Im Heimatjahrbuch des Landkreises
Kaiserslautern von 1984 beschreibt Lothar Keller den „Landauer Weg“
in Trippstadt als eine alte Verkehrsverbindung die von Landau über
Albersweiler, Eußertal, Hochstett, „Tribstatt“ und „Hohneck“
nach „Kayserslautern“ führte. Keller bezieht sich in seinem
Artikel auf Daniel Häberle der eine „Geleitstraße“ beschrieb
die von der „Vorderpfalz direkt über die Höhen des Pfälzerwalds
führte und nach dem Landauer Vertrag von 1612 diese von Germersheim
durch Albersweiler auf Eußertal und Lautern zog“.
„Diese alte Straßenverbindung hat
sich zwischen Eußertal und Johanniskreuz in Richtung Kaiserslautern,
in ihrer Führung nochmals geändert, zumal man erst im späten
Mittelalter Verkehrswege von den Höhen auch in die Täler verlegte“.
Was mich besonders an diesem Artikel
interessiert hat war das Wort „Geleitstraße“. Denn: Wo eine
Geleitstraße war, musste es auch ein Geleitrecht gegeben haben. Was
ein solches Geleitrecht war darauf möchte ich hier ein wenig näher
eingehen.
Ein Teil dieser mittelalterlichen
Geleitstraßen ist zweifelsohne römischen Ursprungs. Es waren die
Römer die große Heer- und Handelsstraßen anlegten. Aber im
Mittelalter wurden auch neue Straßen angelegt.
Im hohen Mittelalter war das
Geleitrecht Regalie, die aber im Spätmittelalter sich mehr und mehr
von der sich bildenden Landesherrschaft in Anspruch genommen wurde,
teils durch Übertragung als Lehen, teils aus eigenem Recht
wahrgenommen. Durch das Statum in favorem principum – Statut zu
Gunsten der Fürsten – wurde 1231 das Geleitrecht durch den König
den Fürsten in Ihrem eigenen Territorium als Recht zugestanden.
Gleichwohl kam es immer wieder zu Streiten, wem den ein konkretes
Geleitrecht zustehe. Mit dem Reichstagsabschied von 1548, wurde das
Geleitrecht den Landesherren endgültig übertragen, sie aber auch
verpflichtet, die Sicherheit in ihrem Territorium zu gewährleisten.
Das Geleitrecht war natürlich ein gutes Einkommen für die
Landesherren, Straßen waren im Mittelalter also bares Geld wert.
Um die Verwaltungsmittelpunkte
Kaiserslautern und Burg Trifels zu sichern wurden im 12/13 Jh.
zahlreiche Reichsburgen erbaut. Diese Burgen mussten durch ein Weg-
und Straßennetz miteinander verbunden werden. Diese Reichsburgen
darunter Hohenecken, Wilenstein, Beilstein und Frankenstein in
unserem Raum dienten neben militärischen Zwecken auch
Verwaltungsaufgaben und wurden zu Zentren für die Anlage von neuen
Siedlungen und Klöstern. Es war die große zeit der Burgenpolitik.
Diese war ja nichts anderes als Macht und Herrschaftspolitik. Von
jeder Burg aus sollte Herrschaft durchgesetzt werden. Die Anlage
einer Burg bedeutete Fuß fassen einer Herrschaft oder Dynastie.
Deshalb ist Burgenpolitik auch ein wesentliches Element beim
Entstehen der Staatlichkeit im hohen und späten Mittelalter gewesen.
Die Entstehung und Durchsetzung der Landesherrschaft und deren Ausbau
zur Territorialhoheit sind untrennbar mit der Burgenpolitik
verbunden. Die Träger dieser Burgenpolitik waren König, weltliche
und geistliche Fürsten, geistliche Orden, Vasallen, Ministeralien
und Burgmannen.
Die wichtigste Verbindung der Burgen
und Klöster untereinander waren die wege und Straßen. Diese
unterlagen wiederum besonderen Gesetzen und Rechten, nämlich dem
Geleitrecht.
