Dienstag, 28. Oktober 2014

Sagenhaftes Karlstal

Weit über die Grenzen der Pfalz hinaus wird das romantische Karlstal als ein Kleinod unter den Tälern des Pfälzerwaldes geschildert. Kein geringerer als der bekannte Gartenarchitekt F. L. Sckell der für München den englischen Garten erbaute, hat vor fast 200 Jahren über das Tal folgend geschrieben: „Eines der schönsten Täler, die ich in dieser Art gesehen und auch bearbeitet habe, nämlich in dem ich die hinter den Ästen der Bäume und Sträucher versteckt gelegenen Felsmassen mit ihren Wasserfällen dem Genusse unter bildlichen Formen näher brachte und durch Zugänge die Möglichkeit bewirkte, diese ausgezeichneten Ruysdaels in ihrer ganzen Schönheit zu sehen, liegt in der Herrschaft Trippstadt in der Rheinpfalz, damals das Karlstal genannt. Ein kräftiger Bach stürzt sich da hinab in ein romantisches und durch die ehrwürdigen Buchenbäume in ein feierliches Dunkel gehülltes Tal. Kolossale Felsenstücke denen die Natur die ausgezeichnetsten malerischen Formen verliehen hat, wie ich sie fast nie schöner gesehen habe, liegen z. T. an den Berghängen und in der Tiefe, wo sie dem Bache auf eine Länge von ¾ Stunden unaufhörliche und abwechselnde Hindernisse darbieten, über die er bald mit einem Lärm, der im Tale widerhallt, herabfällt, bald murmelnd und ruhig bis zu einem neuen Kampfe dahingleitet. Nachdem sich aber der Bach durch dieses romantische Tal und zwischen diesen Felsmassen gewaltsam durchgedrängt und eine Menge Wasserfälle von vorzüglicher Schönheit und hohem Kunstwerke unter den verschiedensten Umrissen und Wirkungen gebildet hat, ergießt er sich am Ende in einen ruhigen Teich, in welchem sich die Trümmer einer längst zerfallenen Ritterburg, Wilenstein, von einer Anhöhe spiegeln. Hier hört aller Lärm auf und die Natur ist wieder in ihren ruhigen Zustand getreten“.
Auch die Sage weiß uns einiges aus alten Zeiten über das Tal zu berichten. So erzählt eine Legende von einer uralten Eisenschmelz die hier einst gestanden habe und die dem in einen alten Eichbaum verwandelten Grafen von Wilenstein jährlich eine Eisenrüstung liefern musste.
Sagenhaft ist auch die Verbindung zur Burg Wilenstein: „ Einst verdingte sich ein schöner Jüngling – man wusste nicht, woher er gekommen war – in die Nähe des Schlosses als Schäfer. Seine Schönheit und sein edles Wesen machten ihn bald bemerklich, so dass alles von ihm redete. Der Ruf von dem rätselhaften Hirten drang auch zu der Tochter des Ritters von Flörsheim auf Wilenstein und sie war begierig ihn zu sehen.
Beim Blumensuchen fand das Fräulein den Schäfer schlafend auf einer Wiese. Als dieser erwachte floh die Jungfrau mit raschem Schritte zur Burg, doch trug sie sein Bild mit sich fort im Herzen. Als sie ihn nach kurzer Zeit wiedertraf wechselten beide einige Worte. Täglich war sie nun auf dem erker des Schlosses wenn der Schäfer mit seiner Herde hier vorbeikam. Alle Bewerber, die auf Wilenstein erschienen und um ihre Hand anhielten wurden abgewiesen. Als aber ein Graf Siegbert um ihre Hand anhielt, drang der Vater auf Zusage und die folgsame Tochter schwankte schon. Nur noch einmal wollte sie vorher von ihrem Erker den Schäfer sehen, doch dieser kam nicht mehr.
Bangen Herzens eilte sie an den Ort, wo er gewöhnlich seine Herde weidete, dort traf sie einen anderen von dem sie hörte wie dem schönen Hirten das Herz vor Gram gebrochen war und er im kühlen Grabe schlummerte. Leichenblass und wankend suchte sie bei einem nahen Klausner Trost. Aber auf dem Rückweg zur Burg fiel die vor Schreck noch halb Betäubte von einem Steg, den sie überschreiten wollte, ins Wasser und ertrank.
Der Klausner berichtete alles dem verzweifelten Vater. Der ließ zum Gedenken ein Kirchlein bauen und Hirtenstab und Flöte gehauen in Stein am Turme einfügen. Beide Zeichen sind am Turm der untergegangenen Kirche beim Aschbacherhof noch heute zu sehen“.
Eine andere Sage erzählt von einer ledernen Brücke die einst die Burg mit dem Wilensteinerhof verbunden haben soll. Auch von einem Hund mit einem Schlüssel im Rachen der einen Schatz bewacht erzählt uns eine alte Legende.



Solche Sagen wie die aus dem Karlstal nennt die Volkskunde ätiologische Sage, d.h. Sie liefern eine „Erklärung“ für die Entstehung oder Herkunft eines augenfälligen Wahrzeichens der örtlichen Umgebung. Im Karlstal sind dies neben einigen Felsen, vor allem die Einsiedlerhöhle in der Karlstalschlucht. Ein bestimmter Platz oder Gegenstand regt die Sagenbildung an, gerade weil er den in der nächsten Umgebung Lebenden einzigartig erscheint; doch die daraus, entstehenden Geschichten sind alles andere als einzigartig, sie ordnen sich vielmehr fast immer in bestimmte Muster ein, die der Volkskundler als weit verbreitet erkennt.
Das Karlstal mit seiner wilden und Rauhen Schönheit hat immer wieder kreative Menschen dazu inspiriert seine Landschaft zu beschreiben oder im Bild festzuhalten.
Wahrscheinlich ist der Aufenthalt von Friedrich Schiller im Karlstal auch nur eine Legende. Die Anregung zu seiner Ballade „Ein Gang zum Eisenhammer“ soll er sich im „Wüstetal“ geholt haben.Obwohl Schiller wahrscheinlich niemals in Trippstadt weilte zeugt seine „angebliche einstige Anwesenheit“ von der Magie die von dieser Landschaft ausgeht.
Vom Trippstadter Friedhof aus führt eine Spur, wenn auch über einige Umwege zu Johann Wolfgang von Goethe. Hier erinnert ein gußeisernes Kreuz an Carl Friedrich Brion, einen Neffen von Goethes Straßburger Liebe Friedericke Brion aus Sessenheim. C.F. Brion war als Hüttenwerksdirektor in den Hüttenwerken im Karlstal tätig gewesen.
Neben seiner wildromantischen Schönheit hat das Karlstal auch kulturgeschichtlich seinen Besuchern viel zu bieten.
hukwa



Alle Fotos Copyrights Ute Knieriemen-Wagner