Sonntag, 13. Januar 2019

Von Waldortsnamen, Flurnamen und steinernen Zeugen aus Trippstadt und Umgebung

 
Amseldell - Foto©UteKW
Die alten Waldortsnamen und Flurnamen in unseren heimischen Wäldern geben dem der sie versteht ein lebhaftes Bild unserer Vergangenheit. Aber auch die alten Steinkreuze und Grenzsteine die wir in den Wäldern vorfinden, erzählen uns Waldgeschichte. Märchen, Sagen, aber auch wahre Begebenheiten ranken sich um diese uralten Steingebilde. Daneben befinden sich noch einige weitere geheimnisvolle Steinsetzungen verschiedener Art, deren Bild oft dafür spricht, dass sie nicht von der Natur geschaffen worden sind. So die mächtigen Menhire aus vorkeltischer Zeit, von denen wir einige in unserem „steinreichen Landkreis“ vorfinden.

Bei den hier beschriebenen Waldabteilungen handelt es sich um die historischen Waldungen des einstigen Wilensteiner Landes, sowie um die Wälder in nächster Nachbarschaft, wie z.B. der Finsterbrunnerwald, der Hornbacherwald und die Frankenweide bei Johanniskreuz, die ja auch Teil der pfälzischen Haingeraiden war.
Es muss für den Heimatforscher durchaus legitim sein, wenn er Anleihen außerhalb seiner Ortsgrenzen sucht um hießige Strukturen zu erklären, wenn dafür vor Ort keine Quellen und Urkunden mehr vorhanden sind.

So heißen einige Waldortsnamen in den Trippstadter Forsten:
Großer Rothenberg, Kleiner Rothenberg, Bauwald, Speßberg, Katzenstich, Großer Schwanenberg, Kleiner Schwanenberg, Glastal, Finsterkopf, Etzenleber, Bremmen–Roth, Scheidwald, Eulenberg, Mühlenberg, Hirschsprung, Kohlhübel, Thiergarten, Wüstenthal, Heydenkopf.
Namen, die an sich leicht deutbar sind, wie z.B. Katzenstich der auf Wildkatzen zurückzuführen ist, der Name Hirschsprung auf Hirsche, der Eulenberg auf Eulen und beim Kohlhübel wurden in früheren Zeiten Holzkohle hergestellt. Das Wüstenthal ist der alte Name des heutigen so romantischen Karlstals, das für Menschen in früheren Zeiten wohl ein „wüstes“ (unbegehbares) Tal war.
Der Waldortsname Ungeheuertal in der oberen Frankenweide hat nichts mit Waldungeheuern zu tun, sondern er besagt, dass dort in der Mittagszeit das Vieh „geungert“, d.h. geruht hat. Auch im Leinbachtal bei Waldleiningen finden wir eine solche Waldabteilung, das „Ungertal“.
Die Frankenweide wurde schon in der Merowingerzeit als Waldweidebezirk gebildet. Heute gehört nur noch der nördlichste Teil der historischen Oberen Frankenweide zu Forstamt Johanniskreuz. In früheren Zeiten berührten sich bei der Frankenweide auch die Grenzen zur Haingeraiden.
Haingeraiden waren Waldgebiete die, ähnlich anderen Formen, wie Ganerbwäldern, der Mundatwald, der Stumpfwald und der Reichswald bei Kaiserslautern auf genossenschaftlicher Basis von einer Reihe von Dörfern gemeinsam genutzt wurden. Die Ursprünge dieser gemeinschaftlichen Nutzung reicht in fränkische Zeiten zurück und ihre Blüte lag in der Zeit vor dem Aufkommen der Territorialstaaten. Die wirtschaftliche Bedeutung dieser Waldnutzung (der Haingeraiden) für die Gemeinden war sehr hoch, ging es doch um überlebenswichtige Güter wie Bau und Brennholz, Waldmast und Waldstreu. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die Haingeraidenwälder aufgeteilt. Erwuchsen den Genossenschaften doch schon recht früh habgierige Feinde in den adligen, kirchlichen und weltlichen Grund- und Landesherren, die sich der Haingeraidenwälder zu bemächtigen versuchten.
Pionierweg - Foto©UteKW

Ein weiteres historisches Waldgebiet das an die Trippstadter Waldungen grenzt ist der Finsterbrunnnerwald. Hier stand einst eine alte Siedlung oder ein Gutshof.

