Lochstein bei Trippstadt - Foto©Hans Wagner |
Näpfchensteine,
Schalensteine und Wetzrillensteine trifft man öfters im Pfälzerwald
an. Dabei kann man zwei Arten von Steinen unterscheiden: Von der
Natur ausgehölte Steine, die durch Witterungseinflüsse entstanden
sind und Steine die durch Menschenhand „ausgehöhlt“ und
„ausgescharbt“ wurden. Letztere sind durch Pecken mit einem
härteren Schlagstein oder auch durch Schaben und Bohren mit einem
zugespitzten Stein unter der verwendung eines Andrücksteins
entstanden. Die Näpfchen und Schalensteine die ich im Landkreis
Kaiserslautern vorfand sind alle aus Buntsandstein und wurden
wahrscheinlich mit einer härteren Steinart (Erzgestein?), die als
Arbeitsgerät wie beschrieben, ausgehöhlt. Diese Steine wurden wohl
aus rituellen Gründen bearbeitet der geistige Inhalt eines solchen
Kultes aus der Frühgeschichte bleibt uns im Ganzen allerdings
verborgen und wir sind auf Vergleiche aus dem gesamten europäischen
Raum angewiesen. Meist finden sich solche Steine in der Nähe von
alten Wegen die schon früh begangen wurden dort an einzeln stehenden
Findlingen oder Felsrücken. Einen ausdrucksvollen Schalenstein fand
ich in der Vermauerung einer alten Scheune in Trippstadt die im 18.
Jahrhundert erbaut wurde, möglich wäre das der Stein in einem
Waldstück abgetragen wurde wo sich eine uralte Opferstätte befand.
Knochenfund beim Näpfchenstein - Foto©Hans Wagner |
Europaweit
finden sich Näpfchensteine auch vor Felsbildern und
Felsritzzeichnungen offenbar ist vor diesen Urzeitbildern einst
geopfert worden. Die meisten dieser Felsen tragen Vertiefungen
(Näpfchen), kleine Gruben, deren Austiefungen wohl mit den
Felszeichnungen gleichzeitig war. Wohl hat sich die Sitte solche
Steine mit Vertiefungen mit den Megalithgräbern verbreitet und sie
hängen mit einem Todenopfer zusammen. Dieses Ritual könnnte sich
weiter zu einem Fruchtbarkeitsritual entwickelt haben. Wohl wurden
Speiseopfer, Fett, Bier und Blut in den Näpfen dargebracht. Einige
dieser Steine fand ich in der Feldmark hier dienten sie wohl dazu den
Göttern ein Opfer zu bringen so dass eine gute Ernte gibt. Das
Bohren in solchen Steinen wird in der homöopathisch-imitativen Magie
mit dem Geschlechtsakt gleichgesetzt, ist also ein
Fruchtbarkeitsritual.
Vor allem im
Mittelalter wurden am Gemäuer von Kirchen Näpfchen ausgehöhlt das
Steinmehl wurde mit Wein oder Bier vermischt und bei Krankheiten
getrunken. Bei den Kirchen waren es vor allem sogenannte Wetzrillen
die angebracht wurden.
Einen solchen
Wetzrillenstein entdeckte ich vor vier Jahren in der Nähe eines
Menhirs. Auch bei verschiedenen Menhiren wurden Näpfchen und
Wetzrillen vorgefunden.
Beim Ausgraben
eines Wetzrillensteins fand ich Scherben und Knochen, hier handelt es
sich um eine rituelles Opfer. Haustieropfer sollten wohl den
Haustierbestand sichern. Man opferte die Knochen während die
Fleischteile beim Kultmahl verspeist wurden.
Menhire und
Opfersteine wurden während der Christianisierung oft vergraben.
Auf mehreren
Konzilien wurde der Steinkult verdammt. Synodalbeschlüsse wie
beispielweise die von Arles (452), Tours (567), Nantes (658) und
Mainz (743) warnten vor der Sünde, den Steinen zu opfern. Bei
Nichtbefolgung wurde mit Exkomunizierung gedroht. Auf dem Konzil von
Nantes erfolgte die Weisung, diese heidnischen Steine zu vergraben:
„Steine, die sie in Ruinenstädten und Wäldern, von
teuflichen Blendwerk getäuscht, verehren,wo sie gelübde ablegen und
einlösen, soll man gänzlich ausgraben und wegschaffen an einen Ort,
wo sie nie mehr von ihren Anhängern verehrt werden können“.
