Samstag, 6. Oktober 2018

Die geheimnisvolle Welt der Pilze

Pilze sind faszinierende Wesen und weil sie so ganz anders sind als alle anderen Lebewesen um uns herum, wurden sie lange Zeit ins Reich der Hexen, Teufel und Geister verbannt. Ihre volkskundlichen Namen geben uns zum Teil noch eine Ahnung davon: Teufelspilz, Hexenpilz, Satanspilz, Eselsohr, Fliegenpilz usw.

Wenn es im Herbst nicht zu kalt ist und es dazu noch einige Tage geregnet hat, "schießen" die Pilze regelrecht aus dem Boden. Ihr erstaunlich schneller Wuchs bewirkt, dass die Menschen sie von alters her als rätselhafte Verbindung zwischen der gewohnten Welt und der Welt der Naturgeister ansahen. Eine Welt, die von wunderbaren und seltsamen Wesen bewohnt war. Pilze umgibt die Aura des Geheimnisvollen. Sie sehen so ganz anders aus als die anderen Organismen, die wir in der Natur vorfinden. Sie haben meist eigenartige Formen und auffallende Farben. Dadurch brachte man sie eher mit der Welt der Gnome und Zwerge in Verbindung als mit der uns umgebenden Wirklichkeit. So ist es auch kein Wunder, dass die Pilze seit ältesten Zeiten in Verdacht stehen Werkzeuge von Hexen und Zauberern zu sein.
Besonders Hexenringe waren für die Menschen sehr faszinierend. Man dachte, es wären Hinweise auf dunkle, teuflische Aktivitäten. Manche glaubten, dass die Pilze in dem seltsamen Kreis die Spuren eines nächtlichen Tanzes beim Hexensabbat seien. Andere wiederum dachten, der Ring bezeichne den Platz, wo ein Blitz in die Erde gefahren sei, dabei habe er elektrische Energien entwickelt die sich sternförmig ausbreiten. Hexenringe wurden dem Aberglauben nach auch durch unterirdische Dämpfe gebildet die geheimnisvollerweise als ringförmiger Rauch auf die Erde kamen.

Zu einer Zeit in der man noch an die Existenz von Elfen, Geistern und Hexen glaubte, entstanden die Bezeichnungen "Hexenring" und "Elfenhof". Im fahlen Licht des Mondes tanzten Feen und Elfen auf einer kreisrunden Tanzfläche und ruhten sich auf kleinen Pilzen aus. In seinem Stück „Der Sturm“ deutet William Shakespeare dies an:

Pilzfotos©UteKW

"... halbe Zwerge die ihr
Bei Mondschein grüne saure Ringlein macht,
Wovon das Schaf nicht frisst; die ihr zur Kurzweil
die nächtgen Pilze macht; die ihr am Klang
der Abendglock euch freut;..."




Redet der Wissenschaftler von Pilzen, so spricht er stets von Myzelien, denn das was der Mensch normalerweise zu Gesicht bekommt und als "Pilz" bezeichnet, ist nicht der eigentliche Pilz, sondern nur dessen Fruchtkörper!
Der eigentliche Pilz befindet sich unter der Erde, oder bei Baumpilzen im Holz. Die Myzelien sind feine Härchen die sich weit im Boden ausbreiten und eine beachtliche Größe erreichen können. Ein Quadratkilometer ist hier keine Seltenheit!
Der größte lebende Organismus ist ein Hallimasch in Michigan/USA der vor einigen Jahren entdeckt wurde. Er ist über 9 Quadratkilometer groß!



Auch in der Medizin spielen Pilze eine wichtige Rolle. Die positive Wirkung vor allem asiatischer Heilpilze auf das Immunsystem ist inzwischen unbestritten. Und ohne Penicillin wäre die moderne Medizin undenkbar. Der berüchtigte Fliegenpilz wird seit vielen Jahren in der Homöopathie als Arzneimittel angewandt. Der sensationelle Fund der 5300 Jahre alten Gletschermumie „Ötzi“ zeigt, dass Pilze schon bei unseren vorindogermanischen Ahnen eine arzneiliche Rolle gespielt haben. Ötzi hatte zwei getrocknete Pilze aus der Gruppe der Porlinge, auf eine Schnur gezogen, bei sich. Die Pilze sind wahrscheinlich als Birkenporling oder als Lärchenporling zu bestimmen und man weiß inzwischen, dass diese nicht als „Zunderschwämme“ verwendet wurden, sondern einen medizinischen Zweck hatten. Auch in Deutschland wird der Ausdruck Mykotherapie immer bekannter.
Sinngemäß bedeutet Mykotherapie Heilbehandlung mit Pilzen und pilzlichen Substanzen und ist von Phytotherapie, der Heilbehandlung mit Pflanzen abgeleitet. So konnte mittels Studien nachgewiesen werden, dass manche Pilze das Immunsystem stärken und regulieren. Ein gut funktionierendes Immunsystem ist der Schlüssel zur Gesundheit. Denn nur wenn die Abwehr funktioniert, bleibt bzw. wird der Mensch gesund. Das Immunsystem ist teilweise im Darm lokalisiert. Hier stärken Pilze die gesunde Darmflora, fördern die Verdauung, entgiften und bewahren das natürliche Gleichgewicht an Mikroorganismen.
Pilze bieten eine ungewöhnliche Vielfalt an Heilwirkungen. In der asiatischen Medizin werden sie seit Jahrtausenden angewandt. Aber auch in den Kräuterbüchern der Antike tauchen sie auf, so bei Dioskurides und Plinius. Auch Hieronymus Boch erwähnte Pilze in seinen Heilbüchern. So die Stinkmorchel, den echten Zunderschwamm, den Hallimasch und das Judasohr. Wissenschaftler testeten 1975 den Schopftintling. Dabei stellten sie fest, dass schon eine kleine Menge des Pilzes zu erheblichen Senkung des Blutzuckerspiegels führte. Ein handelsübliches Antidiobetikum, das als Kontrollsubstanz verwendet wurde, wirkte nur geringfügig stärker als der Schopftintling. Der Glänzende Lackporling, wird in der Krebstherapie eingesetzt. In letzter Zeit ist in Deutschland der Austernseitling als Heilpilz bekannt geworden.
Die medizinische Verordnung von Pilzen oder pilzlichen Substanzen gehört aber auf jeden Fall in die Hände eines Arztes! Selbstmedikationen können hier fatale Auswirkungen haben, bei Giftpilzen sogar tödlich sein!

Wegen ihres geringen Kaloriengehalts und den enthaltenen Vitaminen und Ballaststoffen sind die Speisepilze auch ein wertvolles Nahrungsmittel.
Man sollte sich beim Sammeln von Pilzen aber immer einer pilzkundigen Führung anschließen, da auch bei den gängigen Speisepilzen große Verwechslungsgefahr durch Giftpilze möglich ist!
hukwa