Diese ehemalige Siedlung, bzw. ein Gutshof, erscheint im Jahre 1345 in einer Urkunde (HstAM Abt. 1 – Deutschorden 1192). Diese Wüstung muss in der Nähe, oder im Finsterbrunnerwald gelegen haben. Für diesen Ortsnamen gibt es mehrere Deutungen. Einige Heimatforscher sehen den Namen als einen Schreibfehler an und halten den Ort für das alte Deutschordensgut Finsterbrunn (Häberle, Wüstungen, S.167). Andere leiten den Namen von „monasterium“ (= Abtei) ab, Ernst Christmann sieht unter Abweisung anderer Deutungen folgende Namensform: „zem winster dale“, dies bedeutet „zum linken Tal“ (Christmann: Siedlungsnamen; S.388).
Da die Deutschordenskommende Einsiedel ein eigenes staatliches Gebilde war, hatte niemand außer der Komturei Anrechte auf den Finsterbrunnerwald.
Zur Komturei ist kurz zu sagen:
Auf dem Einsiedlerhof bei Kaiserslautern wurde zu Beginn des 13. Jahrunderts von den Rittern von Hohenecken das Deutschordenshospital an der Strasse nach Landstuhl gegründet. Sie beschenkten es mit Besitz, den auch die späteren Nachfahren derer von Hohenecken noch vermehrten. Hierzu gehörte auch das Gut Finsterbrunn. Bevor das Gut an die Komturei verschenkt wurde, musste es also im Besitz der Hohenecker gewesen sein.

Waldortsnamen des Finsterbrunnerwaldes sind:
Bruchhalde, ein steiniger Felshang oberhalb des Finsterbrunnertals, der seinen Namen nach einem um 1870 angelegten kleinen Steinbruch trägt.
Das Finsterbrunn, ist ein düsteres Seitentälchen das zum unteren Karlstal führt.
Die Finsterhard, ist eine Waldweide oberhalb des Finsterbrunnertals, dieser Name wurde 1600 zum erstenmal schriftlich erwähnt.
Der Franzenberg ist nach einer Franzosenstelllung (1793/94) benannt, hier finden wir noch die steinernen Grundmauern eines alten Franzosenwachturms.
Pionierweg - Foto©UteKW

Wenn man vom Finsterbrunnertal aus den Pionierweg in Richtung Haderwald läuft, findet man unterwegs einige steinerne Zeugen aus dem 19. Jahrhundert.
Steine reden und erzählen, und wenn man ihre Sprache versteht, erstehen ferne Zeiten vor uns, die uns berichten und künden, was einst war. Die Steine sind stehen geblieben als Welten versanken, die sie einst errichtet hatten. Wie die Waldortnamen und Flurnamen haben auch diese alten Steine uns etwas mitzuteieln.
Wer den Pionierweg entlangläuft, dem fallen alsbald links und rechts des Weges mehrere Felsflächen auf, in die sehr schöne Seinmetzarbeiten eingehauen sind. Diese Arbeiten erinnern an ein Ereignis das weit über 100 Jahre zurückliegt. Es sind zum Teil persönliche Hinweise und Wappen von Soldaten des „Königlichen Bayerischen 2. Pionierbataillons“ aus Speyer, die an einem millitärischen Einsatz im Pfälzerwald bei Tripppstadt erinnern.
Sie gehörten damals zum Generalkommando Würzburg, II. Bayerisches Armeekorps, zugeteilt zur IV. Armee – Inspektion München und standen unter dem Kommando von General der Kavallerie E. Ritter von Xylanden.
Etwa in der Mitte des ansteigenden Weges wurde auf einer großen Steinplatte dargestellt, dass man sich hier auf der Fuchs – Steige befindet. Weitere Tafeln und einfache Daten weisen auf die Erbauer des Weges hin. Offiziere und Unteroffiziere des K. B. II. Armee Corps meißelten im Jahre 1896 mehrere Hinweise ein, dass sie es waren, die diesen Weg in die steile Halde des Berges gegraben und gesprengt haben. Die zahlreichen Arbeiten die ja sämtlich von Laien–Steinmetzen in ihrer Freizeit ausgeführt wurden, weisen auf eine verblüffende Professionalität auf dem Gebiet der Steinmetzkunst. Eine besonders wunderschöne Arbeit ist die römische Göttin der Jagd Diana, die allerdings etwas versteckt unterhalb des Weges in einen großen Felshang eingemeißelt ist. Es scheint als wache Diana hier, von ihrer erhabenen Stelle direkt über dem Karlstal, über diese steinige romantische Waldgegend. Und wer vor dem Bildnis der alten Waldgöttin steht, kommt fast nicht umhin, an die Worte Goethes erinnert zu werden:

