….Endlich kommt eine größere
Lichtung, und auf einer rauhen Hochfläche erscheint das große
Walddorf Trippstadt.
Es ist erst elf Uhr Morgens. Im
Gasthaus von Spanier hat mir der Apotheker Zapf per Telefon mein
Mittagsessen bestellt; ich habe aber vor dem Essen noch Zeit genug,
um den katholischen Pfarrer aufzusuchen.
Auf der breiten Dorfstraße
hinabschreitend, grüßte mich ein dicker Herr, der Typus eines
biederen Landarztes, und sagte mir, dass er auch ein Schwarzwälder
sei und zwar aus Falkau unweit vom Titisee.
Ich staunte nicht wenig darüber, im
fernen Pfälzerwald einen Schwarzwälder als Arzt zu finden. Er hat
in Würzburg studiert und praktizierte erst im Spessart, bevor er
hierherkam.
Wenn ein Schwarzwälder in die Fremde
geht und kein Heimweh haben will, so zieht er am besten nach
Trippstadt, wo alles an den Schwarzwald erinnert und wo man glaubt,
inmitten dieses Waldes zu sein. -
Die katholische Kirche und das
Pfarrhaus liegen am ende des Dorfes, und der Kirche nach sind die
Katholiken die kleinere Zahl der Bewohner. Der Pfarrer war nicht
daheim, sondern auswärts auf einer seiner Filialorte, aber seine
Schwestern empfingen mich in dem kleinen Pfarrhäuschen mit
unverhohlener Freude und zeigten mir das Zimmer, das sie für mich
hergerichtet.
Ich hatte ursprünglich vorgehabt,
gestern bis Trippstadt zu fahren, und so war auch hier mir Quartier
bereitet worden.
Wenn ich gewußt hätte, dass es mich
im Pfarrhaus zu Lautern so frieren würde und das Zimmer in
Trippstadt, das meiner wartete, eine so herrliche Aussicht böte,
wäre ich gestern Abend noch hierher gefahren.
Vor den Fenstern dieses Zimmers liegt
eine Waldwelt, wie sie der Schwarzwald an seinen schönsten Punkten
nicht schöner und großartiger zeigt.
Wenn ich nicht jener Wanderer wäre,
dens immer wieder möglich schnell von dannen treibt, dann hätte ich
im zierlichen Pfarrhäusle zu Trippstadt einen halben Tag gerastet
und mich satt getrunken an dem herrlichen Blick in deutschen
Tannenwald.
Zurückgekehrt zu meiner Herberge, traf
ich den Arzt nochmals, und ich wollte mit ihm gehen, um mich seiner
Frau, die zu meinen Leserinnen gehört, vorzustellen. Aber er wohnt
so weit im Dorf droben, dass ich unterwegs wieder umkehren musste,
wenn meine Bewegungsnerven nicht streiken sollten.
Erst schaute ich den Frauen und Kindern
des Dorfes zu, wie sie Wasser holten am Dorfbrunnen und dazu eine mir
unverständliche Sprache redeten.
Ich dachte an die Worte, des
pfälzischen Dialektdichters Fritz Claus in seinem Lied, in welchem
er die Westricher Bauern, die in der Weinpfalz gerne verspottet
werden, den Vorderpfälzern gegenüber sagen lässt, das sie den
Brunnen dem geschmierten Wein vorzögen, den jene in das Westrich
schickten, und im übrigen keine Not litten.
Ich unterhielt mich dann noch im Hotel
des Spaniers mit dessen Bäckerburschen, der eben frisches
Schwarzbrot, das gar lieblich duftete, in Körbe legte, über das
ehrbare Handwerk der Bäcker und bekannte mich auch als einen aus der
Zunft.
Der Spanier, so heißt der Wirt mit
seinem Geschlechtsnamen, ist zweifelslos ein kluger Mann und hat
meiner Beobachtung nach, eine noch hellere Frau; denn beide betreiben
nicht bloß eine Wirtschaft, sondern auch eine Bäckerei und einen
Kramladen. -
Ich müßte mich nur wundern, dass es
in Trippstadt nicht wimmelte von Kurgästen und dass diese prächtige
Waldgegend nur von so wenigen Sommergästen frequentiert wird.
Ist die Gegend, die von hier bis ins
Queichtal hinunter ein Paradies abgäbe für Luftkuristen, zu wenig
bekannt, oder sind die reichen Weinleute der Vorderpfalz keine
Freunde von Luftkuren, oder liegt dieses Waldland zu nieder, das der
Schwarzwald ihm vorgezogen wird? Das letztere mag für Fremde viel
ausmachen.
Trippstadt liegt nur 457 Meter hoch,
und die höchsten Punkte dieses Waldgebiets gehen kaum über 600
Meter.
Der Spanier gab mir zum Mittagessen
guten Wein und eine Rehkeule und zum Ruhen ein bequemes Sofa, und
erfrischt und gestärkt fuhr ich am Nachmittag dem einsamen Waldland
zu, das man „Frankenweide“ nennt.
Der Pfarrer Minges, bei dem ich
nochmals im vorbeifahren anklopfte, begleitete mich bis zum Karlstal,
einer ungemein malerischen Waldschlucht, aus der die Ruinen der
großen Burg Wilenstein, eine Gründung Barbarossas, noch malerisch
hervorragen.
An der Straße hin rinnt zwischen
schwachen Felspartien ein noch schwächeres Wasser und erinnert
wieder an die Wasserarmut des Pfälzerwaldes. Hier verließ mich der
Pfarrherr.
Bald war ich mitten im Herzen des
Pfälzerwaldes, in Johanniskreuz, einer einsamen Lichtung, auf der
ein Forsthaus und ein Kurhaus friedlich beisammen liegen, und dessen
Bewohner jeder Naturfreund beneiden muss......
hukwa