Sonntag, 11. November 2018

Zur Geschichte des Lauberwaldes und des Holzlandes

 
Foto©UteKW


Das Holzland grenzt in Teilen an das Wilensteiner Land. In alten Zeiten hatten auch die Ritter und Adligen der Burg Wilenstein Hoheitsrechte im Holzland.

Aus alten Urkunden können wir entnehmen, dass das Kloster Hornbach das Holzland nach Huben (ahd. „huoba“) besiedeln ließ. Die Siedler im Holzland hießen in diesen Urkunden „sant pirmans lute“ (Sankt Pirmins Leute), sogenannt nach dem heiligen Pirminius (gest.753), dem Stifter des Klosters Hornbach.
Die Ansiedler waren zwar rechtlich keine freien Leute, sondern „Hörige“, doch man muss bedenken, dass der Unterschied zwischen unfreien „Liten“ und freien „Hintersassen“ seit dem 10.Jahrhundert nicht mehr ganz so groß war. Aus diesen beiden Ständen entwickelte sich im Lauf der Geschichte der Stand des sogenannten „grundholden“ Bauern, der sich nach und nach Eigentum aneignete. Allerdings hatte die Herrschaft des Adels weiterhin das Sagen, die Forderungen die der Grundherr geltend machte, also großer und kleiner Zehnt, Frondienste, Besthaupt- und Mannssteuer u.a. hatten weiterhin bestand.
In den alten Urkunden und Weistümern des Gerichtes Fischbach aus den Jahren 1369, 1418, 1536, 1565, 1592 sowie 1617 finden wir die Regelung der herrschaftlichen Rechte an Gefällen, Abgaben und Steuern bestätigt. Hier finden wir auch Aufzeichnungen über die Rechtslage der Bauern.
Vor allem im „Saal und Lagerbuch des Oberamtes Lautern“ aus dem Jahre 1601 gibt es sehr aufschlussreiche, informative Einblicke in die Zeit vor dem 30jährigen Krieg. Aus diesen Aufzeichnungen können wir ersehen welch drückende Abgaben auf den Bauern und Siedlern im Holzland lasteten. Diese waren aufgeteilt in die Herrschaften von Kurpfalz, das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken sowie die Rechte die die Flersheimer von der Burg Wilenstein in Trippstadt innehatten.
Solche Urkunden und Aufzeichnungen sind nicht nur ein Spiegel der mittelalterlichen Welt, sie sind auch Zeugnisse von Unmenschlichkeit und Ausbeutung.
Seit Beginn der größeren Rodungen im 12. und 13. Jahrhundert bestimmten die Weite und Tiefe dieser Wälder die Lebensbedingungen der dort siedelnden Menschen. Die Wälder prägten die besonderen Lebensumstände und die Möglichkeit der vielfältigen Nutzung des Waldes sowie die Entwicklungs-geschichte des Holzlandes als auch des Wilensteinerlandes und die wirtschaftliche Situation seiner Bewohner. Auch schon in der vorgeschichtlichen Eisenzeit müssen Menschen im Holzland gelebt haben. Wir wissen, dass in Schopp eine alte Gräbersiedlung ist. Auch in der Umgebung der Geiselbergermühle fand man vorgeschichtliche Relikte unter anderem einen bronzenen Beinring.
Und auf dem Dreisommerberg bei Waldfischbach steht mit der Heidelsburg eine der wichtigsten gallo-römischen Stätten in unserem Gebiet.

Nach dem Rückzug der Römer war das Holzland für einige Jahrhunderte wahrscheinlich Siedlungsleer gewesen. Die Neubesiedelung begann wohl Ende des 7.Jahrhunderts durch die Franken. Hierbei leisteten die Klöster wertvolle Hilfe, die darum teilweise auch als „Rodungsklöster“ bezeichnet wurden. Im Holzland hatten das bereits erwähnte Benedikinerkloster Hornbach, das Zisterzienserkloster Eußertal und das Prämonstratenserkloster Wadgassen Besitz.
Am Nordrand des Holzlandes besaß das Kloster Eußertal das Gut „Loyben“, nach welchem noch heute der Lauberwald seinen Namen hat. Bei diesem Gut handelt es sich um den 905 Hektar großen Lauberwald westlich von Johanniskreuz, in welchem die Moosalb entspringt. Diesen Wald schenkte- vermutlich im Sommer des Jahres 1174- Graf Ludwig der Jüngere von Saarwerden dem Abte und den Brüdern dieses Klosters. Bei dieser Schenkung finden wir übrigens Kaiser Friedrich I. Barbarossa als Zeugen, eine Urkunde wurde jedoch erst im Jahre 1179 ausgestellt. In der Geschichte des Holzlandes finden sich einige Wüstungen (untergegangene Dörfer). Der Forstmeister Kurt Aderhold, der einer der besten Kenner der Holzlandwälder war, schrieb in seinen „Anmerkungen zur Vellmannnschen Beforschung“ über das Verhältnis des Menschen zum Wald folgendes: „Das Leben der Menschen im Wald war gestuft. Als Sammler von Früchten und als Jäger störte er das Gleichgewicht des Naturwaldes kaum. Erst als er sesshaft wurde, begann der Kampf mit Feuer, Axt und Rodehaue und später mit der Säge gegen den Wald, der damit seinen natürlichen Aufbau mehr und mehr verlor. Die Staatsverwaltungen waren sich bereits lange vor 1600 bewusst, das der Einschlag von Hölzern zum Bauen, Brennen, Verkohlen, Aschebrennen, zur Lohrinde- und Harzgewinnung neben unzähligen anderen Nutzungen nicht ungemessenen fortgeführt werden konnte und dass ohne Hege und Pflege, ohne Schonung und Schutz kein dauernder Fruchtgenuss, ohne den Kreislauf des Aufbaues, der Erziehung und schließlich der Ernte keine Nachhaltige Erzeugung mehr möglich war. Alle Beforschungen und Waldordnungen früherer Zeit dienten daher der Verbesserung des Waldzustandes und damit der Erhöhung der Holzerzeugung. Der Durchführung der Verordnungen waren damals Grenzen gesetzt. In den Waldgebieten fehlten vorgebildete Forstleute, und die Zuverlässigkeit der übrigen Bediensteten ließ oft sehr zu wünschen übrig“.
Über das Aussehen der Holzlandwäldereien zu Beginn des 30jährigen Krieges gibt es eine alte Waldbeschreibung, die bekannte „Velmannsche Waldbeforschung“ aus dem Jahre 1600, sie gibt in aller Ausführlichkeit Aufschluss. Die Bestockung des Holzlandes- so ist daraus zu entnehmen- bestand zur Zeit des 30jährigen Krieges hauptsächlich aus lichten Laubholzmischwäldern, die mit zahlreichen, durch menschliche Eingriffe geschaffenen Lücken, Blößen und verwilderten Flächen, durchsetzt waren, auf denen Ginster, Heide, Birken, Espe und Kiefernanflüge wuchsen.
Die natürliche Verjüngung der Eichen- und Buchenhochwaldbestände war im Holzland dadurch erschwert, dass der vom Landesherrn geschützte Bestand an Rot-, Reh- und Schwarzwild und die in die Waldungen eingetriebenen Schweineherden (Schmalzweide) die Eicheln und Bucheln aufnahmen. Die wenigen zur Entwicklung kommenden Eichen und Buchenpflanzen und die Verjüngung der übrigen Laubhölzer und Kiefern fielen den gemischten Herden von Rindern, Pferden, Ziegen und Schafen (Rauhweide) und dem Schalenwild zum Opfer. Die einzige Beschränkung dieses dem Wald nachhaltige Schäden zufügenden Weidestriches scheint eine im Fischbacher Vertrag (Absatz VIII) von 1692 aufgeführte Verordnung darzustellen, die besagt.... „dass ein jeder, welcher Rindvieh zu halten vermag, seine Geißen unverzüglich abschaffen und künftig keine mehr annehmen, denjenigen aber so Armuth halber Rindvieh zu halten unmöglich aus meist zwo Geißen und nit drüber zu halten erlaubt und gestattet werden solten...“ Diese Anordnung war ein Versuch, die großen Weideschäden im Holzland zu mildern, wenn auch nicht zu verhindern.
Wenige Jahrzehnte nach Velmanns Beforschung vernichtete der 30jährige Krieg die von den Siedlern unter schweren Opfern geschaffene Kultur. Das sinnlose Morden und Töten das die Menschen überkommen hatte, bedeutete aber für die Wälder eine gewisse Zeit der Ruhe, der Erholung und des ungestörten Wachstums. Die Holznutzungen nahmen drastisch ab, die Viehherden waren fast gänzlich verschwunden und das sich ungehindert vermehrende Raubwild hielt die Wildbestände im natürlichen Gleichgewicht. Im Schutze der lichten, aus forstlicher Sicht schlecht geformten Laubbestände, verjüngten den Wald auf natürliche Art. Nach dem Krieg setzte nur sehr langsam eine neue Wald- und Siedlungskultur ein.

