Skizze Archiv Geißenbauer |
Als Flurname steht das
Wort Stuhl in der Regel für eine alte Gerichtstätte. Oftmals um ein
sogenanntes Waldgericht, also ein Gerichtsplatz der sich im Wald
befunden hat. Ein weiterer Flurname der eine Bezeichnung für
Gericht- und Thingplatz bedeutet ist das Wort mal dieses
stammt von Mahal ab
und bedeutet in altdeutsch malen
(= abstecken, messen). Grenzsteine wurden verschiedentlich auch
Malsteine genannt.
Nach Grimm gehen die topographischen Bezeichnungen wie Mahlberg
(Mühlberg), Malberg, Malsted u. ä. Auf ehemalige Gerichtsstätten
zurück. Das alte Sprichwort: „Gottes Mühlen, mahlen langsam,
mahlen aber trefflich fein“, ist auf diesen alten Flurnamen in
seiner Bedeutung als Gerichtsplatz zurückzuführen.
In der
Pfalz aber auch in unserem Landkreis haben wir einige „Stühle“
und „Mühlberge“ die mit größter Wahrhscheinlichkeit mit alten
Gerichtsplätzen in Zusammenhang stehen. Als Beispiele für
„Stuhlnamen“ denke man nur an Landstuhl, Hauptstuhl, Königsstuhl,
Kriemhildestuhl (Bad Dürkheim, dort auch Brunhildestuhl).
Bei
diesen Gerichtstühlen handelt es sich in der Regel um aufgestellte
behauene Steine die als Sitzgelegenheit dienten. Bei den Stühlen die
den Namen einer Person tragen, ist zu unterscheiden zwischen
Flurnamen, also Gerichtstätten im Freien, und „richtigen“,
hölzernen, metallenen oder steinernen Sitzen. So z.B. der steinerne
Heinrichstuhl, der
heute in der Krypta von St. Emmeram in Regensburg steht, früher
aber in der Vorhalle der Kirche gestanden haben soll und dessen Name
auf die Lokaltradion auf Kaiser Heinrich II. Zurückführt. Hier
handelt es sich um einen Stein in den eine Sitzgelegenheit eingehauen
wurde.Ein weiterer Stuhl aus Stein ist der bekannte Karlsthron
in Aachen.
Reste
eines keltischen Königsteins sind in den zum englischen Coronation
Chair gewordenen Edward`s Chair eingefügt
worden. Bis 1996 war in diesem Stuhl in einem Hohlraum der berühmte
Sonne of Scone
eingebaut er wurde Schottland wieder zurückgegeben. Der St. Eduard
Stuhl ist der offiziele Krönungsstuhl der Briten.
In
der Peterskirche in Rom wird, seit 1666 unzugänglich eingebaut, die
Cathedra St. Petri
aufbewahrt, die zwar erst aus karaolingischer Zeit stammt, aber der
mittelalterlichen Tradition als vom Apostelfürsten Peter gestiftet
gilt.
Aus
den Haingeraiden sind die sogenannten Geraidestühle
bekannt. Diese Gerichtstätten fand man unter anderem in der
„Tannenharrd“ zwischen Frankweiler und Siebeldingen, im Feld
zwischen Böchingen und Walsheim und bei Venningen.
Karl
Moersch schrieb in seiner „Geschichte der Pfalz: „Im
Gebiet der Haingeraiden anerkannte man nur die Oberhoheit des
Kaisers, nicht aber – als Gerichtsherren – den Landesherren.
Zeichnung: Archiv Geißenbauer |
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Kilometer nordöstlich von Alsenborn liegt das Stumpfwaldgericht, das
wahrscheinlich schon in keltisch und germanischer Zeit Gericht und
Thingstätte war. Diese Gerichtstätte gehörte zu den drei
kaiserlichen Landgerichtstätten im Wormsgau zusammen mit Kaldenberg
bei Wachenheim und Stahlberg bei Dirmstein. Die Flurbezeichnung in
der die Gerichtstätte liegt heißt zu den Neun Steinen.
Die letzte Gerichtsverhandlung wurde hier im Jahre 1688 abgehalten.
