Burg Wilenstein - Fotos©UteKW |
Die Flurnamen verbinden die Menschen der Gegenwart mit der Vergangenheit, sie geben uns Kunde über die Siedlungsvorgänge, über die landwirtschaftliche Bebauung des Bodens sowie über das gesamt-kulturelle Leben unserer Vorfahren. Manche dieser Flurnamen erinnern an alte Besitzverhältnisse, an längst vergessene Rechtsbräuche aber auch an ehemalige Waldberufe und Waldnutzungsrechte. Dem Kundigen, der sie lesen kann, geben sie ein lebendiges Bild der Vergangenheit.
Vor
allem Heute, wo vielerorts durch Landwirtschaft und Siedlungsbau
ganze Ortsstrukturen verändert wurden deuten Flurnamen noch auf
geschichtliche Zusammenhänge hin.
An
die Tätigkeit von Daubenhauer, Köhler, Glasbrenner und
Pottaschsieder erinnern einige Flurnamen in der Waldlandschaft von
Trippstadt. Die Pottasche verwendete man zur Glasherstellung, zur
Düngung und zum Wäsche waschen, sie war das erste Waschmittel. Auch
der Name Eschkopf bei Johanniskreuz erinnert an die Pottaschsiederei,
er leitet sich von Asche her und nicht von Esche. Ein weiterer
Flurname der an diese alte Tätigkeit erinnert, ist das
„Eschhebelloch“ im Neuhöfertal. Die Bezeichnungen Glastal und
Glashald am Schwanenberg, ebenfalls im Neuhöfertal, verraten uns,
dass hier einmal eine Glashütte stand. Dabei handelte es sich um
sogenannte Waldglashütten. Als Waldglas bezeichnete man durch
Eisenoxide grünlich gefärbtes Pottascheglas, welches vom
Mittelalter bis etwa ins 17. Jahrhundert hergestellt wurde.
Um
Glas herzustellen benötigte man einen geeigneten Sand, den man
möglichst in der Nähe der Glashütte abbauen konnte. Geeignet war
angeschwemmter verwitterter Sandstein in Bachbetten. Pottasche wurde
dazu als Schmelzmittel verwendet.
Die
Abteilung Harzofeneck zwischen Forsthaus Antonihof und Mölschbach
weist auf einen Harzofen hin der hier einmal betrieben wurde. In
solchen Öfen wurde aus Kiefernholz das Harz (Pech) herausgekocht.
Auch
die Namen der Bäche verraten uns viel über die Geschichte einer
Landschaft. Vor allem der Bachname „alb“, der ja die Moosalb
auszeichnet, die durch Trippstadter Gebiet fließt.
Der
Namensbestadteil – „alb“, stellt eine altwestische
(vorindogermanische) Bezeichnung für Fluss- und Bachbette sowie
Weißwasser dar, die sich im keltischen Sprachschatz als „albis“
widerspiegelt. Man kann daher davon ausgehen, dass dort wo Bäche mit
diesem Namensbestandteil vorkommen, einst keltisches Siedlungsgebiet
war.
Im
Laufe der Geschichte veränderten sich diese Namen manchmal oder
wurden in Nachbargemeinden anders genannt. Was man sehr deutlich bei
der Moosalb verfolgen kann. Im Jahre 1600 hatte die Moosalb mehrere
Namen, wie aus Velmanns
Beforschung zu ersehen
ist.
So
nannte man sie unter anderem „Fischbach“, „Diemersteinerbach“,
„Hertersweilerbach“, „Humbergerbach“ und „Horkosterbach“.
Je nachdem durch welches Herrschaftsgebiet sie floß. Jener Bachteil
der den Sickingern gehörte nannte man „Sickingenbach“. Ihr
ältester Name ist wohl „Muschalb“. In der Flurnamenforschung ist
es sehr wichtig immer nach der ältesten bekannten Form zu suchen, da
sie viel über die Dorf- und Landschaftsgeschichte aussagen kann.
Über
die erste Nutzung der Trippstadter Waldrechte erfahren wir einiges
aus dem Flörsheimer – Lagerbuch und aus dem Weistum von Wilenstein
und Trippstadt.
Hier
einige Ausschnitte aus dem Weistum:
- Der Wald, das Erbe genannt, steht den Herren von Flörsheim (Unterburg) zu.
- Wasser und Weide werden den beiden Herren der Ober- und Unterburg gemeinsam gewiesen zu gleichen Teilen.
- Beide Teile haben auch in den hohen Wäldern gemeinsam zu hagen und zu jagen. Niemand darf ohne Erlaubnis der Herren jagen oder fischen. Wird einer dabei ergriffen, muss er als Strafe 30 Schillinge Heller bezahlen.
- Eichen, die Bauholz liefern oder Eckerich tragen, dürfen von den Einwohnern nicht abgehauen oder gestümmelt oder gar nach auswärts verkauft werden, es sei denn mit Genehmigung der Herrschaft.