Die Gefälle der Kurpfalz
Landesherr war der Kurfürst und als solcher bezog er, nach dem Weistum von 1617 von jedem Hausgesäß, was bedeutet, von jeder Familie mit eigener Feuerstelle, ein halb Malter Hafer und ein Fastnachtshuhn (muss an Fasnacht geliefert werden). Desweiteren das Schafft- und Manngeld, hiermit bezeichnete man die herkömmlichen Heiratsgebühren.
Die kurfürstliche Pfalz hatte auch wie man dem „Saal- und Lagerbuch des Oberamtes Lautern“ entnehmen konnte: „in dieser Pflege, die hohe Obrigkeit, Gebott und Verbott, samt allen derselben anhängigen Gerechtigkeiten“, die 1617 folgend festgehalten wurden:
Schatzung: ist das Recht Steuern auszuschreiben.
Zoll: Zollstationen befanden sich in Steinalben, Schopp und an der Geiselberger Mühle. Hier stand einst die untergegangene Siedlung Hertlingsweiler.
Geleit: das Geleitgeld wurde bezahlt für die Sicherheit der Personen auf den Geleitstrassen.
Ungeld: eigentlich Ohmgeld, dies ist der Oktroy auf Wein.
Weinschank: betraf das Recht der Konzessionserteilung zum Betrieb einer Gaststätte.
Beet (Leibbede): die Kopfsteuer der Untertanen.
Folge, Reiß, Musterung: Heeresfolge, Kriegsdienst, Anwerbung.
Besetzung des Proviants: Beschlagnahme der vorhandenen Vorräte im Kriegsfall.
Leibeigenschaft: die damalige Untertänigkeit.
Inventation: Inventaraufnahme in Todesfällen.
Teilung: Vollzug der notariellen Geschäfte.
Wildfänge: Menschen ohne Heimstatt, Haushalt und Anhang.
Nachfolge: Zuständigkeitsrecht auf Kinder aus Ehen mit „Ausländern“.
Behäupter: Recht auf das beste Stück Vieh, Kleidung und Hausgerät bei Besitzveränderung, Tod oder bei der Veräußerung der Habe.
Frevel, Bußgelder: stand eine Hälfte Kurpfalz die andere Pfalz-Zweibrücken zu.
Bastardfälle: uneheliche Kinder.
Ungemesssener Fron: Spann- und Treiberdienste bei der Jagd.
Maulvieh: Besteuerung der Maulesel.
Findlinge: Anspruch auf verirrtes oder herrenloses Vieh.
Angriff der mißtheidigen Personen: die Verhaftung von Rechtsbrechern.
Hals-und Beingericht: Todesstrafe.
Hoher u.niederer Wildbann: Jagdgerechtigkeit.
Fischen in den Bächen: Fischjagd.
Beholzung und Daubenmachung: Holzeinschlag und Fassdaubenherstellung.
Abgaben an Pfalz-Zweibrücken: Die wichtigsten und einträchtigsten Steuern bezog um 1617 nicht der Kurfürst, sondern der Herzog von Pfalz-Zweibrücken als Rechtsnachfolger des Kloster Hornbachs.
Der große Zehnt: der zehnte Teil der Hafer-und Kornernte.
Der kleine Zehnt (Krautzehnt): Viehfutter, Gartenfrüchte, Obst, Rüben, Gemüse usw. Ein Anteil hiervon erhielt der Pfarrer von Waldfischbach.
Der Fleischzehnt (Blutzehnt): jeweils und jährlich der zehnte Teil des Viehbestandes.

Der Herzog übte auch die Patronatsrechte aus, also die Wahl des Pfarrers und die Besetzung der Pfarrstelle. Zudem stand ihm „mit und neben des Kurfürsten Schultheiß“, die Einsetzung der Gerichtsschöffen zu, die demgemäß beiden Herrschaften schwören mussten.
Zu den herzoglichen Gefällen zählten auch die Hälfte der Frevel- und Bußgelder, welche als besonders einträgliche Quellen galten, sowie die Anordnung von „Gesteige, Aich, Maß und Gewicht“.

Die traditionellen Rechte der Holzlandbauern
Nicht nur die Pflichten sondern auch die Rechte der Bauern und Siedler des Gerichts Fischbach sind im Weistum von 1617 festgehalten. Wir lesen dort: „Nicht weniger ist das Kloster Hornbach denen, Unterthanen auf ihre zuvor geschehene Ansuchung und des Klosters Meyers oder Waldförsters Anweisung die Nothdurft an Bauholz wie von Alters her geschehen zu geben und das ganze Jahr über in des KlostersWäldern die Rauh- und Schmalzweide zu gestatten schuldig..“
Wenn es im Hornbacher Wald, der dem Kloster (später Pfalz-Zweibrücken) unmittelbar gehörte, ein „Volläckern“ gab, damit ist gemeint, wenn Buchen- und Eichen gleichzeitig reiche Früchte trugen, konnten die Untertanen auch dorthin ihre Schweine treiben, mussten hierfür aber dem Herzog für jedes gemästete Schwein 4 Pfennige oder auch 8 Heller zahlen. Ernst Bilfinger berichtet dass auf diese Weise im Jahre 1604, einem besonders gutem Eckerichjahr 1025 Schweine aus den 6 Holzlandgemeinden in den Hornbacher Wald getrieben wurden.
Andere Waldrechte der Holzlandbauern bezogen sich auf die Nutzung von, Reiserholz, totem Stockholz, Raff- und Leseholz sowie Streuwerk. Das Jagdrecht in diesen Waldungen stand dem Kurfürsten und beschränkt auch dem Herzog zu. Nur in einem einzigen Bezirk, in dem forstlich und jagdlich fast unbedeutenden Gebiet „Langdell“ durften auch die Untertanen die Jagd neben den beiden Fürsten ausüben.

Fremde Lehen und Besitztümer im Holzland
Das „Saal- und Lagerbuch des Oberamtes Lautern“ von 1601 von dem nur noch Kopien aber kein Original mehr existiert, da es im 2.Weltkrieg verloren gegangen ist, gab auch Auskunft darüber, welche weltlichen und geistlichen Herrschaften aus der Nachbarschaft des Holzland Besitztümer und Lehen hatten, oder, wie es wörtlich heißt „nachfolgende Herrn von Adel an Hubzinßen und anderen gefällen deßgleichen an Güthern als Äckern, Wißen, Wäldern und Wilderungen darin liegen und davon jährlich zu erheben haben, wie unterschiedlich folget“.

Besitztümer:
Die Flersheimer (Flörsheimer) Herren der nahe gelegenen Burg Wilenstein bei Trippstadt, besaßen den Haderwald (gehört heute zu Trippstadt), südlich vom Karlstal gelegen. Graf Sebastian von Falckenstein besaß die Moßerwiesen und den Moßerwald (Meiserwald und Meisertal) im oberen Moosalbtal. Das Kloster Wadgassen besaß einen Wald, den Bitscher Dingelsberg genannt (Dinkelsberg in der Gemarkung Heltersberg.
Schopp: Reinhard von Sickingen, die Comturei Einsiedel (Einsiedlerhof) und etliche Sickinger Untertanen zu Mittelbrunn bekamen je 5 Malter Hafer und von jedem Einwohner sechs Pfennige für ein Huhn. Die Flersheimer erhielten je Hausgesäß 7 Pfennige.
Schmalenberg: Den Flersheimern fielen in Schmalenberg 7 Simmer Korn und 7 Schilling zu. Das Kloster Hornbach hatte dort 24 Simmer Korn und 24 Schilling zugute.
Heltersberg: Die „Juncker von Honecken“ (Hohenecken), die hier zeitweise mit dem Büchelgut und den Wilderungs-Huben ein großes aus Wald, Wilderungsland und Feldern bestehendes Lehen hatten, erhielten als Zins 11 Simmer Korn, 10 Simmer Hafer und 10 Schilling, 7 Heller. Das Kloster Hornbach bekam 8 Simmer Korn und 8 Schilling. Die Hanauischen Erben durften 12 Simmer Hafer und 8 Schilling fordern. Die Flersheimer erhielten 10 Schilling.
Geiselberg: Die Grafen von Hanau erhielten 12 Simmer Hafer und 7 Schilling. Die Flersheimer bekamen 19 Schilling. Die Flersheimer durften auch von jedem der 27 Tiefenthaler Huber, der eine Fuhr hatte, anderthalb Malter Hafer und ein Huhn fordern, von jedem, der kein Gespann hatte, nur einen halben Malter Hafer.
Steinalben: Die Flersheimer bekamen je Hausgesäß einen Schillling jährlich. Die Hanauer hatten 9 Simmer Hafer und 4 Schilling, 8 Pfennig zugute. Die Grafen von Sickingen erhielten 2 Schilling.
Waldfischbach: Das Kloster Hornbach konnte 4 Malter Korn und 2 Schilling einnehmen.
Für die Weide,- Holz- und Eckernrechte in einzelnen Waldungen hatten die Bewohner des Gerichts- so lesen wir im „Verzeichnis aller Wälder des Oberamtes Lautern“ von 1579- in ähnlicher Weise Abgaben zu entrichten, wobei neben Getreide- und Geldgefällen für die Weidenutzung auch Zinsen in der Art von „Käslaibern“ erhoben wurden.

