Sonntag, 6. Januar 2019

Kriemhildenstuhl, Königsstuhl und Gerichtsstuhl




Skizze Archiv Geißenbauer


Als Flurname steht das Wort Stuhl in der Regel für eine alte Gerichtstätte. Oftmals um ein sogenanntes Waldgericht, also ein Gerichtsplatz der sich im Wald befunden hat. Ein weiterer Flurname der eine Bezeichnung für Gericht- und Thingplatz bedeutet ist das Wort mal dieses stammt von Mahal ab und bedeutet in altdeutsch malen (= abstecken, messen). Grenzsteine wurden verschiedentlich auch Malsteine genannt. Nach Grimm gehen die topographischen Bezeichnungen wie Mahlberg (Mühlberg), Malberg, Malsted u. ä. Auf ehemalige Gerichtsstätten zurück. Das alte Sprichwort: „Gottes Mühlen, mahlen langsam, mahlen aber trefflich fein“, ist auf diesen alten Flurnamen in seiner Bedeutung als Gerichtsplatz zurückzuführen.
In der Pfalz aber auch in unserem Landkreis haben wir einige „Stühle“ und „Mühlberge“ die mit größter Wahrhscheinlichkeit mit alten Gerichtsplätzen in Zusammenhang stehen. Als Beispiele für „Stuhlnamen“ denke man nur an Landstuhl, Hauptstuhl, Königsstuhl, Kriemhildestuhl (Bad Dürkheim, dort auch Brunhildestuhl).
Bei diesen Gerichtstühlen handelt es sich in der Regel um aufgestellte behauene Steine die als Sitzgelegenheit dienten. Bei den Stühlen die den Namen einer Person tragen, ist zu unterscheiden zwischen Flurnamen, also Gerichtstätten im Freien, und „richtigen“, hölzernen, metallenen oder steinernen Sitzen. So z.B. der steinerne Heinrichstuhl, der heute in der Krypta von St. Emmeram in Regensburg steht, früher aber in der Vorhalle der Kirche gestanden haben soll und dessen Name auf die Lokaltradion auf Kaiser Heinrich II. Zurückführt. Hier handelt es sich um einen Stein in den eine Sitzgelegenheit eingehauen wurde.Ein weiterer Stuhl aus Stein ist der bekannte Karlsthron in Aachen.
Reste eines keltischen Königsteins sind in den zum englischen Coronation Chair gewordenen Edward`s Chair eingefügt worden. Bis 1996 war in diesem Stuhl in einem Hohlraum der berühmte Sonne of Scone eingebaut er wurde Schottland wieder zurückgegeben. Der St. Eduard Stuhl ist der offiziele Krönungsstuhl der Briten.
In der Peterskirche in Rom wird, seit 1666 unzugänglich eingebaut, die Cathedra St. Petri aufbewahrt, die zwar erst aus karaolingischer Zeit stammt, aber der mittelalterlichen Tradition als vom Apostelfürsten Peter gestiftet gilt.
Aus den Haingeraiden sind die sogenannten Geraidestühle bekannt. Diese Gerichtstätten fand man unter anderem in der „Tannenharrd“ zwischen Frankweiler und Siebeldingen, im Feld zwischen Böchingen und Walsheim und bei Venningen.
Karl Moersch schrieb in seiner „Geschichte der Pfalz: „Im Gebiet der Haingeraiden anerkannte man nur die Oberhoheit des Kaisers, nicht aber – als Gerichtsherren – den Landesherren.
Zeichnung: Archiv Geißenbauer

