Wer
heute das romantische Karlstal bei Trippstadt besucht, dem fällt es
schwer sich vorzustellen, dass diese idyllische Landschaft einmal zum
„Ruhrgebiet“ des Pfälzerwaldes gehörte! Das heutige
Naturschutzgebiet war viele Jahre lang eine Industrielandschaft. Die
Eisenverhüttung beann bereits im Jahre 1727 mit der freiherrlichen
Familie von Hacke.
Seit
1777 zunächst als Temporalbeständer und schließlich ab 1804, im
Zuge der Nationalgüterversteigerung als Eigner, hat die Familie von
Gienanth hier Industriegeschichte geschrieben.
Die
günstigen Grunderwerbsmöglichkeiten während der französischen
Besatzungszeit haben den Gienanths dazu verholfen, fast sämtliche
Teile der pfälzischen Eisenverhüttung (mit Hochstein, Eisenberg,
Altleiningen, Karlstal und Schönau) an sich zu bringen und einen
Großbetrieb mit etwa 1000 Beschäftigten aufzubauen. Für die
damalige Zeit gewiss eine einmalige unternehmerische Leistung im
deutschen Raum. Zweifelsohne waren die Gienanths eine weitsichtige
Unternehmerfamilie. Neben der Eisengewerbe bemühten sie sich auch um
die Verbesserung des Getreideanbaues und um die Viehzucht, hier im
Besonderen um die Schafzucht.
Das
Interesse der Unternehmerfamilie Gienanth an Ackerbau und Viehzucht
stand in Verbindung mit ihren Arbeitern. Mit dem Ziel, der im
Eisengewerbe tätigen Bevölkerung einen Nebenerwerb in der
Landwirtschaft zu geben, dies besonders in Trippstadt.
Werner
Weidmann schreibt in seinem Buch „Streiflichter durch die
Wirtschaftsgeschichte von Stadt und Landkreis Kaiserslautern“:
Dieses landwirtschaftliche Interesse der Familie Gienanth hat
auch im Trippstadter Raum mit dem am späteren Herrenhaus im Karlstal
stationierten „Gut Gienanth“ seine Spuren hinterlassen, hier
besonders mit dem Ziele, der im Eisengewerbe tätigen Bevölkerung
einen krisenfesten landwirtschaftlichen Nebenerwerb zu eröffnen.
Unter
Freiherr von Hacke wurden die Karlstal Werke nach und nach
ausgebaut... mit insgesamt wohl weniger als einem halben Hundert
Beschäftigten, die im allgemeinen in ärmlichen Verhältnissen
lebten. Erbarmungsloser als anderswo hatte der Tod dort Ernte
gehalten. Trostlos beschränkte Behausung, ungesund feuchtkaltes
Klima und pure materielle Not, wenn die Erzzufuhr zu den Werken
ausblieb und die Arbeitslosigkeit einzog, haben die Sterblichkeit
gemehrt, besonders die der Neugeborenen und der jungen Mütter“.
Wir haben hier die realistische Schilderung einer trostlosen
Industrielandschaft und eines Arbeiterghettos.
Unter Gienanth änderte sich diese Situation. Mehrere Holzstege
wurden über den Wasserlauf gebaut, Bänke aufgestellt und ein
Musikpavillon errichtet. Auf einer Anhöhe westlich der Moosalb
errichtete Gienanth die „Amseldelle“, einen kleinen, privaten
Vergnügungspark, der sogar von Fürstlichkeiten aufgesucht wurde. Er
versuchte also die Landschaft zu verschönern und einen Einklang
zwischen der Natur und den Industrieanlagen zu schaffen.
Gienanth war in der Pfalz der führende Kopf von etwa 200 Patrizier
Familien. Nach der Niederlage Napoleons kam die Pfalz zu Bayern. Im
Jahre 1816 beauftragte König Maximilian Josef I. den Hüttenherren
Ludwig Gienanth, als einflussreichsten Bürger der Pfalz, mit der
Durchführung der ersten demokratischen Wahl in der Pfalz. Ein
Wahlausschuss wählte in Kaiserslautern unter seinem Vorsitz den
ersten pfälzischen Bezirkstag (damals Landrat genannt). Er bestand
aus 20 Mitgliedern und stand dem Regierungspräsidenten beratend zu
Seite. Ludwig Gienanth wurde zum Reichsrat der Krone Bayerns ernannt
und später in den erblichen Freiherrenstand erhoben. In den nun
folgenden Jahrzehnten des Friedens wurden alle Werke gründlich
ausgebaut. Alle maschinellen Anlagen wie Gebläse, Hämmer und
Walzwerke wurden durch Wasserkraft betrieben, dazu wurden jeweils
Stauwehre errichtet. Die für die hochöfen notwendige Holzkohle
wurde in den umliegenden Wäldern von Köhlern in Meilern gebrannt
und von Fuhrleuten ins Karlstal gebracht. Dafür wurden Wäldereien
in der ganzen Umgebung aufgekauft. Was natürlich keinesfalls
nachhaltig war! Das Erz wurde in kleinen Gruben gewonnen, vorwiegend
in Erzhütten-Kaiserslautern, Imsbach, aber auch Elmstein und wurde
auf Esel- und Ochsenkarren ins Karlstal gebracht. Hierfür wurde auch
die Karlstalstraße 1856 ausgebaut. Die Hochwege um Trippstadt wurden
mit Sandsteinen gepflastert.
Heute ist das Karlstal eine der schönsten Regionen des
Pfälzerwaldes. Die Natur ist wieder in das romantische Tal
zurückgekehrt. Flurnamen erinnern noch heute daran, dass hier
einstmals Industrie vorhanden war. Heute rauschen wieder die Bäume
auf den bewaldeten Bergrücken, die vor 200 Jahren vollkommen
abgeholzt waren!
Wer heute das Karlstal erwandert, bemerkt bald, dass nur weniges
geblieben ist aus der Zeit der Industrialisierung dieser Landschaft.
Doch wer dem Rauschen der Moosalb und der noch im Tal erhaltenen
Weiher lauscht, kann sich der Zeit erinnern als hier im Karlstal noch
die Hämmer dröhnten und die Hochöfen die Nacht erleuchteten!
Literaturhinweise:
W. Weidmann: Streiflichter durch
die Wirtschaftsgeschichte von Stadt und Landkreis Kaiserslautern.
L. Spuhler: Der Bergbau in der
Pfalz
B. Cloer: Eisengewinnung und
Eisenverarbeitung in der Pfalz
W. rosenberger: Beschreibung
rheinland-pfälzischer Bergamtsbezirke
hukwa