hukwa 

Literatur Hinweise:
Friedländer, Leo: Die Hembachgemeinde
Lamprecht, Karl: Deutsche Geschichte
Widder, J.: Geogr. Historische Beschreibung der Kurpfalz, 1774
Ernst Bilfinger: Das Holzland vor 300 Jahren und jetzt
Ernst Christmann: Dorfuntergang und Wiederaufbau im Oberamt Lautern
Pöhlmann-Doll: Regesten der Grafen von Zweibrücken. Speyer 1962
Gerber Fr.: Urkunde zur Geschichte des Holzlandes, besonders der dortigen Waldberechtigung,PfGBI. S. 10-12
Daniel Häberle: Alte Strassen und Wege in der Pfalz
Vellmann Ph.: Beforschung des Lauberwaldes
Vellmann Ph.: Beforschung des ehemaligen Gerichtes Waldfischbach. Herausg. Ernst Bilfinger
Albert Zink: Pfälzische Dorfbilder: Schopp. Pfälzer Feierowend Jg. 1961
Kurt Aderhold: Anmerkungen zur Vellmannschen Beforschung des Holzlandes
Walter Brückner: Die Waldmark des Holzlandes im 17. Jahrhundert - Heimatkalender Pirmasens
Walter Brückner: Hoheitsrechte und Feudallasten im Holzland um 1600 – Heimatkalender Pirmasens
Staatsarchiv Speyer: Akte Kurpfalz 278,P. 278, 49-56
Heinz Friedel: Schopp
A. Doll: Kloster Hornbach und Königshof Lautern. Pfälz.Heimat 4. 1953
A.Doll: Beobachtungen zu den Anfängen des Zisterzienserklosters Eußertal und zur
Entwicklung der Haingeraiden. Mittt.d. Hist.V.d.Pfalz. Bd.68. 1970

Freitag, 9. November 2018

Zur Geschichte von Burg Wilenstein


 
Burg Wilenstein - Foto©UteKW

Die „Wilensteiner“ sind von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis zum Jahre 1372 nachweisbar. Von 1154 bis 1160 war ein Heinrich von Wilenstein Domdechant in Worms. 1159 vermacht Landolf von Wilenstein dem Kloster Otterberg mehrere Besitzungen in Erlenbach. Im Jahre 1179 verzichtet Landolf auf sein Aufsichtsrecht über das Gut Loyben (Lauberhof b. Trippstadt). 1182 kommen die Brüder Landolf und Arnitius von Wilenstein vor. 1185 Landolf mit seinem Sohne Heinrich. 1191 Heinrich allein. 1237 bestätigt das Domkapitel von Worms, Alberto de Wilenstein habe dem Prämonstratenserkloster zu Lautern das Patronalsrecht zu Erfenbach geschenkt. Im gleichen Jahr befreit Graf Heinrich von Zweibrücken das Kloster Hornbach von den Rittern, welche bis dahin das Schultheißenamt zu Hornbach besessen haben, darunter Eberhard von Wilenstein und dessen Tochter Elisabeth. In einer Urkunde von 1287 wurde Merbado von Wilenstein als Burgmann in der Reichsburgmannschaft von Lautern erwähnt. Im Jahre 1310 erscheint die Frau Wirichs von Wilenstein in einer Urkunde von Lautern. 1363 siegelt Johann von Wilenstein in einem Ehevertrag seiner Schwester Nese von Wilenstein. Der letzte Nachkomme Wirichs von Wilenstein, Johann Wilenstein wird noch 1372 genannt. Mit ihm ist die Wilensteinerlinie wohl ausgestorben.

Um das Jahr 1247 waren Gottfried und Johann von Wilenstein bereits Lehensleute der Leininger Grafen. 1278 verkauften Johannes, Albert und Jakob, die Söhne des Ritters Johannes von „Wylenstein“ und im gleichen Jahre Merbado von Wilenstein ihren von Hornbach lehenrührigen Wald bei Wiesbach wieder an das Kloster Hornbach. 1286 wird von einer Schenkung des Albero von Wilenstein und seines Sohnes Gotzo (Gottfried) an das Kloster Eußerthal berichtet. 1293 wird ein Wenzo, 1306 eine Druthelinde von Wilenstein erwähnt.
Foto©UteKW

Die Burg Wilenstein befand sich 1323 in der Mitgift der Enkelin des Raugrafen Heinrich, Sophie, die sich damals mit dem Wildgrafen Gottfried zu Kyburg verheiratete. 1344 musste wWildgraf Friedrich zu Kyburg zugunsten der Agnes von Dun (Dhaun) auf alle Ansprüche auf die Herrschaft von Wilenstein verzichten. Die Burg fiel an die Grafen von Leiningen, die Lehnsherren zurück. Die Grafen Friedrich (Dompropst zu Worms) und Emich belehnten 1347 den von Dun, Herrn zu Oberstein, Falkensteiner Geschlechts, mit der oberen Burg und verzichteten gleichzeitig auf alle lehnsherrlichen Ansprüche auf den halben Berg Wilenstein, den sie der Agnes von dem Stein und ihren Erben zugeignet hattten. Von diesen erben wurden wahrscheinlich die Flörsheimer belehnt; der „halbe Berg“ erscheint nämlich seit diesem Zeitpunkt als Flörsheimer Anteil. Mit der anderen Hälfte hatten die Leininger, wie erwähnt die Herren von Falkenstein belehnt. Damit war die Burg in zwei Hälften, die vordere und hintere geteilt. Die sogenannte Flörsheimer und Falkensteiner Hub. Im Jahre 1348 beschlossen die Herren von Falkenstein, als Lehnsträger der vorderen Burg, mit Johann und Jakob von Flörsheim, den Eigentümern des hinteren Teils der Burg, einen Burgfrieden
(siehe Willensteiner Burgfrieden).
Die Lehenshoheit über den Falkensteiner Teil kam aus der Erbschaft des Landgrafen Hesso von Leiningen an den Grafen Reinhard von Westerburg, von diesem 1481, im Leininger Erbstreit, an Kurpfalz.
Im Wormser Synodale von 1496 ist die Wilensteiner Burgkapelle aufgeführt. Sie war dem hl. Georg geweiht und eine Filiale der Kirche von Aschbach (heute Aschbacherhof).
Nach Lehmann kommen im Jahr 1520 als Besitzer des hinteren Burgteils vor: Philipp Jakob Vitter; Johann von Helmstadt;Bernhard, Jost, Friedrich und Berthold von Flörsheim; Hans und Wolf von Dahlberg; Johann Blick von Lichtenberg. Das zu beiden Burgen gehörige Land bildete die Herrschaft und das Amt Wilenstein. Der Bezirk der Flersheimer Hub umfasste neben der hinteren Burg Wilenstein die Hälfte des Dorfes Trippstadt, den Aschbacherhof und der Wilensteinerhof in unmittelbarer Nähe der B urg. Im Dorf Trippstadt verlief die Grenze zwischen beiden Huben entlang der alten Landstrasse nach Lautern. Die Flersheimer besaßen den größten Teil der Westseite des Dorfes. Sie unterhielten einen eigenen Hubschultheißen, was auf die größe und Bedeutung des Besitzes schließen lässt.
Nach dem Tode Hans Philippps von Flersheim (gest. 1611) erbte die Tochter Ester, die Gemahlin des,Johann Blarer von Geiersberg, den Teil der Hub, in dem das Dorf Trippstadt liegt. Den Hof Aschbach mit Zubehör, der von der Herrschaft Wilenstein abgetrennt wurde, erbte die Tochter Judith, die früh verstorbene Frau des Johann Casiir Kolb von Wartenberg. So kam dieser Teil des Flersheimer Besitzes später zur Grafschaft Wartenberg, schließlich noch in die Konkursmasse der Wartenberger.
Ester von Geiersberg vermachte die Herrschaft Wilenstein an Johann Philipp von Viermund, den Sohn ihrer Schwester Elisabeth.
Schon 1481 war die Lehensherrschaft von den Leiningern an Kurpfalz gekommen, so dass 1716 Kurfürst Johann Wilhelm das Amt Wilenstein seinem Oberjägermeister Ludwig Anton Freiherrn von Hacke übergeben konnte.
Bereits 1664 hatte Graf Wilhelm Wirich von Falkenstein auf sein Burgteil verzichtet.

