Gedanken zu einem alten Steinrelief bei der Burg Wilenstein
in Trippstadt,
unter Heranziehung
der örtlichen Begebenheiten, lokalen Märchen, Sagen und Überlieferungen.
Von Hans Wagner
Das alte Steinrelief bei der Burg Wilenstein gibt dem
Heimatforscher und Heimatkundler Rätsel auf. Wer hat es in die Felswand
gehauen? Ist es ein frühzeitliches Kultrelief? Stammt es aus der Keltenzeit?
Besteht ein Bezug zur Burg Wilenstein (was man nicht ausschließen darf) oder
hat es ein abergläubischer Mensch vor hundert oder zweihundert Jahren in die
Felswand geschlagen? Wahrscheinlich werden wir nie erfahren warum dieses
„Gesicht“ dort angebracht wurde. Doch die Aufgabe des Heimatkundlers ist nun
einmal den Dingen auf den Grund zu gehen und bei einer solch rätselhaften
Angelegenheit steht am Anfang einfach einmal die Vermutung, die These.
Bis in die jüngste Zeit sind volkstümlicher Aberglaube und
volkstümliche Bräuche ein integraler Bestandteil des ländlichen Lebens in allen
seinen materiellen und sozialen Aspekten gewesen und haben hieraus ihren
funktionalen Sinn und Wert bezogen. Es waren mehr als bloße Überbleibsel
untergegangener archaischer Denksysteme.
Im Gegenteil: Ebenso wie ein im Mittelalter geformtes Werkzeug noch im
19.Jahrhundert den Bedürfnissen eines Handwerkers genügen konnte, war der eine
oder andere alte Brauch oder Aberglaube auch noch von Bedeutung für seine
Hoffnungen, Ängste oder Bedürfnisse.
Die Vermischung christlicher Lehren mit Elementen eines aus
einer vorchristlichen Phase oder einer nichtchristlichen Kultur stammenden
Aberglaubens war im Grunde unvermeidlich, und schon die Missionare selbst
begannen damit: Statt die althergebrachten Bräuche ganz zu zerstören,
versuchten sie in der Regel eher,, sie in das Christentum zu integrieren, indem
sie ihnen eine für die Kirche akzeptablere Deutung gaben.
In allem Lebendigen wirkt das, was einst war, stetig weiter
und geht damit als ein Element in jede Gegenwart ein. Insofern bleibt die
Vergangenheit auch dann lebendig, wenn sie dem Bewusstsein entglitten ist.
Unser geschichtliches Wissen gründet sich nur zu einem geringeren Teil auf
unmittelbare Überlieferung. Meistens musste der Mensch es sich erst aufs neue erobern,
nachdem es lange schon verschüttet gewesen war. Immer wieder hat man versucht
dieses Dunkel „vor der Geschichte und aus der Geschichte ,“ zu erhellen. Auch
dann wenn zwischen unserem Dasein und der fernen Vergangenheit keine Verbindung
erkennbar ist, scheint uns ihre einstige Wirklichkeit mit unserer eigenen
Existenz verknüpft zu sein: sei es auch nur in dem Sinne, dass in ihr eine
Möglichkeit alles Menschlichen Gestalt gewonnen hat, die wir dann auch in uns
wiederfinden.
Womit wir bei der ätiologischen Überlieferung sind. Die
ätiologische Sage liefert eine „Erklärung“ für die Entstehung oder Herkunft
eines augenfälligen Wahrzeichens der örtlichen Umgebung, eines Ortsnamens oder
eines überlieferten Brauchs. Sie versucht auch die Elemente einer Landschaft
volkstümlich zu deuten, die einer Erklärung für den Menschen bedürfen. Für
Trippstadt wäre eine solche Sage „das Ritterfräulein und der junge Schäfer“,
die im Karlstal und dem Aschbacherhof spielt und die Legende des „Felsenweibes
aus dem Karlstal“. Beide Erzählungen haben das „steinige Karlstal“ und die
„Einsiedlerhöhle“ als hervorragendes Element dieser Landschaft in ihrem
Mittelpunkt.
Einige ätiologische Sagen lassen sich auf Grund von Angaben
in schriftlich überlieferten Quellen wie Chroniken oder Lebensbeschreibungen
von Heiligen oder etwa auf Grund des erstmaligen Vorkommens eines
unverwechselbaren Ortsnamens, der sich auf bestimmte Erzählungen bezieht,
eindeutig als mittelalterlichen Ursprungs erkennen (z.b.Ritterfräulein und
junger Schäfer).