4 Kilometer nordöstlich von Alsenborn liegt das Stumpfwaldgericht, das wahrscheinlich schon in keltisch und germanischer Zeit Gericht und Thingstätte war. Diese Gerichtstätte gehörte zu den drei kaiserlichen Landgerichtstätten im Wormsgau zusammen mit Kaldenberg bei Wachenheim und Stahlberg bei Dirmstein. Die Flurbezeichnung in der die Gerichtstätte liegt heißt zu den Neun Steinen. Die letzte Gerichtsverhandlung wurde hier im Jahre 1688 abgehalten.
In der Chronik von Enkenbach schreibt Friedrich W. Weber über das Stumpfwaldgericht:
Im Jahre 765 war Chrodegang (Nachfolger des Bonifatius), ein Enkel Karl Martells und Neffe König Pippins, Erzbischof in Metz. Er schenkte der Abtei Gorz oder Görze (bei Metz) die villa Isenburg (Eisenberg). In dieser Schenkung einbegriffen, war auch ein Viertel des Stumpfwaldes, genannt Stamp. Hier ist ein Ausgangspunkt für die späteren klösterlichen Besitz- und Herrenrechte in diesem Gebiet. Solche Rechte erstreckten sich später auch auf das Kloster Lorsch und das Kloster Ramsen, das den heiligen Georg als Schutzpatron hatte. In einem Weistum von 1390 ist der Ritter St. Georg als oberster Gerichtsherr auf dem Stampf über Wasser und Weide genannt. Ferner heißt es,dass wer ein Herr ist zu Stauf (Burg Stauf), ein oberster Fautherr und Hüter des Stampfes sei...Als Gerichtsherren werden angegeben die Grafen von Leiningen, die Herren von Stauf und die von Alsenborn...“
Viele der alten Stuhl Flurnamen sind heute überhaupt nicht mehr bekannt. So gibt es allein in der Gegend des Donnersbergs (Pfalz) vier verschiedene „Stühle“ die auch in neuerem Kartenmaterial nicht aufgeführt sind. Gefunden habe ich sie schließlich bei Th. Zink.
In seiner Abhandlung über den Kriemhildestuhl bei Bad Dürkheim schreibt Helmut Naumann: „Nach...halte ich es für wahrscheinlich, dass sich manche der heute noch unerklärten Königsstühle als Rechtsorte alter Waldgenossenschaften erweisen und damit als Zeugnisse alten Genossenschaftsrechtes für den Historiker doch noch ergiebieg werden. In einem Stuhl nur eine Verebnung am Berg oder einen herausragenden Punkt zu sehen, verfehlt in diesen Fällen den Zugang“.
Einen Gerichtstein findet man in Sippersfeld. Im Sippersfelder Dorfweistum von 1554 können wir über diesen Stein lesen: „Wäre es Sach, daß ein armer Mann da bekümmert werde umb schuldt undt nicht zu bezahlen hätte, denn soll der Schultheiß behalten über Nacht, doch morgens umb neun uhr soll ihn der Schultheiß nehmen, und wenn er dazu gebeutet, undt ihm antworten bei dem langen stein, so soll man es denen von Stauf kundt thun, die sollen ihn entfangen und sollen ihn mit ihnen heimführen undt sollen ihn setzen zwischen die vier Mauern,daß ihn der Wind nicht bewehet und der Rhein nicht besprengt. Undt sollen ihn gütlich thun,und sollen ihn zu drey Vierzehntage, alle vierzehn Tage wieder antworten bei dem Langen Stein. Das Gericht zu Sipppersfeld ihn lassen zu besehen, ob er recht gehalten wird oder nicht“. ( Zitiert nach Otto Gödel: Die Feld und Waldgemark von Rosenthal und ihre Grenzsteine; in: Nordpfälzer Geschichtsverein 1977/H1.)


hukwa




Literaturhinweise:
William Palmer. The Coronation Chair, London 1953
Christian Mehlis: Dürkheim und seine Umgebung, 1885
Karl Christ: Die Beziehungen der Nibelungen zum Rhein und Odenwald, 1914
Friedrich W. Weber: Die drei leiningischen Landgerichte im Wormsgau
Helmut Naumann: Brunhold – Kriemhildstuhl: Mitteilungen des Historischen V.d.Pfalz
Otto Gödel: Die Feld und Waldmark von Rosenthal und ihre Grenzsteine
Friedrich W. Weber: Chronik von Enkenbach
Skizzen: Aus dem heimatgeschichtlichen Archiv von Herrn Geißenbauer, Mannheim
Karl Moersch: Geschichte der Pfalz
Fotos Archiv Geißenbauer