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Literaturhinweise:
Albert Becker: Landstuhl und Wilenstein; 1936
Albert Becker: Wilenstein von Raum und Geist des urgermanischen Hauses 1937
Otto Waltz: Die Flersheimer Chronik, 1874
Lehmann: Burgen und Bergschlösser der Pfalz
Archiv f. Hess. Landesgeschichte und Altertumskunde
F.W. Weber: Das pfälzische Adelsgeschlecht der Kolbe von Wartenberg
F.W. Weber: Die Herrensitze der Adelsfamilie von Flersheim
Walter Hotz: Pfalzen und Burgen der Stauferzeit

Donnerstag, 8. November 2018

Näpfchen – Schalen – und Wetzrillensteine im Pfälzerwald - in Mythologie, Geschichte und Volkskunde

Lochstein bei Trippstadt - Foto©Hans Wagner


Näpfchensteine, Schalensteine und Wetzrillensteine trifft man öfters im Pfälzerwald an. Dabei kann man zwei Arten von Steinen unterscheiden: Von der Natur ausgehölte Steine, die durch Witterungseinflüsse entstanden sind und Steine die durch Menschenhand „ausgehöhlt“ und „ausgescharbt“ wurden. Letztere sind durch Pecken mit einem härteren Schlagstein oder auch durch Schaben und Bohren mit einem zugespitzten Stein unter der verwendung eines Andrücksteins entstanden. Die Näpfchen und Schalensteine die ich im Landkreis Kaiserslautern vorfand sind alle aus Buntsandstein und wurden wahrscheinlich mit einer härteren Steinart (Erzgestein?), die als Arbeitsgerät wie beschrieben, ausgehöhlt. Diese Steine wurden wohl aus rituellen Gründen bearbeitet der geistige Inhalt eines solchen Kultes aus der Frühgeschichte bleibt uns im Ganzen allerdings verborgen und wir sind auf Vergleiche aus dem gesamten europäischen Raum angewiesen. Meist finden sich solche Steine in der Nähe von alten Wegen die schon früh begangen wurden dort an einzeln stehenden Findlingen oder Felsrücken. Einen ausdrucksvollen Schalenstein fand ich in der Vermauerung einer alten Scheune in Trippstadt die im 18. Jahrhundert erbaut wurde, möglich wäre das der Stein in einem Waldstück abgetragen wurde wo sich eine uralte Opferstätte befand. 
Knochenfund beim Näpfchenstein - Foto©Hans Wagner
 
Europaweit finden sich Näpfchensteine auch vor Felsbildern und Felsritzzeichnungen offenbar ist vor diesen Urzeitbildern einst geopfert worden. Die meisten dieser Felsen tragen Vertiefungen (Näpfchen), kleine Gruben, deren Austiefungen wohl mit den Felszeichnungen gleichzeitig war. Wohl hat sich die Sitte solche Steine mit Vertiefungen mit den Megalithgräbern verbreitet und sie hängen mit einem Todenopfer zusammen. Dieses Ritual könnnte sich weiter zu einem Fruchtbarkeitsritual entwickelt haben. Wohl wurden Speiseopfer, Fett, Bier und Blut in den Näpfen dargebracht. Einige dieser Steine fand ich in der Feldmark hier dienten sie wohl dazu den Göttern ein Opfer zu bringen so dass eine gute Ernte gibt. Das Bohren in solchen Steinen wird in der homöopathisch-imitativen Magie mit dem Geschlechtsakt gleichgesetzt, ist also ein Fruchtbarkeitsritual.
Vor allem im Mittelalter wurden am Gemäuer von Kirchen Näpfchen ausgehöhlt das Steinmehl wurde mit Wein oder Bier vermischt und bei Krankheiten getrunken. Bei den Kirchen waren es vor allem sogenannte Wetzrillen die angebracht wurden.
Einen solchen Wetzrillenstein entdeckte ich vor vier Jahren in der Nähe eines Menhirs. Auch bei verschiedenen Menhiren wurden Näpfchen und Wetzrillen vorgefunden.
Beim Ausgraben eines Wetzrillensteins fand ich Scherben und Knochen, hier handelt es sich um eine rituelles Opfer. Haustieropfer sollten wohl den Haustierbestand sichern. Man opferte die Knochen während die Fleischteile beim Kultmahl verspeist wurden.
Menhire und Opfersteine wurden während der Christianisierung oft vergraben.
Auf mehreren Konzilien wurde der Steinkult verdammt. Synodalbeschlüsse wie beispielweise die von Arles (452), Tours (567), Nantes (658) und Mainz (743) warnten vor der Sünde, den Steinen zu opfern. Bei Nichtbefolgung wurde mit Exkomunizierung gedroht. Auf dem Konzil von Nantes erfolgte die Weisung, diese heidnischen Steine zu vergraben: „Steine, die sie in Ruinenstädten und Wäldern, von teuflichen Blendwerk getäuscht, verehren,wo sie gelübde ablegen und einlösen, soll man gänzlich ausgraben und wegschaffen an einen Ort, wo sie nie mehr von ihren Anhängern verehrt werden können“.

Wetzrillenstein gefunden in der Feldmark in Trippstadt - Foto©Hans Wagner


Wie die Menhire wurden auch die Wetzrillensteine und Näpfchensteine oft in Kirchen aber auch in profanen Bauten als Bausteine verwendet. Mit größter wahrscheinlichkeit dienten diese Kultsteine religiösen Zwecken. Der Stein stand als Bindeglied zwischen Dieseits und dem Jenseits.
In seinem monumentalen Werk über die Sitten und den Glauben der Völker „der Goldene Zweig“, schreibt Frazer über einen Steinkult bei den alten Griechen: „Sie kannten auch einen Milchstein, der in den Frauen eine reichliche Menge Milch erzeugte, wenn sie ihn in Honigmet aufgelöst tranken. Milchsteine werden heute noch von griechischen Frauen auf Areta und Melos zu demselben Zweck gebraucht. In Albanien tragen stillende Mütter diese Steine, um eine starke Milchabsonderung zu erzielen. Die Griechen glaubten von einem anderen Stein, dass er Schlangenbisse heile, und nannnten ihn den Schlangenstein. Um seine Wirkung zu erproben, brauchte man ihn nur zu Pulver zu mahlen und dieses auf die Wunden zu streuen.
Anscheinend war also nicht nur die Herstellung von Näpfchen ein Ritual sondern das abfallende Gesteinsmehl wurde in einem weiteren Ritual verwendet. Es handelt sich hier also um einen alten heidnischen Brauch, der sich über die Christianisierung hinübergerettet hat und bis ins Mittelalter auch in unserer Gegend weiter gepflegt worden ist. Dies beweisen die Wetzrillen an einigen Steinen bei Kirchenbauten so unter anderem in Weilerbach.
Jakob Grimm hat in seinen Ausführungen über den Aberglauben festgestellt, dass „er dass Leben unserer Voreltern nicht allein mit Furcht, sondern auch mit Trost“ erfüllt hat. In seiner „Deutschen Mythologie schreibt er: „Unter Aberglauben ist nicht der gesamte Inhalt des heidnischen Glaubens zu verstehen, sondern die Beibehaltung einzelner heidnischer Gebräuche und Meinungen. Der bekehrte Christ verwarf und verabscheute die Götter der Heiden. In seinem Herzen blieben aber noch Vorstellungen und Gewohnheiten haften, die ohne offenen Bezug auf die alte Lehre der neuen nicht unmittelbar zu widersprechen schienen. Da, wo das Christentum eine leere Stelle gelassen hatte, wo sein Geist die roheren Gemüter nicht sogleich durchdringen konnte, wucherte der Aberglaube oder Überglaube. Niederdeutsch sagt man Biglove, Beiglaube“.
Auch Carl Gustav Jung hat sich hat sich sehr nachhaltig über den Naturglauben und dessen positive Wirkungen ausgesprochen: „In dem Maße wie unser wissenschaftliches Verständnis zugenommen hat, ist unsere Welt entmenschlicht worden. Der Mensch fühlt sich im Kosmos isoliert, weil er nicht mehr mit der Natur verbunden ist und seine emotionale unbewusste Identität mit natürlichen Erscheinungen verloren hat. Diese haben allmählich ihren symbolischen Gehalt eingebüßt. Der Donner ist nicht mehr die Stimme eines zornigen Gottes und der Blitz nicht mehr sein strafendes Wurfgeschoß. In keinem Fluss wohnt mehr ein Geist, kein Baum ist das Lebensprinzip eines Mannes, keine Schlange die Verkörperung der weisheit, keine Gebirgshöhle die Wohnung eines großen Dämons. Es sprechen keine Stimmen mehr aus Steinen, Pflanzen und Tieren zu Menschen, und er selbst redet nicht mehr zu ihnen in dem Glauben, sie verständen ihn. Sein Kontakt mit der Natur ist verlorengegangen und damit auch die starke emotionale Energie, die diese symbolische Verbindung bewirkt hatte“.
hukwa

Lit.Hinweise:
Hans Wagner: Die Waldaxt.
Hans Wagner: Stand in Trippstadt einmal ein Menhir?
Herbert Kühne: Die Felsbilder Europas.
Wolfgang Bauer: Das ganz Andere im Stein.
James Frazer: der Goldene Zweig.
Jakob Grimm: Deutsche Mythologie.
C.G.Jung: Gesammelte Werke.
Albertus Magnus: Von den Tugenden der Kräuter und Steinen.