Nicht nur auffällige landschaftliche Merkmale, sondern auch
einzelne Bäume, Pfade, Kreuzungen (z,b. in dem Märchen: die Mutprobe von
Trippstadt), Felder und Teiche können Gegenstand solcher Erzählungen sein;
unter den Gebäuden sind es vorwiegend diejenigen, die im Gemeindeleben eine
zentrale Rolle spielen – Kirche, das Gasthaus, das Herrenhaus (Drückemännche)-
sowie diejenigen, die das eine oder andere außergewöhnliche architektonische
Kennzeichen aufweisen (hier: alter Turm auf dem Aschbacherhof- eingemeißelter
Hirtenstab und Flöte).
Alles, was den Blick auf sich zieht- von einer unleserlichen
Grabinschrift bis zu einer seltsamen Erscheinung an einem Gebäude- kann Neugier
und Phantasie anregen und somit zur Entstehung einer Sage beitragen. In den
Erzählungen kann das Übernatürliche eine Rolle spielen, ebenso gut können sie
aber auch jene vereinfachte Darstellungen, der nationalen und regionalen
Geschichte verkörpern, die im kollektiven Gedächtnis fortlebt. Oder sie können
sich mit alltäglichen Erscheinungen auseinandersetzen, mit Morden, Wilddieben,
Schmugglern, mit vergrabenen Schätzen (Wilenstein) oder allbekannten lokalen
Gestalten (Langensohler Märchen).
Wenn man versucht ein Geheimnis wie das des Steinreliefs auf
Burg Wilenstein zu lüften muss man vorgehen als arbeite man an einer
Monographie. Diese ist ja eine Spezialuntersuchung mit dem Ziel, eine einzelne
Geschichte oder auch Erzählung, Märchen oder Sage oder eben ein Gebilde in all
ihren Wendungen und Wandlungen durch die Zeitläufe zu verfolgen.
Wenn sich nun der Heimatkundler auf ein solches Gebiet der
Forschung begibt heißt dass er muss allererst alles Prüfen ohne vorgefasstes
Urteil. Er muss sorgfältig Arbeitsschritt für Arbeitsschritt miteinander
vergleichen. Es ist also die Arbeit der vergleichenden Volkskunde.
Ein primitives Steinrelief auf Burg Wilenstein gibt Rätsel
auf!
Ein Denkmal keltischer Tradition?
Ich habe lange Zeit nach Überlieferungen gesucht, die mir
den Sinn des „steinernen Gesichts“ von Burg Wilenstein erklären konnte. In
Trippstadt wurde ich noch nicht fündig, doch habe ich solche primitive
„Fratzen“ schon öfters in der Pfalz gesehen. Meines Erachtens könnte es sich
unter anderem um einen sogenannten „Abwehrkopf“ oder „Neidkopf“ handeln.
Abwehrköpfe sind in unserer Gegend weniger bekannt. Es gibt
sie aber schon seit vorchristlichen Zeiten, in vielen Teilen Deutschlands
finden wir sie vereinzelt, meistens in Holzbalken geschnitzt oder in Steine
oder Felsen gehauen. Es handelt sich hierbei um Abwehrdämonen. Ihre Anfänge
liegen mindestens in keltischer Zeit. Die Kelten betrieben einen religiösen
„Kopfkult“. Sie brachten an ihren späteren Kultbauten Steinköpfe an. Dieser
Brauch blieb so stark im Volk verwurzelt, dass in den ehemaligen
Keltengebieten, wozu auch unsere Gegend zählt, an Felsen, Burgen oder Steinen
diese „Abwehrköpfe“ weiterhin angebracht wurden.
Seit dem Mittelalter (der Brauch hat überlebt) nennt man sie
auch „Neidköpfe. Der Name kommt vom althochdeutschen Begriff Nid, der Hass,
Zorn oder Neid bedeutet. Der starre Blick dieser Gebilde soll die Menschen vor
Neid Verwünschungen und bösen Geistern bewahren. Vor allem in der alemannischen
Fasnacht hat sich der Brauch von „Neidköpfen“ bis heute erhalten.
Man ließ auch Menschen auf diese steinernen Gesichter schwören
da man davon ausging, dass Steine ewig halten, so sollte auch der Schwur ein
Leben lang gültig sein.
Nun muss unser „Wilensteiner Gesicht“ nicht aus der
Keltenzeit stammen, vielleicht ist es gerade einmal 100 oder 200 Jahre alt,
aber die Wurzeln führen eindeutig in keltische Zeiten zurück. Ist vielleicht sogar der Name „Wilenstein“
keltischen Ursprungs, abgeleitet von den „drei Bethen“ einer
germanisch-keltischen dreier Gottheit? Ist die Burg vielleicht auf einer
einstigen keltischen Kultstätte erbaut?