Beim Geleitrecht unterscheidet man ein
„allgemeines Geleit“ welches einen jeden vor Unsicherheit und
Schaden beschützt, und ein besonderes, welches wenn große Herren
durch ein Land reisen ausgeübt wird. Zu den letzteren rechnete man
auch das Geleit der Goldenen Bulle von 1536: zu dem alle Stände
verpflichtet waren, in dem sie „nemlich die Churfürsten oder ihre
Gesandten wann sie nach der Kaiserlichen Wahlstatt reisen“, um dort
bei der Königswahl zugegen zu sein, schützten. Wichtiger allerdings
war das allgemeine Geleit. Es „erstreckte sich selbiges auf alle
Reisende, die es benöthigen“.
Durch das Gebiet unseres Landkreises,
zieht die bedeutende West – Ost Verkehrsader, die schon im
Mittelalter als „strata regia“ bekannt war. Diese Straße mit
ihren Endpunkten in Metz und Mainz besaß als Heer- und Handelsstraße
eine wichtige überregionale Bedeutung. Was schon daraus hervorgeht
das allein im Zeitraum eines halben Jahrhunderts an dieser Straße in
einem Abschnitt von knapp 60 Kilometern drei Klosterniederlassungen
mit Hospitälern gegründet wurden, die für die Reisenden und Pilger
zu sorgen hatten. So übertrugen 1212 die Grafen von Saarwerden dem
Kloster Werschweiler ein Hospital in Vogelbach.
Das Geleitrecht in unserem Gebiet, vor
allem im Oberamt Lautern oblag vor allem den Herren von Hohenecken,
deren Bedeutung man nicht unterschätzen darf. Dieses Geschlecht
stellte nicht nur auf Jahrzehnte die Schultheißen von Lautern
sondern hatte auch für einige Zeit die Verwaltung des Trifels und
somit der Reichskleinodien unter sich. Auch die Grafen von Leiningen
hatten ein Teil des Geleitrechts unter sich.
Aus dem Jahre 1738, knapp 60 Jahre vor
dem Ende des Geleitwesens überhaupt ist eine „Bestandsaufnahme“
des Geleits im Oberamt Lautern erhalten. Dieser Bericht gehört zu
einer umfangreichen Zusammenstellung aller Geleitsgerechtsamen im
gesamten kurpfälzischen Territorium. Die einzelnen Oberämter wurden
in einem Schreiben vom 24. Mai 1738 von der Regierung i8n Mannheim
aufgefordert, „besondere Protocolle... über alle vnd gelaiths auf
– vnd abführungen...mit anmerkungen... von dem Gelaiths Directore
vndt Reuthern... ad Registraturam Satrapialem“ zu hinterlegen.
Da ich bisher über das Geleitrecht im
Mittelalter nur sporadisch fündig geworden bin gebe ich einmal
wieder was das im Jahre 1735 erschienene „Universallexikon aller
Wissenschaften und Künste“ von Johann Heinrich Zedler berichtet,
schließlich ist dies ein zeitgenössischer Bericht über das Geleit.
Dieses Werk beschäftigt sich eingehend mit allen „Staats-,
Kriegs-, Rechts-, Polizey- und Haushaltungsgeschäften des Adels und
Bürgerlichen Standes“. Zedler versteht unter Geleit „alles das
was die hohe Landes Obrigkeit zu sicherer und bequemer Geleitung der
im Lande Reisenden, sonderlich aber deren Handelsleute verordnen und
schaffen muss, es geschehe nun mit Beschützung derer Straßen vor
Raubung und Plackerey oder mit Erhaltung derer Straßen selbst, derer
Brücke, derer Dämme..., dass man darauf mit Fahren und
Wandeln...fortkommen kann.
Es gab auch Personen denen man kein
Geleitrecht zusagte. Dazu gehören nach Zedler:
- die Landfahrer, Marck – Schreier, Singer und Reimensprecher, die sich der Artzney unterstehen und die mit keinem Grund gelernet.
- Welche im gemeinen Frieden im Reich Teutscher Nation in Religion und Profan Sachen brechen.
- Mörder, Straßen und Seeräuber.
- Zottirer (= Herumschlenderer), Herrenlose Knechte und Landläuffer.