Wetzrillenstein gefunden in der Feldmark in Trippstadt - Foto©Hans Wagner |
Wie die
Menhire wurden auch die Wetzrillensteine und Näpfchensteine oft in
Kirchen aber auch in profanen Bauten als Bausteine verwendet. Mit
größter wahrscheinlichkeit dienten diese Kultsteine religiösen
Zwecken. Der Stein stand als Bindeglied zwischen Dieseits und dem
Jenseits.
In seinem
monumentalen Werk über die Sitten und den Glauben der Völker „der
Goldene Zweig“, schreibt Frazer über einen Steinkult bei den alten
Griechen: „Sie kannten auch einen Milchstein, der in den Frauen
eine reichliche Menge Milch erzeugte, wenn sie ihn in Honigmet
aufgelöst tranken. Milchsteine werden heute noch von griechischen
Frauen auf Areta und Melos zu demselben Zweck gebraucht. In Albanien
tragen stillende Mütter diese Steine, um eine starke
Milchabsonderung zu erzielen. Die Griechen glaubten von einem anderen
Stein, dass er Schlangenbisse heile, und nannnten ihn den
Schlangenstein. Um seine Wirkung zu erproben, brauchte man ihn nur zu
Pulver zu mahlen und dieses auf die Wunden zu streuen.
Anscheinend
war also nicht nur die Herstellung von Näpfchen ein Ritual sondern
das abfallende Gesteinsmehl wurde in einem weiteren Ritual verwendet.
Es handelt sich hier also um einen alten heidnischen Brauch, der sich
über die Christianisierung hinübergerettet hat und bis ins
Mittelalter auch in unserer Gegend weiter gepflegt worden ist. Dies
beweisen die Wetzrillen an einigen Steinen bei Kirchenbauten so unter
anderem in Weilerbach.
Jakob
Grimm hat in seinen Ausführungen über den Aberglauben festgestellt,
dass „er dass Leben unserer Voreltern nicht allein mit
Furcht, sondern auch mit Trost“
erfüllt hat. In seiner „Deutschen Mythologie schreibt er: „Unter
Aberglauben ist nicht der gesamte Inhalt des heidnischen Glaubens zu
verstehen, sondern die Beibehaltung einzelner heidnischer Gebräuche
und Meinungen. Der bekehrte Christ verwarf und verabscheute die
Götter der Heiden. In seinem Herzen blieben aber noch Vorstellungen
und Gewohnheiten haften, die ohne offenen Bezug auf die alte Lehre
der neuen nicht unmittelbar zu widersprechen schienen. Da, wo das
Christentum eine leere Stelle gelassen hatte, wo sein Geist die
roheren Gemüter nicht sogleich durchdringen konnte, wucherte der
Aberglaube oder Überglaube. Niederdeutsch sagt man Biglove,
Beiglaube“.
Auch
Carl Gustav Jung hat sich hat sich sehr nachhaltig über den
Naturglauben und dessen positive Wirkungen ausgesprochen: „In
dem Maße wie unser wissenschaftliches Verständnis zugenommen hat,
ist unsere Welt entmenschlicht worden. Der Mensch fühlt sich im
Kosmos isoliert, weil er nicht mehr mit der Natur verbunden ist und
seine emotionale unbewusste Identität mit natürlichen Erscheinungen
verloren hat. Diese haben allmählich ihren symbolischen Gehalt
eingebüßt. Der Donner ist nicht mehr die Stimme eines zornigen
Gottes und der Blitz nicht mehr sein strafendes Wurfgeschoß. In
keinem Fluss wohnt mehr ein Geist, kein Baum ist das Lebensprinzip
eines Mannes, keine Schlange die Verkörperung der weisheit, keine
Gebirgshöhle die Wohnung eines großen Dämons. Es sprechen keine
Stimmen mehr aus Steinen, Pflanzen und Tieren zu Menschen, und er
selbst redet nicht mehr zu ihnen in dem Glauben, sie verständen ihn.
Sein Kontakt mit der Natur ist verlorengegangen und damit auch die
starke emotionale Energie, die diese symbolische Verbindung bewirkt
hatte“.
hukwa
Lit.Hinweise:
Hans Wagner:
Die Waldaxt.
Hans Wagner:
Stand in Trippstadt einmal ein Menhir?
Herbert Kühne:
Die Felsbilder Europas.
Wolfgang Bauer:
Das ganz Andere im Stein.
James Frazer:
der Goldene Zweig.
Jakob Grimm:
Deutsche Mythologie.
C.G.Jung:
Gesammelte Werke.
Albertus
Magnus: Von den Tugenden der Kräuter und Steinen.