter brennende Flamme nicht von Mistelzweigen genährt
würde. Nach einer Legende soll die Mistel einst ein Baum des Waldes gewesen
sein, der das Holz für das Kreuz Christi geliefert hatte. Es heißt, dass der
Baum vor Schmach, auf seine jetzige Größe zusammengeschrumpft, sonst aber zum
Wohltäter verwandelt worden sei, der auf alle Vorrübergehende Güte und Reinheit
ausschüttet. Über kaum eine Pflanze gibt es eine solch ausgedehnte Mythologie
wie über die Mistel. Den Germanen und Kelten galt die Mistel als zauberkräftig
und war neben dem Eisenkraut, die wichtigste Zauberpflanze. Sie war die
geheimnisvolle Zauberpflanze der keltischen Druiden. Als Amulett getragen
bringt sie Glück, man verwendet sie als Heirats- und Liebessegen. Die
immergrüne Pflanze gilt als Symbolpflanze der Wintersonnenwende überhaupt. Ihr
Brauchtum zur Wintersonnenwende und Weihnachten hat bis in unsere Tage
überlebt.
Die wohl bekannteste Sage die sich um die Mistel rankt ist
die von Baldur einem nordischen Vegetationsgott. Dieser träumte Nacht für Nacht
er würde einmal ermordet werden. Seine Mutter Freya, nahm das für ein böses
Vorzeichen. Sie suchte die gesamte Beseelte und unbeseelte Natur auf. Steine und
Metalle, Wasser und Feuer, Tiere und Pflanzen und ließ sich von allen
Versprechen, dass sie Baldur nichts antun würden. Den Mistelzweig ließ sie aus.
Als der eifersüchtige Gott Loki davon erfuhr, gab er Baldurs blindem Bruder
Hödur einen Pfeil aus Mistelholz, der Baldur traf und tötete. Die Sage stellt eine Allegorie zwischen
Winter und Sommer dar, zwischen sterbender und auferstehender Vegetation.
Heute ist die heidnische
Mistel ein beliebtes Symbol das man sich zur Weihnachtszeit über die Tür
hängt.
Die Vermischung christlicher Lehren mit Elementen eines aus
vorchristlicher Phase oder einer nichtchristlichen Kultur stammenden
Aberglauben war im Grunde unvermeidlich, und schon die Missionare selbst
begannen damit: Statt die althergebrachten Bräuche ganz zu zerstören,
versuchten sie in der Regel eher, sie in das Christentum zu integrieren, in dem
sie ihnen eine für die Kirche akzeptablere Bedeutung gaben. Geschichten die man
sich über alte heidnische Götter oder Volkshelden erzählte, wurden nun mit christlichen
Heiligen in Verbindung gebracht; geheiligte Stätten (Bäume, Quellen, Höhlen
usw.) erhielten eine christliche Interpretation; und Dinge, die bei kultischen
Zeremoniellen verschiedenster Art eine Rolle spielten, vom Mistelzweig bis zu
den „Lebensruten“, vom Lebkuchen – Lebe – Kuchen bis zum Christstollen und
Freudenfeuer wurden unter christlichen Vorzeichen neu legitimiert.
Weihnachten war in alter Zeit ein Fest des Glaubens als auch
des Aberglaubens.
Eine himmlische Gestalt, die im tiefsten Winter zur Erde
kommt und den Menschenkindern Geschenke bringt, findet sich in mehreren
nichtchristlichen Mythen. Im christlichen Glauben erscheint diese Figur als
Nikolaus, als Christkind.
In den Rauhnächten kehrte Allvater Wotan zur Erde zurück.
Zwölf Nächte lang reitet er nun mit seinem Pferd durch die Lüfte. Er beschützt
jedes Haus das ihm und seinem Pferd Nahrung bot. Auch in den Rauhnächten
brachte die ländliche Bevölkerung dem „alten Gott“ Opfer.
Schon immer war Weihnachten nicht nur ein Fest des Glaubens
sondern auch des Aberglaubens.
Lit. Hinweise.
James George Frazer: Der Goldene Zweig
Susanne Fischer: Blätter von Bäumen; Irisiana Verlag.
Jacqueline Simpson:
Volkstümliche Erzählungen und Bräuche: Büchergilde Gutenberg.
Alfred Kloos: Pflanzen in Brauchtum und Aberglaube:
Heimatkalender des Landkreises KL.
Hans Wagner: Die Mistel. Zeitschrift Runenstein
Hans Wagner: Die Mistel eine alte Zauberpflanze;
Zeitschrift: Der Lebensbaum
Hans Wagner: Die Mistel: Hans Wagners Naturseite –
heimatpfalz. de
hukwa