- Starcke, gesunde und müßige Bettler.
- Die Zigeiner.
- Verlauffene Unterthanen.
- Müntzfälscher und deren Verhehler.
- Offenbare Feinde, Verräthrt, Kundschaffter und überläuffer, besonders wenn sie dem Türcken und anderen Reichsfeinden beyrätihg sind.
- Die Banniten (sic!) und Achter des Reichs.
Die Grenzen der Geleitstraßen sollten
besonders gekennzeichnet sein, wie Zedler angibt. Geleitsteine
„woraus zu sehen, wie weit solche Herrlichkeit (= Geleitrecht der
Fürsten) gehet“, sollten von den benachbarten Geleitsherren
gemeinsam gesetzt werden. Es waren dies meist „gewöhnliche
steinerne Creutze, daran des Geleits – Herren Wappen samt der
Jahreszahl und das Wort Geleit gehauen wird. Bisweilen setzte man in
die Geleitsgränzen hohe Steine oder steinerne Säulen oder höltzerne
Bild – Stöcke“. Im Oberamt Lautern wird ein solcher
„Gräntzstein“ auf der Strasse von Alsenborn im Göllheimer Wald
an der Nassau – Weilburgischen Territoriumsgrenze erwähnt, während
zur Herrschaft Sickingen „ein Brückel bei Kinschbach“ die
Geleitsgrenze bildete.
So kündet in Johanniskreuz das „Herr
Johannes Kreuz“ von 1273 das die Wappen der Ritter von Hohenecken
und Wilenstein trägt vom mittelalterlichen Geleitsrecht: Die
Hohenecker hatten das einträgliche Straßengeleitsrecht hier inne,
während die Wilensteiner hier Besitzungen hatten. Dieser Stein war
Grenzstein und Geleitstein zugleich, auch kann man davon ausgehen
dass viele sogenannter „Sühnekreuze“ eigentlich Geleitsteine
sind. Wir werden noch anhand einiger Urkunden erfahren wie wichtig
und ausführlich das Geleitrecht in unserer Region ausgeführt wurde.
Das Geleit selbst konnte auf zweierlei
Arten ausgeführt werden. Das sogenannte „schriftliche Geleit“
wurde Reisenden während des ganzen Jahres erteilt, indem man ihnen
einen „Geleitbrief“ ausstellte, der ihnen das Recht gab, durch
das Land „mit Sicherheit zu reisen“. In den Zeiten der Franfurter
Messe wurde den Kaufleuten das „lebendige oder persönliche Geleit“
durch herrschaftliche Diener gegeben. Die Stärke dieser
Geleitmannschaften war zu gewissen Zeiten recht unterschiedlich.
Waren es im Normalfall nur einige, meist berittene Mann, zu denen
oftmals ein Trompeter gehörte, so erreichte ihre Zahl bei Unruhen
und „Kriegsläufften“ manchmal die Hunderte grenze. Vor der
Aufführung des Geleits musste der Geleitsherr dafür sorgen, dass
die Straßen „vor Rauberey und Plagerey“ geschützt waren.
Berittene Streifen mussten versuchen, die Gegenden der Geleitstraßen
von Gesindel und Räubern zu säubern. Bei Überfällen wurden die
Untertanen der umliegenden Dörfer durch Glockenläuten
zusammengerufen, um die Sicherheit wieder herzustellen und die Räuber
zu verfolgen. Von solchen Aktionen berichten die kurpfälzischen
Akten des 17. und 18. Jahrhunderts mehrfach, denn der Geleitsherr
musste für Verluste, die dem Reisenden unter seinem Geleit
zustießen, Schadensersatz leisten. So unterbreitete im Jahr 1780 das
Oberamt Oppenheim der Regierung in Mannheim den Vorschlag, ein
Wäldchen, das Räubern immer wieder Unterschlupf bot, niederhauen zu
lassen, um damit eine größere Sicherheit für die Geleitsführung
zu erreichen.