- So sich Feuer in den Wäldern oder sonst erhebe, soll jeder schuldig sein herbeizulaufen und beim Löschen zu helfen. Tut er es nicht, soll er der Gemeinde ein halbviertel Wein zu vertrinken geben.
- Wenn in den Wäldern Eckerich vorhanden ist, darf jeder, der im Wilensteiner Gericht wohnt, soviel Schweine in den Ecker treiben als er auf seinem Mist gezogen hat. Doch ist dem Herrn der Oberburg (den Grafen von Falkenstein) der Dehm zu entrichten, nämlich von jedem Schwein sechs Pfennig und ein Heller, wovon der Förster den Heller erhält. Der fremde Schweine eintreiben will, muss die selbe Gebühr bezahlen wie Auswärtige.
- Wer im Gebiet „Drippstadt“ bauen will, dem soll seine Herrschaft, auf deren Grund er baut, zwölf Stück Holz (Stämme) geben.
- Ein jeglicher armer Mann (Einwohner), der zu „Drippstadt“ seßhaft ist, hat Macht in den Wäldern der Herrn der Oberburg und der Flörsheimer ziemlich (ausreichend) Holz zu hauen für Wagen und Pfluggeschirr und auch um sein Haus und Garten zu machen. Doch vorher muss er dem jeweiligen Amtmann Bescheid geben, der ihm die Stelle angibt, wo er hauen soll. Als Brennholz dürfen Windfälle und Taubholz aus den Wäldern entnommen werden.
Im
Jahre 1600 fertigte der kurpfälzische Forstmeister Philipp
Velmann von mehreren
Waldungen, die an die Herrschaft Wilenstein angrenzen, sogenannte
„Waldbeforschungen“. Darin beschreibt er die Grenzsteine, die
Grenzbäume, die auch Lach- oder Lochbäume genannt wurden, denn sie
waren mit einer Lache (einem Zeichen) gekennzeichnet. Des weiteren
schrieb er über die Jagd- und Fischereiverhältnisse sowie über die
Baumarten und ihren Standort. Die „Beforschung“ ,zum Beispiel des
Lauberwaldes, ist recht kurz gehalten. Aus diesen Aufzeichnungen
lässt sich entnehmen, dass in diesem Wald die Eiche gut verbreitet
war. Es werden 13 Eichen- doch nur 2 Buchen–Lochbäume erwähnt.
Von zwei Stellen am Steinberg und am Pferdsgarten, schreibt er, dass
dort Auerhähne balzen.
Der
Flurname Pferdsgarten geht auf ein altes Gestüt zurück. Ebenso der
Name Stüterwald.
Für
jeden Heimatforscher sind Flurnamen eine geschichtliche Fundgrube.
Eine
der historischsten Stätten im Trippstadter Wald ist die im Haderwald
liegende Amseldell. Der älteste bekannte Flurname von diesem Tal ist
„Ramseldell“ was Rabental bedeutet.
Um
das Jahr 1860 hat Karl Freiherr von Gienanth hier eine extravagante
Waldanlage erbaut. Mit Irrgarten, Kegelbahn und Schutzpavillon. Hier
empfing er immer wieder hohen Besuch, vom niederen Adel bist zum
hohen Prinzregenten. Wovon heute noch die Denkmäler und zwei
gußeiserne Tafeln mit Inschriften berichten.
Weit
über die Grenzen der Pfalz hinaus wird das romantische Karlstal als
ein Kleinod unter den Tälern des Pfälzerwaldes geschildert. Kein
geringerer als der bekannte Gartenarchitekt F.
L. Sckell, der für
München den englischen Garten erbaute, hat vor fast 200 Jahren über
das Tal folgendes geschrieben: „Eines
der schönsten Täler, die ich in dieser Art gesehen und auch
bearbeitet habe, nämlich in dem ich die hinter den Ästen der Bäume
und Sträucher versteckt gelegenen Felsmassen mit ihren Wasserfällen
dem Genusse unter bildlichen Formen näher brachte und durch Zugänge
die Möglichkeit bewirkte, diese ausgezeichneten Ruysdaels in ihrer
ganzen Schönheit zu sehen, liegt in der Herrschaft Trippstadt in der
Rheinpfalz, damals das Karlstal genannt. Ein kräftiger Bach stürzt
sich da hinab in ein romantisches und durch die ehrwürdigen
Buchenbäume in ein feierliches Dunkel gehülltes Tal. Kolossale
Felsenstücke denen die Natur die ausgezeichnetsten malerischen
Formen verliehen hat, wie ich sie fast nie schöner gesehen habe,
liegen z. T. an den Berghängen und in der Tiefe, wo sie dem Bache
auf eine Länge von ¾ Stunden unaufhörliche und abwechselnde
Hindernisse darbieten, über die er bald mit einem Lärm, der im Tale
widerhallt, herabfällt, bald murmelnd und ruhig bis zu einem neuen
Kampfe dahingleitet. Nachdem sich aber der Bach durch dieses
romantische Tal und zwischen diesen Felsmassen gewaltsam
durchgedrängt und eine Menge Wasserfälle von vorzüglicher
Schönheit und hohem Kunstwerke unter den verschiedensten Umrissen
und Wirkungen gebildet hat, ergießt er sich am Ende in einen ruhigen
Teich, in welchem sich die Trümmer einer längst zerfallenen
Ritterburg, Wilenstein, von einer Anhöhe spiegeln. Hier hört aller
Lärm auf und die Natur ist wieder in ihren ruhigen Zustand
getreten“.