In
der Chronik von Enkenbach schreibt Friedrich W. Weber über das
Stumpfwaldgericht:
„Im Jahre 765 war
Chrodegang (Nachfolger des Bonifatius), ein Enkel Karl Martells und
Neffe König Pippins, Erzbischof in Metz. Er schenkte der Abtei Gorz
oder Görze (bei Metz) die villa Isenburg (Eisenberg). In dieser
Schenkung einbegriffen, war auch ein Viertel des Stumpfwaldes,
genannt Stamp. Hier ist ein Ausgangspunkt für die späteren
klösterlichen Besitz- und Herrenrechte in diesem Gebiet. Solche
Rechte erstreckten sich später auch auf das Kloster Lorsch und das
Kloster Ramsen, das den heiligen Georg als Schutzpatron hatte. In
einem Weistum von 1390 ist der Ritter St. Georg als oberster
Gerichtsherr auf dem Stampf über Wasser und Weide genannt. Ferner
heißt es,dass wer ein Herr ist zu Stauf (Burg Stauf), ein oberster
Fautherr und Hüter des Stampfes sei...Als Gerichtsherren werden
angegeben die Grafen von Leiningen, die Herren von Stauf und die von
Alsenborn...“
Viele
der alten Stuhl Flurnamen sind heute überhaupt nicht mehr bekannt.
So gibt es allein in der Gegend des Donnersbergs (Pfalz) vier
verschiedene „Stühle“ die auch in neuerem Kartenmaterial nicht
aufgeführt sind. Gefunden habe ich sie schließlich bei Th. Zink.
In
seiner Abhandlung über den Kriemhildestuhl
bei Bad Dürkheim schreibt Helmut Naumann: „Nach...halte ich es für
wahrscheinlich, dass sich manche der heute noch unerklärten
Königsstühle als
Rechtsorte alter Waldgenossenschaften erweisen und damit als
Zeugnisse alten Genossenschaftsrechtes für den Historiker doch noch
ergiebieg werden. In einem Stuhl nur
eine Verebnung am Berg oder einen herausragenden Punkt zu sehen,
verfehlt in diesen Fällen den Zugang“.
Einen
Gerichtstein findet
man in Sippersfeld. Im Sippersfelder Dorfweistum von 1554 können wir
über diesen Stein lesen: „Wäre es Sach, daß ein armer
Mann da bekümmert werde umb schuldt undt nicht zu bezahlen hätte,
denn soll der Schultheiß behalten über Nacht, doch morgens umb neun
uhr soll ihn der Schultheiß nehmen, und wenn er dazu gebeutet, undt
ihm antworten bei dem langen stein, so soll man es denen von Stauf
kundt thun, die sollen ihn entfangen und sollen ihn mit ihnen
heimführen undt sollen ihn setzen zwischen die vier Mauern,daß ihn
der Wind nicht bewehet und der Rhein nicht besprengt. Undt sollen ihn
gütlich thun,und sollen ihn zu drey Vierzehntage, alle vierzehn Tage
wieder antworten bei dem Langen Stein. Das Gericht zu Sipppersfeld
ihn lassen zu besehen, ob er recht gehalten wird oder nicht“. (
Zitiert nach Otto Gödel: Die Feld und Waldgemark von Rosenthal und
ihre Grenzsteine; in: Nordpfälzer Geschichtsverein 1977/H1.)
Literaturhinweise:
William
Palmer. The Coronation Chair, London 1953
Christian
Mehlis: Dürkheim und seine Umgebung, 1885
Karl
Christ: Die Beziehungen der Nibelungen zum Rhein und Odenwald, 1914
Friedrich
W. Weber: Die drei leiningischen Landgerichte im Wormsgau
Helmut Naumann: Brunhold –
Kriemhildstuhl: Mitteilungen des Historischen V.d.Pfalz
Otto Gödel: Die Feld und
Waldmark von Rosenthal und ihre Grenzsteine
Friedrich W. Weber:
Chronik von Enkenbach
Skizzen: Aus dem
heimatgeschichtlichen Archiv von Herrn Geißenbauer, Mannheim
Karl Moersch: Geschichte
der Pfalz
Fotos Archiv Geißenbauer