Weit über die Grenzen der Pfalz hinaus
wird das romantische Karlstal als ein Kleinod unter den Tälern des
Pfälzerwaldes geschildert. Kein geringerer als der bekannte
Gartenarchitekt F. L. Sckell der für München den englischen Garten
erbaute, hat vor fast 200 Jahren über das Tal folgend geschrieben:
„Eines der schönsten Täler, die ich in dieser Art gesehen und
auch bearbeitet habe, nämlich in dem ich die hinter den Ästen der
Bäume und Sträucher versteckt gelegenen Felsmassen mit ihren
Wasserfällen dem Genusse unter bildlichen Formen näher brachte und
durch Zugänge die Möglichkeit bewirkte, diese ausgezeichneten
Ruysdaels in ihrer ganzen Schönheit zu sehen, liegt in der
Herrschaft Trippstadt in der Rheinpfalz, damals das Karlstal genannt.
Ein kräftiger Bach stürzt sich da hinab in ein romantisches und
durch die ehrwürdigen Buchenbäume in ein feierliches Dunkel
gehülltes Tal. Kolossale Felsenstücke denen die Natur die
ausgezeichnetsten malerischen Formen verliehen hat, wie ich sie fast
nie schöner gesehen habe, liegen z. T. an den Berghängen und in der
Tiefe, wo sie dem Bache auf eine Länge von ¾ Stunden unaufhörliche
und abwechselnde Hindernisse darbieten, über die er bald mit einem
Lärm, der im Tale widerhallt, herabfällt, bald murmelnd und ruhig
bis zu einem neuen Kampfe dahingleitet. Nachdem sich aber der Bach
durch dieses romantische Tal und zwischen diesen Felsmassen gewaltsam
durchgedrängt und eine Menge Wasserfälle von vorzüglicher
Schönheit und hohem Kunstwerke unter den verschiedensten Umrissen
und Wirkungen gebildet hat, ergießt er sich am Ende in einen ruhigen
Teich, in welchem sich die Trümmer einer längst zerfallenen
Ritterburg, Wilenstein, von einer Anhöhe spiegeln. Hier hört aller
Lärm auf und die Natur ist wieder in ihren ruhigen Zustand
getreten“.
Auch die Sage weiß uns einiges aus
alten Zeiten über das Tal zu berichten. So erzählt eine Legende von
einer uralten Eisenschmelz die hier einst gestanden habe und die dem
in einen alten Eichbaum verwandelten Grafen von Wilenstein jährlich
eine Eisenrüstung liefern musste.
Sagenhaft ist auch die Verbindung zur
Burg Wilenstein: „ Einst verdingte sich ein schöner Jüngling –
man wusste nicht, woher er gekommen war – in die Nähe des
Schlosses als Schäfer. Seine Schönheit und sein edles Wesen machten
ihn bald bemerklich, so dass alles von ihm redete. Der Ruf von dem
rätselhaften Hirten drang auch zu der Tochter des Ritters von
Flörsheim auf Wilenstein und sie war begierig ihn zu sehen.
Beim Blumensuchen fand das Fräulein
den Schäfer schlafend auf einer Wiese. Als dieser erwachte floh die
Jungfrau mit raschem Schritte zur Burg, doch trug sie sein Bild mit
sich fort im Herzen. Als sie ihn nach kurzer Zeit wiedertraf
wechselten beide einige Worte. Täglich war sie nun auf dem erker des
Schlosses wenn der Schäfer mit seiner Herde hier vorbeikam. Alle
Bewerber, die auf Wilenstein erschienen und um ihre Hand anhielten
wurden abgewiesen. Als aber ein Graf Siegbert um ihre Hand anhielt,
drang der Vater auf Zusage und die folgsame Tochter schwankte schon.
Nur noch einmal wollte sie vorher von ihrem Erker den Schäfer sehen,
doch dieser kam nicht mehr.
Bangen Herzens eilte sie an den Ort, wo
er gewöhnlich seine Herde weidete, dort traf sie einen anderen von
dem sie hörte wie dem schönen Hirten das Herz vor Gram gebrochen
war und er im kühlen Grabe schlummerte. Leichenblass und wankend
suchte sie bei einem nahen Klausner Trost. Aber auf dem Rückweg zur
Burg fiel die vor Schreck noch halb Betäubte von einem Steg, den sie
überschreiten wollte, ins Wasser und ertrank.
Der Klausner berichtete alles dem
verzweifelten Vater. Der ließ zum Gedenken ein Kirchlein bauen und
Hirtenstab und Flöte gehauen in Stein am Turme einfügen. Beide
Zeichen sind am Turm der untergegangenen Kirche beim Aschbacherhof
noch heute zu sehen“.
Eine andere Sage erzählt von einer
ledernen Brücke die einst die Burg mit dem Wilensteinerhof verbunden
haben soll. Auch von einem Hund mit einem Schlüssel im Rachen der
einen Schatz bewacht erzählt uns eine alte Legende.
Solche Sagen wie die aus dem Karlstal
nennt die Volkskunde ätiologische Sage, d.h. Sie liefern eine
„Erklärung“ für die Entstehung oder Herkunft eines
augenfälligen Wahrzeichens der örtlichen Umgebung. Im Karlstal sind
dies neben einigen Felsen, vor allem die Einsiedlerhöhle in der
Karlstalschlucht. Ein bestimmter Platz oder Gegenstand regt die
Sagenbildung an, gerade weil er den in der nächsten Umgebung
Lebenden einzigartig erscheint; doch die daraus, entstehenden
Geschichten sind alles andere als einzigartig, sie ordnen sich
vielmehr fast immer in bestimmte Muster ein, die der Volkskundler als
weit verbreitet erkennt.
Das Karlstal mit seiner wilden und
Rauhen Schönheit hat immer wieder kreative Menschen dazu inspiriert
seine Landschaft zu beschreiben oder im Bild festzuhalten.
Wahrscheinlich ist der Aufenthalt von
Friedrich Schiller im Karlstal auch nur eine Legende. Die Anregung zu
seiner Ballade „Ein Gang zum Eisenhammer“ soll er sich im
„Wüstetal“ geholt haben.Obwohl Schiller wahrscheinlich niemals
in Trippstadt weilte zeugt seine „angebliche einstige Anwesenheit“
von der Magie die von dieser Landschaft ausgeht.
Vom Trippstadter Friedhof aus führt
eine Spur, wenn auch über einige Umwege zu Johann Wolfgang von
Goethe. Hier erinnert ein gußeisernes Kreuz an Carl Friedrich Brion,
einen Neffen von Goethes Straßburger Liebe Friedericke Brion aus
Sessenheim. C.F. Brion war als Hüttenwerksdirektor in den
Hüttenwerken im Karlstal tätig gewesen.
Neben seiner wildromantischen Schönheit
hat das Karlstal auch kulturgeschichtlich seinen Besuchern viel zu
bieten.
hukwa
Alle Fotos Copyrights Ute Knieriemen-Wagner |