Mittwoch, 24. Oktober 2018

Vom Wilensteiner Burgfrieden

 
Foto©UteKW


Flurnamen aber auch die Namen geschichtlicher Persönlichkeiten kommen aus einer sehr fernen Zeit zu uns. Es ist uns oft möglich die Geschichte ihrer Wirkung bis in unsere Zeit zu verfolgen, doch die Person oder die tiefere Bedeutung eines Flurnamens bleibt uns meistens verborgen. Nur wenig Gesichertes ist uns darüber überliefert, und das Wenige das wir wissen oder wissen können, muss mühevoll aus alten Urkunden und Schriften erschlossen werden.
Bei den Flurnamen spielt die mündliche Überlieferung eine wichtige Rolle haben diese doch im Laufe der Jahrhunderte oftmals verschiedene Namen erhalten.
Über Landschaften, Flurnamen und Persönlichkeiten bildeten sich im Lauf der Jahrhunderte Legenden und oft mythische Interpretationen. Dann muss die historische Wahrheit vom Sagenhaften getrennt werden. Dennoch, vollständig verstehen und rekonstruieren können wir die Geschichte nicht. Es bleibt immer etwas dunkles und schattenhaftes.
Vieles können wir nur in Umrissen erkennen, das Nebulöse ist immer Teil der Geschichte. Vielleicht ist sie gerade deswegen so interessant.
Die meisten Menschen des Mittelalters waren, wenn sie nicht in einer der damaligen Städte lebten, ausgeschlossen von Kultur und Bildung. Nur in den Klöstern oder an den Fürstenhöfen bestand für ein kleines Klientel die Möglichkeit intellektueller Bildung, die fast ausschließlich vom Klerus getragen wurde. Auch lebte ein Großteil der damaligen Bevölkerung weit isoliert voneinander in kleinen Familienverbänden. Kunde haben wir fast nur von den Mächtigen, von den Adelsfamilien, Bischöfen und Kirchenfürsten. Der einfache Mensch, der Leibeigene, der Hintersasse, die Bauern und Handwerker bleiben fast immer im Dunkel der Geschichte verborgen. So bleibt die Persönlichkeit der Menschen des Mittelalters meist unsichtbar im dunklen Labyrinth der Geschichte. Hinzu kommt, dass bei Abschriften von alten Urkunden und Weistümern trotz größter Aufmerksamkeit immer wieder unbeabsichtigte Fehler unterlaufen. Sich in dieses historische Dunkel hinein zu arbeiten und etwas Licht in die Vergangenheit zu bringen ist die Aufgabe der heimatkundlichen Geschichtsforschung. Denn: Der Mensch im Hier und Jetzt will wissen woher er gekommen ist, will wissen wo seine Wurzeln sind. Daher ist die Beschäftigung mit der Heimatgeschichte für manche so wichtig, um den eigenen Standort in der Zeit zu finden und somit den Weg in die Zukunft hinein festlegen zu können.

In der Urkunde des ersten Burgfriedens von Wilenstein (1348) finden sich die Flurnamen Haselechterbrunnen und Hitzstein. Im Sonderheft der „Blätter zur Heimatgeschichte von Tripstadt und dem Wilensteiner Land“ schreibt Kurt Knebel über den Haselechterbrunnen: „...Wie Ernst Christmann meint, soll es sich um die Quelle handeln, die unterhalb des Köpfchens wo das Kaltenbornertal sich verengt entspringt, und heute keinen eigenen Namen hat. Ernst Bilfinger dagegen meint in dieser Bezeichnung den Moosbrunnen zu erkennen der am Nordrand des Hirschsprungs zwischen Weiherfelderhof und Mölschbach oberhalb des Mooswiesertals entspringt“.
Knebel selbst nennt keinen Standort des Brunnens sondern verweist auf seine Hinweise über den „Hitzstein“ im gleichen Heft: „…Der ehemalige, sogenannte Hitzstein ist nicht mehr vorhanden... Aus der alten Beschreibung eine genaue Deutung des Geländes herzuleiten ist nicht möglich. Ernst Bilfinger deutet den ehemaligen Hitzstein als ein Harbsbild römischer Legionäre im Haderwald, das aber schon zur Zeit Bilfingers im Steinbruch untergegangen ist.“
Bilfinger kann nur den alten Steinbruch „Bruchhalde“ oberhalb des Finsterbrunnertals meinen. In diesem Steinbruch wurden noch 1870 Steine gebrochen (Nachweis: Chronik von Schopp).
In der Urkunde des Wilensteiner Burgfriedens steht u.a.:

Wir Johann und Jakob Gebrüder von Flersheim bekennen und offentlichen mit dießem gegenwertigen Brief und thun Kund allen den die ihn...ansehen oder hören,lesen, daß wir gelobt und geschworen han zu den heiligen einen rechts Burgfrieden zu halten als recht und gewöhnlich ist Burgfrieden zu halten, mit unserem Junker Wyrich von Thun Herr zu dem Oberstein und seinen Erben zu Falklenstein uff Dornsberg und darum als verre als hier geschrieben steht, gerichte uff obwendig haßelechterbrunnen uff die Steig herab bis an das mittel weglein, in die herrechte bach und wieder uff die Leimgrube bei hinter Wilenstein uff dem Feld, von der Leimgrube bis an die Nabach bis zu dem alten Schafhof und mitten den Nabach in biß die Bach und von der Bach wieder uff die halbe, bis an deen rechten Tal an der seyte an der Slag und die Saltze wieder vor der Burg ob biß mitten an nicke das man heißt den hitzstein und von dem hitzstein unter durch die bach biß in den waldmanßthal uff bis uff den Koppel, da vor waldmanßthal wendet bis wieder uff die Steg vor haßelechter brune, der Burgfriede soll auch anderseits der falße für gemeinen Steinwurf von weihertal an dem nicke am hitzstein ohngepferd...“ (Auszug aus dem Wilensteiner Burgfrieden von 1348).

Johann und Jakob von Flörsheim schwören einen rechten Burgfrieden mit ihrem Junker Wirich III von Daun, Herrn zum Oberstein und seinen Erben zu Falkenstein, zu halten und beschreiben den Umkreis um die Burg in dem er gelten soll. Das Zusammenleben mehrerer Teilhaber auf einer Burg (wie auf Wilenstein) oder innerhalb einer eng miteinander verwachsenen Burgengruppe machte eine Rechtsordnung notwendig. Diese findet sich seit dem 13.Jahrhundert in dem Begriff des „Burgfriedens“. Meistens deckten sich Burgfrieden mit Besitz und Gemarkungsgrenzen. Der Burgfrieden war ein wichtiger Teil mittelalterlicher Burgenpolitik und diese war als Machtpolitik letztendlich Herrschaftspolitik. Von jeder Burg aus sollte Herrschaft durchgesetzt werden. Die Anlage einer Burg bedeutete Niederlassung einer Herrschaft oder Dynastie. Somit ist Burgenpolitik ein sehr wichtiges Element beim Entstehen der Staatlichkeit im Mittelalter gewesen. Die Träger dieser Burgenpolitik waren Könige, weltliche und geistige Fürsten, geistliche Orden, Vasallen und deren Dienstmannschaften. Im späteren Mittelalter konnte auch das städtische Bürgertum burgenpolitisch aktiv werden.
Wie weit reichte ein Burgfriedensbezirk? Das weiß man von den pfälzischen Burgen Wildenstein (1414), Gutenburg und Falkenburg (1379) dort war der Friedensbezirk durch Armbrustschussweite bestimmt.


Was das Bildnis (Habsbild) betrifft von dem Bilfinger spricht kann es natürlich möglich sein, dass sich ein solches einst in diesem Steinbruch befunden hat. Nur wenige Kilometer entfernt von dieser alten Bruchhalde ist die Heidelsburg (Waldfischbach) bei der sich das Bildnis eines römischen Försters (saltuaris) befindet. Ein solches oder etwas Ähnliches könnte sich auch in diesem Steinbruch befunden haben. Außerdem finden wir in einem Steinbruch bei Bad Dürkheim ebenfalls Inschriften aus römischer Zeit. Angesichts solcher Befunde drängt sich dem historisch denkenden Betrachter eine solche Annahme auf. Bei Johanniskreuz befindet sich eine Römerstraße und in der weiteren Umgebung wurden römische Funde gemacht so dass wir davon ausgehen können, dass dieses Gebiet von dem hier die Rede ist, die ihm zugewande historische Aufmerksamkeit verdient. Möglich, dass es sich bei dem sogenannten „Habsbild“ um ein römisches Feldzeichen gehandelt hat. Man muss auch bedenken, dass Bilfinger noch sehr stark mit der Volksüberlieferung arbeiten musste. Aber das Rätsel um den „Hitzstein“ ist vielleicht einfach zu lösen. Wahrscheinlich handelt es sich um einen der großen Felsen im weiteren Umfeld der Burg Wilenstein, nämlich einfach ein Stein der sich durch das Sonnenlicht erhitzt und der so gelegen ist, dass er zugleich auch eine Aussichtsplattform ist. Nicht immer müssen sich in Flurnamen historische Kuriositäten verbergen.
Der Haselechterbrunnen dürfte eindeutig identisch sein mit dem heutigen Haselbrunnen. In dem „neueren“ Namen hat sich die Erinnerung an den alten Flurnamen erhalten. Die Flurnamen zählen zu den Ortsnamen. Sie bezeichneten aber keine bewohnte, sondern eine in Wald und Flur liegende Örtlichkeit. Sie sind gebildet nach der Gestalt oder dem Zustand der Landschaft, in der die Flur liegt nach Tieren, Pflanzen (noch heute stehen beim Haselechterbrunnen Haselbäume) oder Felsen. Man muss zur richtigen Erklärung solcher Namen immer die älteste bekannte Form suchen, da sie in der Regel im Laufe der Zeit eine Veränderung erfahren.
Auch die Namen von Burgen und der Adelsgeschlechter die diese Gemäuer bewohnten, geht meist auf einen alten Flurnamen zurück. Beispiel hierfür sind die Burgen Beilstein, Falkenstein und Wilenstein die nach dem Fels benannt sind auf dem sie erbaut wurden. 

