Ich stehe unter den Fichten im alten
Haderwald. Das letzte Novemberlaub fällt. Große Stille ist über
den Wald gekommen. Sanft bläst der Novemberwind, wirbelt manchmal
ein Laubblatt durch die Lüfte. Es ist später Nachmittag, Nebel ist
aufgezogen. Der Abend naht also mache ich mich auf zur Heimkehr. Wie
verzaubert laufe ich durch den Nebelwald. Nach einer halben Stunde
erreiche ich die Landstraße, als ich sie überquere und in den
kleinen Waldpfad einbiege, der hoch zum Dorf führt, fällt die
Dunkelheit über die Landschaft. Die Pfützen auf dem schmalen Weg
und die Äste der alten Weiden die hier stehen leuchten geisterhaft
auf wenn der Wind die Wolken am fahlen Mond vorbeitreibt. Ein feiner
eisiger Regen setzt plötzlich ein. In der nähe des alten
Ziegelbrunnens halte ich kurz an, Nebel, Wolken und Mond geben dem
Wald eine geheimnisvolle Atmosphäre. Ein Waldkauz fliegt an mir
vorbei, die Wolken öffnen sich und Mondlicht fällt auf die
Landschaft. Jetzt kann ich erkennen wie er sich wenige Meter von mir
entfernt auf einem Baumstrunk niederlässt. Dreimal höre ich seinen
Ruf dann fliegt er auf und verschwindet im Wald.
Vorbei an „den zwei Steinen“, so
heißt die Feldflur hier, trete ich nun durch das kleine Tor in den
Schlosspark ein. Ich verweile für einen Moment unter den mächtigen
Eichbäumen die hier stehen und schaue hoch zum Schloss, das vom
Mondlicht leicht beleuchtet wird. Wie in einen mystischen Glanz
getaucht erscheint es mir heute. Wie verwandelt kommt es mir in der
Novemberdunkelheit vor. Mit einem mal spüre ich etwas das sich nur
fühlen lässt und man nicht beschreiben kann. Plötzlich, einem
Spuke gleich war der Waldkauz wieder da, setzte sich in die Eiche
unter der ich stand und stieß seinen unheimlichen Lockruf aus. Für
kurze Zeit fühlte ich mich in eine Epoche versetzt die seit
Jahrhunderten nicht mehr existierte. Ein Zeitsprung der mir so
realistisch vorkommt dass ich für einen Moment glaubte tatsächlich
in einem anderen Jahrhundert zu sein. Mir scheint es als bin ich in
das zeit ferne Geheimnis des Parks und Schlosses eingetaucht. Vor mir
tat sich ein farbiger Abgrund einer vergessenen Zeit auf. Die ganze
süße Schwermut der Vergänglichkeit fiel regelrecht über mich her.
Ein unwirklicher nicht gebrochener Zauber lag plötzlich über den
alten von Efeu umrankten Steinfassaden der Parkmauer, der mich mit
auf eine Zeitreise nahm. Der still gelegte Springbrunnen fing wieder
an zu sprudeln und vor mir tauchten alte Laubengänge auf in denen
Frauen und Männer gekleidet in der Mode des Barockzeitalters
lustwandelten. Ich schaute dem treiben eine Weile gebannt zu, bis der
Ruf des Kauzes mich wieder in die Realität zurückbrachte. Der
schöne Spuk erlosch. Wie von einem Zauberbann befreit laufe ich
langsam nach Hause, begleitet vom Ruf des Kauzes.
hukwa