In diesem Augenbkick, da die inneren anziehenden und bewegenden Kräfte der Erde gleichsam unmittelbar auf mich wirken, da die Einflüsse des Himmels mich anher umschweben, werde ich zur höheren Betrachtungen der Natur hinaufgestimmt, und wie der Menschen Geist alles belebt, so wird auch ein Gleichnis in mir rege, dessen Erhabenheit ich nicht widerstehen kann. So einsam sagte ich zu mir selber, in dem ich diesen ganz nackten Gipfel hinabsehe und kaum in der Ferne ein gering wachsendes Moos erblicke, so einsam sage ich, wird es dem Menschen zu Mute, der nur denn ältesten, ersten tiefsten Gefühlen der Wahrheit seine Seele öffnen will. Da kann er zu sich sagen: Hier, auf dem ältesten ewigen Altare, der unmittelbar auf die Tiefe der Schöpfung gebaut ist, bringe ich dem Wesen aller Wesen ein Opfer“.

Die kleinen Denkmäler, die mit ihren charakteristischen Erscheinungsformen Flur- und Ortsbilder anreichern, haben schon immer die Fantasie der Bevölkerung angeregt und zu bemerkenswerten Sagen und Geschicten Anlass gegeben. Das ist auch hinsichtlich der alten Steinkreuze und Grenzsteine der Fall. Eine fast 5000jährige Geschichte haben die alten Menhire, von denen sich noch einige im Landkreis Kaiserslautern befinden. So auch der „liegende Menhir von Trippstadt“ sowie der „der Menhir von Breitenau“. Die Geschichten, die man sich wohl einst um den Menhir von Breitenau erzählte, sind lange schon vergessen und so steht dieser „lange Stein“, dies bedeutet das Wort Menhir, einsam im Stelzenberger Wald.
Dass dieser uralte Stein von Menschenhand gesetzt wurde davon können wir mit Sicherheit ausgehen, auch, dass es sich um keinen Grenzstein handelt. Das Material besteht aus rotem Sandstein wie er hier in der Umgebung vorkommt.
Dem pfeilartigen Stein entströmt etwas archaisches, man muss ihn in vorkeltischer Zeit suchen, wie alle Menhire, obwohl das Wort Menhir keltischen Ursprungs ist, standen diese geheimnisvollen Monolithen schon an ihren Plätzen als die Kelten die Pfalz besiedelten. Wenn man die weitere Umgebung der Breitenau vorgeschichtlich untersucht, findet man weitere Zeugnisse aus vor- und keltischer Zeit. So stand beim Dansenberger Friedhof einst ein weiterer Menhir und in Hohenecken stand eine Jupitergigantensäule. Diese Säulen sind ein ausgezeichnetes Zeugnis für die Verschmelzung keltischer und römischer Kultur in unserer Heimat. Diese Art der Jupiterdarstellung kannte man in Rom nicht, sie war typisch für die ostgallischen Gebiete.
Warum der Stein gerade hier steht, lässt sich leider nicht mehr einordnen. 20m östlich des Steines befindet sich ein Hügel der einem Gräberfeld ähnelt. Er wurde allerdings nie archäologisch untersucht. Würde es sich um ein Gräberfeld handeln, dann könnte man den Stein dem Totenkult zuordnen.