hukwa 



Literaturhinweise u. Verzeichnis:
H. M. Maurer: Rechtsverhältnisse der Hochmittelalterlichen Adelsburg.Signaringen 1976.
H. Ebner: Die Burg als Forschungsproblem mittelalterlicher Verfasssungsgeschichte.
E. Schrader: Das Befestigungsrecht in Deutschland von den Anfängen bis zu Beginn des 14.Jh.
V.Henn: Das Öffnungsrecht bei Burgen, seine Anfänge und seine Entwicklung in den Territorien
des 13. u. 16.Jh. Thübingen 1965
K. Knebel: Trippstadter Flurnamen. Sonderheft – Blätter zur Heimatgeschichte Trippstadt.
H. Friedel: Chronik der Gemeinde Schopp.
Aus dem Flurnamenarchiv von
Hans Wagner. Kopie - Urkunde des Wilensteiner Burgfriedens 1348
Ernst Bilfinger: Das Holzland.
Ernst Bilfinger: Johanniskreuz- eine Ortsgeschichte.
Grimm: Rechtsaltertümer.






Sonntag, 21. Oktober 2018

Am besten wenn er weint... oder als Ritter Reyner von Hohenecken seine Leibeigene verkaufte.

rustica gens est optima flens, sed pessima gaudens“ 
Foto - Burg Hohenecken©UteKW
 

Im Breidenborner Kopialbuch das Aufzeichnungen aus der Zeit von 1288 bis 1430 enthält finden sich folgende Niederschriften:

Ritter Reyner von Hohenecken und seine Frau Demud bekunden, das sie ihren Leibeigenen (arman) Peter von Ransweiler für 8 Pfund Heller Philipp von Breitenborn verpfändet haben. Falls die Aussteller den Leibeigenen wieder einlösen, sollen sie erst nach Monatsfrist in ihre Rechte eintreten.
Siegler: Aussteller.
Datum: 1383 feria quarta proxima post dominicam Reminiscere.

Rittter Reinhart von Hohenecken verkauft dem Edelknecht Philips von Breidenborn und Ecke von Kaiserslautern seinen Leibeigenen (armen manne) Huck Scheffer von Breitenau mit Frau und Kindern, die ihm bei der Erbteilung mit seinem Bruder Beymond zugefallen sind, und behält sich allein für seine Person den Wiederkauf mit 10 rheinischen Gulden vor.
Siegler: Aussteller.
Datum: 1387 die nonas Junni.

Ritter Sifrid von Wildenstein tauscht mit Demude von Breidenborn seinen Leibeigenen (der mir zugehörig) Hans Franck gegen deren Leibeigene Katherine, Tochter des verstorbenen Huge Schefer von Neukirchen.
Siegler: Aussteller.
Datum: uff den dinstag vor unser frauwen dag keritzewyhe 1393.

Solche Aufzeichnungen fern jeglicher mittelalterlicher Romantik zeigen uns ein realistisches Bild vom „Glanz und Elend“ (Ferdinand Seibt) des Mittelalters. Denn das Mittelalter war letztendlich nichts anderes als die Geschichte von Mangel, Elend, Krankheit und Hunger.
Der Adel repräsentierte, vor allem in der ländlichen Welt, die öffentliche Autorität. In fast allen Teilen Europas stellte der örtliche Grundherr oder ein von ihm beauftragter Vertreter für die in seinem Herrschaftsbezirk lebenden Menschen praktisch die Regierungsgewalt vor.
Bestimmt haben die Leibeigenen geweint wenn sie oder ihre Kinder verkauft wurden doch ihre Herrschaft hat dies nicht gestört.

Rustica gens est optima flens, sed pessima gaudens“ (Der Bauer ist am besten,wenn er weint, und am schlechtesten wenn er lacht), war ein geflügeltes Wort des Mittelalters. Der Leibeigene galt als ein Untermensch, als ein eher dem Tierreich als der Menschheit zuzurechnendes Lebewesen oder, wie ein bayerischer Beamter es noch 1737 ausdrückte, als Kreuzung zwischen Tier und Mensch.
Die Ursprünge der Leibeigenschaft lassen bis in die unruhigen Zeiten der Spätphase des römischen Reiches zurückverfolgen, als kleine, freie Pachtbauern sich unter den Schutz mächtigerer Herren stellten und Sklaven durch die Ausstattung mit Parzellen zu hörigen Bauern wurden. Die Wirren der darauffolgenden Jahrhhunderte stärkten die Herrschaft der adligen Herren, immer mehr Bauern wurden als Unfreie eingestuft und bis zum 10. Jahrhundert waren die meisten Bauern Hörige geworden.

Der Philosoph und Historiker Christoph Helferich bezeichnete in seiner „Geschichte der Philosophie“ das Mittelalter als „barbarische Übergangszeit“ und der englische Historiker Toynbee sprach über diese Epoche von einer Zeit „tiefen Schlafs“.
Das heute oft unrealistische Bild des Mittelalters hat nie existiert. Mittelalter Romantik beruht auf dem rückwärtsgewanten Weltbild der deutschen Romantik. Wenn Novalis schrieb: „Es waren schöne glänzende Zeiten, wo Europa ein christliches Land war, wo Eine Christenheit diesen menschlich gestalteten Weltteil bewohnte,“ ist dies eine absolut falsche Wiedergabe dieser dunklen Epoche. Vor allem die falsche Auslegung der christlichen Lehre durch die Herrschenden und den Klerus trug zu den Unmenschlichkeiten bei. Die Kirche lehrte das die Innerlichkeit die Wesensbestimmung des Menschen sei was bedeutet dass der Mensch sich von allen äußerlichen abkehren soll um wahrhaft Mensch zu sein. Die Folge einer solchen Einstellung muss Verhängnisvoll sein, denn das Bewusstsein das der Mensch für die Gestaltung der Welt verantwortlich ist kommt gar nicht erst auf und die Welt „schläft“ weiter.
Ein freies Personenbewusstsein wie wir es heute kennen gab es damals nicht, daraus ergibt sich für den mittelalterlichen Menschen der ständige Zwiespalt zwischen Glauben und Realität. Und dieser Zwiespalt beherrscht das ganze Mittelalter.
Geschichte und Geschehen sind durch drei Konstanten in der Geschichtsforschung festgelegt:
durch den Ort, durch die Zeit und durch den Menschen. Den der Mensch ist in seine Epoche hineingeboren und ob er will oder nicht – er muss sich mit dieser Zeit auseinandersetzen!
Papst Innozenz III. (1198 – 1216) schrieb in seinem Werk „Über das Elend menschlichen Daseins“... „Wer gibt meinen Augen den Tränenquell, dass ich beweine den bejammenswerten Eintritt in die Bedingungen menschlichen Daseins, beweine das schuldhafte Fortschreiten menschlichen Lebens, beweine das verdammenswerte Ende menschlicher Vernichtung?“
Er beschreibt die Stufen von Geburt, Leben und Tod wie man im Mittelalter wohl darüber dachte:
Geschaffen ist der Mensch aus Staub, aus Lehm, aus Asche, und was nichtswürdiger ist: aus ekeleregendem Samen. Empfangen ist er in der Geilheit des Fleisches, in der Glut der Wollust, und was noch niedriger ist: im Sumpf der Sünde. Geboren ist er für die Furcht, für den Schmerz, und was noch elender ist: für den Tod“.
Eine starke Trostlosigkeit geht von dem Traktat Innozenz III aus doch es gibt noch einige Texte aus dieser Zeit in der die damalige Welt als „Jammertal“ beschrieben wird.
Im Mittelalter war die Zahl der Menschen die keine Rechte besaßen, wie Leibeigene und Unfreie, sehr hoch gewesen. Da sie Rechtlos waren wohnten sie in der Regel auf dem Hof des Grundherrn, sie durften das Gebiet ihrer Herrschaft nicht verlassen, wenn sie eine Ehe eingehen wollten mussten sie bei ihrem Herrn die Erlaubnis einholen.
Die der Leibherrschaft unterworfenen Leibeigenen waren zusätzlich zur Leistung von Leibzins verpflichtet. In den Augen seiner Herrschaft war der Leibeigene keine Person, sondern eine Sache, ein Teil der beweglichen Habe seines Besitzers.
Tausend Jahe lang stellten Leibeigenschaft und das Fehlen persönlicher Freiheit die Daseinsbedingungen der Mehrzahl der europäischen Landbewohner dar. Sie gehörtem jenem gesellschaftlichen Stand an, der als Bauernschaft bekannt ist. Durch den Zufall der Geburt dieser niedrigsten Schicht zugehörig, waren sie von Rechten, Privilegien und Freiheiten ausgeschlossen, die den anderen Ständen zukammen. Sie waren dazu verurteilt, in Abhängigkeit von denen zu leben, die im sozialen Gefüge über ihnen standen, ihnen zu gehorchen, ihnen Abgabe und Dienste in Form von barer Münze, Naturalien und Arbeitskraft zu leisten.
Erst im 18.Jahrhundert als der „Altweibersommer des europäischen Adels“ begann kam auch das Ende der Leibeigenschaft.
Foto Burg Hohenencken©UteKW


hukwa







Literaturhinweise:
Rössler: Sachwörterbuch zur Deutschen Geschichte.
Breidenborner Kopialbuch 1288 – 1430.
Ferdinand Seibt: Glanz und Elend des Mittelaters – eine endliche Geschichte.
Theodor Schieder: Handbuch der europäischen Geschichte.
Wilhelm Volkert: Adel bis Zunft – Lexikon des Mittelalters.
Papst Innozenz III: Über das Elend menschlichen Daseins.