Es gibt eine drei Göttinnen Mythologie wie sie über die
Jungsteinzeit bis hin zu Germanen und Kelten bestanden hat. Mit dieser drei
Frauen Gestalt tauchen Namen auf womit sich auch die Sprachwissenschaft
beschäftigt hat. Sie lauten Am-beth, Will-beth und Bor-beth, wobei die Namen abhängig von Region, Landschaft
und Dialekt Unterschiede aufweisen, „am“ geht auf eine Ursilbe zurück, die mit
„ana, anna und anu“auf eine Urmutter (Matrichat) hindeutet.
„Bor“ ist eindeutig keltisch. Wilbeth steht mit dem englischen
wheel in Zusammenhang. Die Bedeutung für Rad wird auch im allgemeinen Sinne für
eine Rundform überhaupt gebraucht und mit dieser Deutung wird ein Bezug zum
Mond hergestellt (Wilbeth war eine Mondgöttin). An vielen Stätten ihrer
Verehrung in ganz Deutschland, erinnern viele Ortsnamen wie Wielenbach,
Wielpütz, Wielenstein, Wilroda, Villingen, Frauenwüllesheim, und die
zahlreichen Beilstein und Bilstein. Die Stadt Weilburg führt ihren Namen auf
diese Mondgöttin zurück. So könnte auch der pfälzische Ortsname Weilerbach
ursprünglich keltisch sein, soweit der Name nicht von lat. „villare“ abgeleitet
ist. Erhärtet wird diese These natürlich auch durch das Vorhandensein des
berühmten Fürstengrabes aus der Latene Zeit in Rodenbach / Weilerbach.
In der weiteren Umgebung von Burg Wilenstein wissen wir von
keltischen Siedlungen. Etwa 9oo v. Z. war der Ort Dansenberg von Kelten
besiedelt, die ihre Verkehrswege mit Menhiren markierten, von denen einer im
Bereich des heutigen Friedhofs von Dansenberg gefunden wurde. In Johanniskreuz
befand sich eine alte keltische Handelsstrasse mit Verbindungen von Bad
Dürkheim, wo sich ein keltische Ringwall befand, zur Heidelsburg in
Waldfischbach.
Unterhalb der Burg Wilenstein fließt die Moosalb ein kleiner
Waldfluss. Der Namensbestandteil alb für Bach- und Flussnamen, stellt eine
altwestische (vorindogermanische) Bezeichnung für Fluss- und Bachbette sowie
Weißwasser dar, die sich im keltischen Sprachschatz ebenfalls
widerspiegelt.
Die sogenannten „drei Bethen“ (Muttergöttinnen) sind eng
verbunden mit Steinen, Höhlen, Bergen und Quellen, all dies findet sich in der
Umgebung von Wilenstein, gerade einmal wenige hundert Meter von der Burg
entfernt beginnt die Karlstalschlucht ein Landschaftsteil von herber urhafter
Schönheit. Noch Heute erscheint diese Örtlichkeit geheimnisvoll und zieht viele
Besucher in einen mystischen Bann. Nun wissen wir mit Sicherheit das die
heiligen Plätze der Kelten in wohl gesuchter Abgeschiedenheit von den
politischen und wirtschaftlichen Zentren lagen.
Wie in Griechenland die heiligen Felsen und besondere Bäume
die ursprüngliche Kultstätte bildete waren auch den Kelten auffällige
Berggipfel und schroffe Abhänge sowie einsam empor stehende Felsen heilig.
Archäologische Funde ,z.b. großer Berg bei Kindsbach, bestätigen für unseren
Raum die frühzeitlichen Überlieferungen der Verehrung von Gottheiten an
Felsaltären. Nach der römischen
Besetzung der keltischen Gebiete wurden die mit römischen Götternamen belegten einheimischen
Götter, die in der keltischen Naturreligion wurzelten, vielerorts weiterhin in
Heiligtümer auf beherrschenden Bergen verehrt. Der „große Berg“ bei Kindsbach,
der ja wissenschaftlich sehr genau untersucht wurde gibt uns davon aufs
deutlichste Kenntnis. In ganz Europa finden wir solche Bergheiligtümer als
Erscheinungsorte und Sitze der Götter, als Verbindungsstätten zwischen Erd- und
Himmelsgöttern, als Omphalos, als Nabel der Welt.
Vieles spricht dafür das der Berghang auf dem die Burg
Wilenstein erbaut wurde in früher Zeit als Kultplatz genutzt wurde (es muss ja
nicht gleich eine Viereckschanze sein), auch die Christen bauten überall kleine
Kapellen.
Der Bereich des Landkreises Kaiserslautern weißt eine solche
dichte Besiedelung frühzeitlicher keltischer Besiedelung auf das es fast als
unmöglich erscheint dass die Kelten auch nicht in der Gegend von Trippstadt
zumindest kultisch „tätig“ waren.
hukwa