Möglich wäre allerdings, dass die Römer diesen Stein, der ja lange vor der römischen Eroberung Galliens schon hier gestanden hat, als Grenzstein nutzten, dies taten sie öfters mit den uralten Menhiren. Denn der an den Menhir angrenzende Flurname heißt Breitfeld, so nannte man eine nach römischen Maßen vermessene Flur. Das heißt, der ganze Bezirk war in gleich große Rechtecke eingeteilt. So kann man auch nicht ausschließen, dass die heutige Annexe Breitenau schon zur Römerzeit als Gutshof bestanden hat.
Der alte Hohlweg, der von der Breitenau aus auf die Höhe zum Breitenfeld führt, um von hier aus Stelzenberg zu erreichen, kann durchaus eine Höhenstraße darstellen, da an der Breitenau auch ein uralter Keltenweg von der Sickinger Höhe kommend vorbeiführt.
Auf irgendeine Weise haben die Menhire schon zur vorkeltischen Zeit miteinander in Verbindung gestanden. Der erwähnte Keltenweg, der von der Sickinger Höhe kommt, verläuft westwärts zum Menhir von Rentrich im Saarland und zum Golenstein bei Blieskastel.
Wohl der wichtigste Indikator für vor- und frühgeschichtliche Fundstellen sind Flurnamen, liefern sie doch häufig den letzten Hinweis auf ein ausgegangenes Kulturdenkmal. So verweist der Flurname „Hinkelstein“ oder „Langer Stein“ meist auf Plätze wo einst Menhire standen. In Trippstadt gibt es den Flurnamen „Am Hinkelsacker“.
In der Pfalz sind die Standorte von 29 Menhiren bekannt, die in Gewannen stehen, deren Flurname „Am Hinkelsacker“ oder am „Hinkelstein“ heißt. Flurnamen sind wie Waldortsnamen ein Spiegelbild von Dorf, Stadt und Landesgeschichte. Sie trugen zur Orientierung von Grenzen und Eigentum bei. Ohne Flurnamen wären Aufzeichnungen von Klöstern und jeweiligen Herrschenden überhaupt nicht möglich gewesen. In der Regel tragen sie historische Überlieferungen in sich, besonders die Namen „Hühner- und Hinkelsäcker“. 

hukwa 


Literaturhinweise:
Hans Wagner: Die pfälzischen Haingeraiden.
Otto Rolller: Zu den Axtdarstellungen auf den Förstergrabsteinen von der Heidelsburg bei
Waldfischbach; Mitteilungen des Hist. Vereins der Pfalz Bd. 84.
Th. Zink: Pfälzische Flurnamen: Kaiserslautern 1923.
Th. Zink: Zur Geschichte des Gerichtes Waldfischbach.
Manfred Müller: Die pfälzische Gemeindewirtschaft (Dissertation) Forchheim 1935.
Joh. Lehmann: Urkundliche Geschichte der B urgen und B ergschlösser der bay. Pfalz. 1857.
Otto Wenz: Zur Volkskunde des Pfälzer Holzlandes. 1930.
Albert Becker: Zur kirchlichen Volkskunde der Pfalz. 1933.
Fr. Gerber: Urkunden zur Geschichte des Holzlandes, besonders der dortigen Waldberechtigung.
Manfred Walter: Kranz der Wälder, Der Pionierweg, 1999.
Daniel Häberle: Ein Beitrag zum Kapitel „Hinkelsteine“, in Pfälzisches Museum 1904.
Karlwerner Kaiser: Der große Berg bei Kindsbach im Landkreis KL.