Signatur der Lüfte

Kraniche ziehen wieder über das Dorf 
am Abend aus dem Schlehengebüsch 
die Herbstmelodie des Rotkehlchens. 
hukwa  

Bald naht der November und die Kraniche ziehen wieder übers Dorf. Das ist für mich jedes Jahr ein sehr stimmungsvolles Ereignis. Mit diesen Zugvögeln fliegt der Winter mit. Schön das sie noch fliegen die mythischen Kraniche.
Der Artenverlust auf unserer Erde hat in den letzten 40 Jahren so rasant und tödlich massiv stattgefunden wie selten in der Geschichte unseres Planeten. Doch die Kraniche ziehen noch auf ihren uralten luftigen Heerstrassen. Für mich strahlen sie etwas irdisches und kosmisches zugleich aus. Nach vielen Jahren der Beobachtung habe ich sogar gelernt ein wenig in ihrem Flug zu lesen. In dieser Signatur der Lüfte, die sie für Momente hinterlassen.
hukwa

Mittwoch, 17. Oktober 2018

Haiku

Der alte Weidepfosten weist
vom Herbstreif vereist
in den Winter.
hukwa

Samstag, 6. Oktober 2018

Die geheimnisvolle Welt der Pilze

Pilze sind faszinierende Wesen und weil sie so ganz anders sind als alle anderen Lebewesen um uns herum, wurden sie lange Zeit ins Reich der Hexen, Teufel und Geister verbannt. Ihre volkskundlichen Namen geben uns zum Teil noch eine Ahnung davon: Teufelspilz, Hexenpilz, Satanspilz, Eselsohr, Fliegenpilz usw.

Wenn es im Herbst nicht zu kalt ist und es dazu noch einige Tage geregnet hat, "schießen" die Pilze regelrecht aus dem Boden. Ihr erstaunlich schneller Wuchs bewirkt, dass die Menschen sie von alters her als rätselhafte Verbindung zwischen der gewohnten Welt und der Welt der Naturgeister ansahen. Eine Welt, die von wunderbaren und seltsamen Wesen bewohnt war. Pilze umgibt die Aura des Geheimnisvollen. Sie sehen so ganz anders aus als die anderen Organismen, die wir in der Natur vorfinden. Sie haben meist eigenartige Formen und auffallende Farben. Dadurch brachte man sie eher mit der Welt der Gnome und Zwerge in Verbindung als mit der uns umgebenden Wirklichkeit. So ist es auch kein Wunder, dass die Pilze seit ältesten Zeiten in Verdacht stehen Werkzeuge von Hexen und Zauberern zu sein.
Besonders Hexenringe waren für die Menschen sehr faszinierend. Man dachte, es wären Hinweise auf dunkle, teuflische Aktivitäten. Manche glaubten, dass die Pilze in dem seltsamen Kreis die Spuren eines nächtlichen Tanzes beim Hexensabbat seien. Andere wiederum dachten, der Ring bezeichne den Platz, wo ein Blitz in die Erde gefahren sei, dabei habe er elektrische Energien entwickelt die sich sternförmig ausbreiten. Hexenringe wurden dem Aberglauben nach auch durch unterirdische Dämpfe gebildet die geheimnisvollerweise als ringförmiger Rauch auf die Erde kamen.

Zu einer Zeit in der man noch an die Existenz von Elfen, Geistern und Hexen glaubte, entstanden die Bezeichnungen "Hexenring" und "Elfenhof". Im fahlen Licht des Mondes tanzten Feen und Elfen auf einer kreisrunden Tanzfläche und ruhten sich auf kleinen Pilzen aus. In seinem Stück „Der Sturm“ deutet William Shakespeare dies an:

Pilzfotos©UteKW

"... halbe Zwerge die ihr
Bei Mondschein grüne saure Ringlein macht,
Wovon das Schaf nicht frisst; die ihr zur Kurzweil
die nächtgen Pilze macht; die ihr am Klang
der Abendglock euch freut;..."




Redet der Wissenschaftler von Pilzen, so spricht er stets von Myzelien, denn das was der Mensch normalerweise zu Gesicht bekommt und als "Pilz" bezeichnet, ist nicht der eigentliche Pilz, sondern nur dessen Fruchtkörper!
Der eigentliche Pilz befindet sich unter der Erde, oder bei Baumpilzen im Holz. Die Myzelien sind feine Härchen die sich weit im Boden ausbreiten und eine beachtliche Größe erreichen können. Ein Quadratkilometer ist hier keine Seltenheit!
Der größte lebende Organismus ist ein Hallimasch in Michigan/USA der vor einigen Jahren entdeckt wurde. Er ist über 9 Quadratkilometer groß!



Auch in der Medizin spielen Pilze eine wichtige Rolle. Die positive Wirkung vor allem asiatischer Heilpilze auf das Immunsystem ist inzwischen unbestritten. Und ohne Penicillin wäre die moderne Medizin undenkbar. Der berüchtigte Fliegenpilz wird seit vielen Jahren in der Homöopathie als Arzneimittel angewandt. Der sensationelle Fund der 5300 Jahre alten Gletschermumie „Ötzi“ zeigt, dass Pilze schon bei unseren vorindogermanischen Ahnen eine arzneiliche Rolle gespielt haben. Ötzi hatte zwei getrocknete Pilze aus der Gruppe der Porlinge, auf eine Schnur gezogen, bei sich. Die Pilze sind wahrscheinlich als Birkenporling oder als Lärchenporling zu bestimmen und man weiß inzwischen, dass diese nicht als „Zunderschwämme“ verwendet wurden, sondern einen medizinischen Zweck hatten. Auch in Deutschland wird der Ausdruck Mykotherapie immer bekannter.
Sinngemäß bedeutet Mykotherapie Heilbehandlung mit Pilzen und pilzlichen Substanzen und ist von Phytotherapie, der Heilbehandlung mit Pflanzen abgeleitet. So konnte mittels Studien nachgewiesen werden, dass manche Pilze das Immunsystem stärken und regulieren. Ein gut funktionierendes Immunsystem ist der Schlüssel zur Gesundheit. Denn nur wenn die Abwehr funktioniert, bleibt bzw. wird der Mensch gesund. Das Immunsystem ist teilweise im Darm lokalisiert. Hier stärken Pilze die gesunde Darmflora, fördern die Verdauung, entgiften und bewahren das natürliche Gleichgewicht an Mikroorganismen.
Pilze bieten eine ungewöhnliche Vielfalt an Heilwirkungen. In der asiatischen Medizin werden sie seit Jahrtausenden angewandt. Aber auch in den Kräuterbüchern der Antike tauchen sie auf, so bei Dioskurides und Plinius. Auch Hieronymus Boch erwähnte Pilze in seinen Heilbüchern. So die Stinkmorchel, den echten Zunderschwamm, den Hallimasch und das Judasohr. Wissenschaftler testeten 1975 den Schopftintling. Dabei stellten sie fest, dass schon eine kleine Menge des Pilzes zu erheblichen Senkung des Blutzuckerspiegels führte. Ein handelsübliches Antidiobetikum, das als Kontrollsubstanz verwendet wurde, wirkte nur geringfügig stärker als der Schopftintling. Der Glänzende Lackporling, wird in der Krebstherapie eingesetzt. In letzter Zeit ist in Deutschland der Austernseitling als Heilpilz bekannt geworden.
Die medizinische Verordnung von Pilzen oder pilzlichen Substanzen gehört aber auf jeden Fall in die Hände eines Arztes! Selbstmedikationen können hier fatale Auswirkungen haben, bei Giftpilzen sogar tödlich sein!