Auch
die Sage weiß uns einiges aus alten Zeiten über das Tal zu
berichten. So erzählt eine Legende von einer uralten Eisenschmelz
die hier einst gestanden habe und die dem, in einen alten Eichbaum
verwandelten, Grafen von Wilenstein jährlich eine Eisenrüstung
liefern musste.
Sagenhaft
ist auch die Verbindung zur Burg Wilenstein: „Einst
verdingte sich ein schöner Jüngling – man wusste nicht, woher er
gekommen war – in die Nähe des Schlosses als Schäfer. Seine
Schönheit und sein edles Wesen machten ihn bald bemerklich, so dass
alles von ihm redete. Der Ruf von dem rätselhaften Hirten drang auch
zu der Tochter des Ritters von Flörsheim auf Wilenstein und sie war
begierig ihn zu sehen.
Beim
Blumensuchen fand das Fräulein den Schäfer schlafend auf einer
Wiese. Als dieser erwachte floh die Jungfrau mit raschem Schritte zur
Burg, doch trug sie sein Bild mit sich fort im Herzen. Als sie ihn
nach kurzer Zeit wiedertraf, wechselten beide einige Worte. Täglich
war sie nun auf dem Erker des Schlosses, wenn der Schäfer mit seiner
Herde hier vorbeikam. Alle Bewerber, die auf Wilenstein erschienen
und um ihre Hand anhielten, wurden abgewiesen. Als aber ein Graf
Siegbert um ihre Hand anhielt, drang der Vater auf Zusage und die
folgsame Tochter schwankte schon. Nur noch einmal wollte sie vorher
von ihrem Erker den Schäfer sehen, doch dieser kam nicht mehr.
Bangen
Herzens eilte sie an den Ort, wo er gewöhnlich seine Herde weidete,
dort traf sie einen anderen von dem sie hörte, wie dem schönen
Hirten das Herz vor Gram gebrochen war und er im kühlen Grabe
schlummerte. Leichenblass und wankend suchte sie bei einem nahen
Klausner Trost. Aber auf dem Rückweg zur Burg fiel die vor Schreck
noch halb Betäubte von einem Steg, den sie überschreiten wollte,
ins Wasser und ertrank.
Der
Klausner berichtete alles dem verzweifelten Vater. Der ließ zum
Gedenken ein Kirchlein bauen und Hirtenstab und Flöte gehauen in
Stein am Turme einfügen. Beide Zeichen sind am Turm der
untergegangenen Kirche beim Aschbacherhof noch heute zu sehen“.
Eine
andere Sage erzählt von einer ledernen Brücke die einst die Burg
mit dem Wilensteinerhof verbunden haben soll. Auch von einem Hund mit
einem Schlüssel im Rachen der einen Schatz bewacht, erzählt uns
eine alte Legende.
Solche
Sagen, wie die aus dem Karlstal, nennt die Volkskunde ätiologische
Sage, d.h. sie liefern eine „Erklärung“ für die Entstehung oder
Herkunft eines augenfälligen Wahrzeichens der örtlichen Umgebung.
Im Karlstal sind dies neben einigen Felsen, vor allem die
Einsiedlerhöhle in der Karlstalschlucht. Ein bestimmter Platz oder
Gegenstand regt die Sagenbildung an, gerade weil er den in der
nächsten Umgebung Lebenden einzigartig erscheint; doch die daraus
entstehenden Geschichten sind alles andere als einzigartig, sie
ordnen sich vielmehr fast immer in bestimmte Muster ein, die der
Volkskundler als weit verbreitet erkennt.
hukwa
Lit.
Hinweise:
Weistum
von Wilenstein und Trippstadt. Staatsarchiv Speyer Abt. Falkenstein
St. 107, Seite 118f.
Ernst
Bilfinger: Johanniskreuz eine Waldgeschichte.
Ernst
Christmann: Pfälzische Glashütten der alten Zeit.
Erich
Bauer: An der Wiege der deutschen Forstwissenschaft.
Ernst
Bilfinger: Das Holzland.
Julius
Wilde: Kulturgeschichte der rheinpfälzischen Baumwelt und ihrer
Naturdenkmale.
Hans
Wagner: Alte Waldberufe.
Alte
Waldprotokolle aus dem Privatarchiv von Herrn Geißenbauer, Mannheim.