Als hätten Blumen bekränzte Feen ihr
geheimes Reich geöffnet so durchzieht der süß-schwere Maiduft den
alten Garten. Der Welt entrückt, verborgen hinter den
Blütenschleiern des weißen Hartriegels und des überschäumenden
und verführerischen Perlmuttsstrauchs existiert hier eine eigene
Welt. Der Märchenwelt scheint er entstiegen zu sein oder der Traum
Dornröschens hat ihn hierher verbannt. Ein wunderschöner kleiner
Teich ladet nicht nur Libellen und Schwebfliegen zum Verweilen ein
sondern auch Nymphen und Elfen. In diesem kleinen Paradies scheinen
auch Gnome und Kobolde gern gesehene Gäste zu sein. Bizarre Wurzeln,
Äste, Findlinge und bemooste Steine am Teich bilden einen
wundervollen Kontrast zu den filigranen Strukturen der Pflanzen und
über allem regiert der süßliche Duft des Mai.
Eine grüne Pflanzenmagie umrahmt vom
märchenhaften Zauber des wildwuchernden Efeus lässt hier alles
etwas jenseitig erscheinen. Als wäre der alte Garten Teil der
Anderswelt. Wahrscheinlich ist er aber eine Zwischenwelt, eine Welt
zwischen Jenseits und Diesseits, zwischen realer Welt und Anderswelt.
Wer hier wandelt fühlt sich ins Reich
der Romantik versetzt und beginnt alsbald mit der Suche nach der
blauen Blume die man hier vermutet. Jene Blume die der Wirklichkeit
das voraus hatte, dass sowenig wie sie gefunden werden kann, wird sie
auch niemals verloren gehen. Wenn sie auch nirgendwo wächst, dann
lebt sie doch auf ewig. Denn sie ist das Urbild des grenzenlosen
Geistes. Doch hier, in diesem alten verträumten Garten, könnte sie
tatsächlich wachsen. Es liegt ein unbeschwerter und geheimnisvoller
Zauber über diesem alten Garten, der jenen die ihn betreten wie ein
Gruß aus einem anderen Zeitalter empfängt.
Man spürt deutlich die Kraft die hier
wirkt, eine Kraft von der alle hier wachsende Wesen erfüllt sind und
die beim Betreten dieses Idylls auf einem überzugehen scheint. Die
uns berührt wie ein Zauber als würde uns für einen Moment die
Göttin Aurora persönlich berühren.
Es heißt das Urbild aller Gärten sei
der Paradiesgarten und dieser hier schien nach seinem Ebenbild
geschaffen zu sein. Der Glückliche nimmt hier, wenn auch nur leicht
und verschwommen, jene Wesen wahr, die ansonsten nur in seiner
Einbildung, in seiner Imago, existieren. Er weiß sie sind vorhanden,
aber eben nicht von dieser Welt, doch die Welt des alten Gartens ist
nun einmal eine Zwischenwelt, wer sie betritt sollte sich darauf
gefasst machen, dass die unsichtbaren Geister die ihn begleiten sich
für einige Zeit verkörpern und er somit das erste Mal die wirkliche
Realität schaut und nicht nur einen Teilaspekt von ihr. Denn hier
ist alles verwunschen.
Durch eine Sandsteinmauer schirmt sich
der Garten von der profanen Welt ab. Keine Schmutzwässer sickern ein
in dieses Paradies und seine unsichtbaren Bewohner haben hier ein
Refugium gefunden. Wer von außen an der hohen Steinmauer vorbei
läuft ahnt nicht das sich hier ein letztes Kleinod verbirgt.
Nur jenen die noch beseelt sind vom
alten Glauben öffnen sich seine Pforten und er bekommt ein Einblick
in die Geheimnisse einer Welt von der wir denken dass sie nie
existiert hat.
Schon lange haben sich die Geister aus
der Welt der Menschen zurückgezogen, nur noch wenige Plätze
existieren, wo sie sich in dieser Welt behaupten können, der alte
Garten ist solch einer.
Sie die nur noch in den Träumen von
Dichtern existieren haben hier eine letzte Zufluchtsstätte gefunden.
Und wer für einige zeit hier verweilen darf dem passiert es
vielleicht, das sich das Tor zur Anderswelt öffnet und er einen
Blick in sie werfen kann um geläutert aus dem alten Garten heim
kehren zu können in die wahre Heimat die wir lange schon verlassen
haben.
Der alte Garten liegt am ende der
Stadt, gleich dort wo der Wald beginnt. Wie oft habe ich als Kind
hier auf der vermoosten Steinbank gesessen und dem zarten
Flügelschlag der Elfen geschaut und das fröhliche Gelächter der
Gnomen in mich aufgenommen. An Abenden wenn vom nahen Wald die weißen
Nebelschwaden aufstiegen und sich manchmal über den Garten legten
und ihn noch mehr verzauberten als er es ohnehin schon war. Nie hätte
ich sein Geheimnis verraten und behielt es bis Heute für mich. Jetzt
kann ich darüber schreiben denn niemand außer mir weiß wo der
Garten ist.
Und so soll es auch bleiben, doch
glaubt mir irgendwann wird es wieder mehr solcher Paradiese geben.
Das Heer der Geister wird zurückkehren um denen die reinen Herzens
sind die Tore ihrer Reiche zu öffnen.
hukwa