Wegen ihres geringen Kaloriengehalts und den enthaltenen Vitaminen und Ballaststoffen sind die Speisepilze auch ein wertvolles Nahrungsmittel.
Man sollte sich beim Sammeln von Pilzen aber immer einer pilzkundigen Führung anschließen, da auch bei den gängigen Speisepilzen große Verwechslungsgefahr durch Giftpilze möglich ist!
hukwa

Mittwoch, 26. September 2018

Der Weg ist das Ziel - Kleine Philosophie des Wanderns

Wer beim Wandern glückliche Tage verlebt hat, möchte gern etwas mitnehmen, das ihn immer wieder an die schönen Wandertage erinnert. Nun lebt zwar eine ganze Souvenirindustrie von diesem "menschlich – allzumenschlichem " Bedürfnis des in der Natur unterwegs zu sein, was wir letztendlich aber wirklich mitnehmen ist die Erinnerung.
Der Weg ist das Ziel, sagte der weise Konfuzius und meinte damit was uns von einer Wanderung in der Erinnerung haften bleibt ist nicht unbedingt das angestrebte Wanderziel, sondern sind jene kleinen Offenbarungen die uns am Wegrand begegnen.
Ambulator nascitur, non fit – Wanderer kann man nicht werden man ist es durch Geburt, schrieb Henry David Thoreau. Er musste es wissen, war doch seine größte Leidenschaft das Wandern. Wer in den Pfälzerwald zum Wandern kommt wird bald das Geheimnis dieser Leidenschaft in sich spüren. "Was ich nicht erlernt habe, das habe ich erwandert", schrieb Johann Wolfgang von Goethe. "Wandern ist eine Tätigkeit der Beine und ein Zustand der Seele", meinte einmal Josef Hofmiller und sprach damit etwas aus was wohl viele von uns schon einmal in sich verspürt haben. Der Streifzug durch die Natur als Lebensmodell beschreiben auch Aaron Sussman und Ruth Goode in ihrem Buch "The Magic of Walking":
"Laufen ist eines der ersten Dinge die ein Kind tun möchte und eines der Dinge, die man am schwersten aufgeben will. Laufen ist eine Bewegung die keine Turnhalle braucht. Es ist ein medizinisches Rezept ohne Medikament, es ist eine Gewichtskontrolle ohne Diät und eine Kosmetik, die man nicht chemisch beschreiben kann. Es ist ein Schlafmittel ohne Tabletten, eine Psychotherapie ohne Analyse und ein Ferientag der fast nichts kostet. Außerdem trägt Wandern nicht zur Umweltverschmutzung bei, verbraucht fast keine Rohstoffe und ist hocheffektiv. Wandern ist bequem, es braucht meist keine besondere Ausrüstung. Es reguliert sich von selbst und ist kaum verletzungsträchtig... Laufen ist so natürlich wie Atmen."
Man sollte hier noch hinzufügen, Laufen ist Meditation, was die alten griechischen Philosophen schon sehr früh erkannten und jene wie die Epikureer, die nun nicht gerade die leidenschaftlichsten Läufer waren, pflanzten sich Bäume in ihre Gärten und unternahmen dort subdiales ambulationes wie Plinius diese beschrieb: Spaziergänge unter freiem Himmel. "Bei meinen Nachmittagsspaziergängen möchte ich meine morgendlichen Beschäftigungen und meine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft vergessen", meinte Thoreau einmal und wir geben ihm gerne recht. Wenn wir im Freien unterwegs sind werden auch unsere Gedanken freier und philosophischer und viele Kleinkariertheiten fallen von uns ab. Wenn wir Wandern sind unsere Gedanken intensiver bei der uns umgebenden Natur. Felsen, Blumen und Bäume nehmen wir mit einem mal besonders bewusst wahr, wohl deshalb schrieb Hermann Hesse in seinen " Wanderungen": "Wandersehnsucht reißt mir am Herzen, wenn ich Bäume höre, die Abends im Wind rauschen. Hört man still und lange zu, so zeigt auch die Wandersehnsucht ihren Kern und Sinn."
Wandern ist etwas Ganzheitliches, es ist Natursport sollte aber nicht in Hochleistungssport ausarten. Wer aus Freude am Erleben unterwegs ist, will mehr als sich erschöpfen, er will anderes, er will sich an der ihn umgebenden Natur erbauen.
 
Fotos©UteKW




hukwa

Freitag, 21. September 2018

Freitag, 7. September 2018

Tag des offenen Denkmals - 09. September 2018

Um 10.00 und um 14.00 Uhr Schmiedevorführungen in der hist. Schmiede Huber/Trippstadt/Hauptstraße 26, direkt an der Tourist Info/Eisenhüttenmuseum. Das Eisenhüttenmuseum ist ebenfalls geöffnet!



Die Heideschmiede


Woher habt ihr das Wissen?“

Von den Alben, den Elben, den Kelten!“ sagte Wielands Lehrmeister. „Sie haben uns die Geheimnisse weitergegeben. Sie sind die, die auf den Heiden der abgeholzten Waldflächen ihr Eisen bearbeitet haben und deshalb nennt man sie auch Heiden. Sie haben die Natur beobachtet und sehen, was die Natur mit ihren Schätzen macht. Sie haben die Natur genommen und sie sorgsam eingesetzt, um ihr noch bessere Schätze abzuverlangen.“
Aus: Wieland der Schmied.

Menschen des Mittelalters kommen aus einer sehr fernen Zeit zu uns. Zwar können wir die geschichte ihrer Wirkung bis in unsere Zeit verfolgen, doch die Person bleibt uns eher verborgen. Nur wenig Gesichertes ist über das Dasein der Menschen des frühen Mittelalters bekannt und man muss es mühevoll aus spärlichen Überlieferungen, alten Urkunden und Weistümern erschließen.
Als der englische Benediktiner Thomas Marleberge in den 1220er Jahren die lateinische Chronik seines Klosters Evesham schrieb, stellte er ihr eine Legende des Klostergründers voran, des 717 gestorbenen Bischofs Egwin von Worcester. Thomas verwendete dabei eine Schriftfassung von etwa 1125, deren mündliches Vorbild aus dem 10. Jahrhundert stammt. Diese alte Überlieferung aus dem 7. Jahrhundert ist eine der ältesten schriftlichen Belege in der über sogenannte Heideschmieden berichtet wird. Auch in den alten Flurnamen und Waldortnamen begegnet uns das Wort Heideschmiede heute noch.
Was ist eine Heidenschmiede?
Die alten Heiden- und Waldschmieden befanden sich bis ins 8. Jahrhundert hinein meist in abgelegenen Waldgebieten und fern menschlicher Siedlungen denn solch eine Schmiede benötigte im Frühmittelalter noch wenig Wasserkraft. Was sie vor allem brauchten war Holz für Holzkohle herzustellen. Und der Bedarf an Holz war gewaltig und schon nach wenigen Jahren der Arbeit war ein Wald abgeholzt. Das Erz das für die Eisenschmelze benötigt wurde schürfte man in der Regel an Ort und Stelle im Übertagebau (Raseneisenerz) und ging nur wenige Meter tief unter die Erde. Man brachte in diesen Zeiten das Roherz nicht an weit entferne Orte zur Verhüttung. Diese Heiden- und Waldschmelzhütten arbeiteten mit dem Rennfeuer das schon seit der Antike genutzt wurde. In einer Grube oder einem täglich neu entzündeten Ofen wurde das Erz, mit Holzkohle vermischt, erhitzt und ausgeschmolzen. Der teigige Eisenblock wurde am Ort ausgeschmiedet und verschweißt. Diese Arbeit war Gruppenarbeit. Köhler, Eisenscheider (Leute die am Ofen arbeiteten) und Schmiede arbeiteten Hand in Hand. War der Erzvorrat erschöpft oder die zur Verfügung stehenden Bäume abgeholzt zogen sie weiter. Eine Standortgebundene Tätigkeit für den Schmied war nur möglich, wenn vor Ort hinreichende Rohstoffe zur Verfügung standen und wenn genügend Nachfrage für die Erzeugnisse vorhanden war z.B. an Königshöfen oder größeren Ortschaften. Daher war der Schmied des Frühmittelalters in der Regel ein Wanderhandwerker der seine Dienste je nach Bedarf anbot.
Im 12. Jahrhundert wandelte sich die Einstellung zum Eisen langsam. Man begann intensiv nach Erzvorkommen zu suchen. Auch die technische Ausrüstung verbesserte sich. Erzabbau unter Tage, Neuerungen im Schmelzverfahren, Nutzung der Wasserkraft für Blasebalg und Großhammer kamen auf. So das der Franziskaner Mönch Bartholomaeus Anglicus um 1240 schreiben konnte: In mehrerlei Hinsicht ist Eisen für den Menschen nützlicher als Gold, obwohl habsüchtige Menschen Gold lieber haben. Denn ohne Eisen kann der Staat nicht sicher leben. Ohne Furcht vor Eisen ist man vor Feinden nicht sicher. Mit Eisen wird das gemeine Recht geübt, die Unschuld geschützt, die Frechheit der Bösewichter gezähmt. Ohne Eisen kommt fast kein Handwerk aus, kann kein Haus gebaut, kein Feld bestellt werden.“
hukwa

Montag, 6. August 2018

Geschichte ist eine Ortsbestimmung
der menschlichen Existenz.
hukwa