Einem Bericht des Lauterer Oberamtes
vom 11. Juni 1738 von den kurfürstlichen Beamten heyler und Diel
nach Mannheim abgeschickt über die Geleitstrecke zur Frankfurter
Fasten- und Herbstmesse entnehmen wir...“bishero exercirt worden
seyen“, heißt es hier, dass „über das auf- und abführende
Geleit jedesmahl besondere protocolla“ geführt werden mussten.
Diese wurden nach dem Ende der Meßzeiten vom Geleitsdirektor
unterschrieben und „ad registraturam Satrapialem“ geschickt und
dort hinterlegt.
Die eigentliche Geleitstraße in
unserem kurfürstlichen Oberamt ist die alte „strata regia“, die
heutige Kaiserstraße. Sie begann am „Brückel hinder dem
Sickingschen Dorff Kinschbach“. Hier wurden die Kaufleute und
andere Reisende „von hochfreyherrlicher Sickingscher seithen“
übergeben, die sie ihrerseits an der westlichen Grenze des eigenen
Territoriums von Pfalz – Zweibrücken empfangen hatten. Die
Aufnahme in das kurpfälzische Geleit geschah unter der Vornahme
bestimmter Zeremonien, wie uns aus den Berichten anderer Oberämter
mitgeteilt ist, im Oberamt Lautern aber verschwiegen sind wohl weil
man sie als Selbstverständlichkeit ansah. Das wichtigste aber war
die Bezahlung einer bestimmten Summe, deren Höhe sich nach der
Anzahl der Personen, nach ihrem mitgebrachten Handelsgut und nach der
Art ihres „Verkehrsmittels“ richtete. Dieses Geleitsgeld ist
nicht mit dem Zoll gleichzusetzen, es ist allerdings zu erwähnen,
dass im 18. Jahrhundert der Unterschied zwischen beiden Abgaben
oftmals unkenntlich wird und man vielfach von einem „Geleitzoll“
spricht.
Von der Brücke bei Kindsbach zieht die
Kaufmannschaft unter dem Schutz der Geleitreiter nach Einsiedeln
(Einsiedlerhof – Kaiserslautern). Auffallender Weise heißt es nun
in der Beschreibung: „durch Einsiedel reitet man unten über den
Damm nachher Ramstein vdn von dannen durch Kübelberg und so weiter
forth biß an die Zweibrückischen Gräntzen zwischen Kübelberg und
Waldmohr, allwo zwarn das Pfaltz – Zweybrücksche geleith nie
erschienen. Nach solchem reuthet man auf Alßenborn und von dar
weiters bis in die helft des gellheimer waldts zum Gräntzstein,...
zurück durch Alßenborn und Lautern biß ahn das Brückel bey
Kinschbach,, allwo den hochfreyherrlich sickingschen daß wider
abführende geleith überlieffert wird. Anschließend ziehen die
Geleitsmänner erneut durch Einsiedeln und von dort über den Damm
nach Ramstein und Kübelberg, biß auf die Zweibrückische Gräntzen
onweit Kübeberg, womit sich dan das geleith endigt“. Es ist nicht
sonderlich schwer zu erraten, warum dieser Umweg von Einsiedeln nach
Waldmohr benutzt wurde. Man wollte damit das Sickingsche Territorium
„umbfahren“, um so wohl die Einnahmen des dortigen Geleits zu
schmälern. Auf alten Karten ist dieser Weg noch eingetragen.
Eine bemerkenswerte Lauterer
Einrichtung wird uns in dem Geleitsbericht noch überliefert. Nähert
sich der Geleitsreiter des Oberamtes Lautern der Deutsch Orden
Einsiedel, dann erhielten sie ein „Imbs vnd vor die Pferdt ein
halbes Malter Habern“. Die Deutsch Ordens Knechte mussten ihnen die
Tore öffnen nachdem die „Geleitesreuther zuforderst ein
pistohlschuß“ abgefeuert hatten. Dieser Brauch beruhte auf einer
alten Gerechtsame, die auf die Aufgabe der Deutschherren, Pilger und
Reisende zu unterstützen, hinweist.
Im Lauterer Urkundenbuch herausgegeben
von Martin Dolch und Michael Münch finden sich einige Urkunden über
das Geleitrecht, Geleitbrief, Geleitschutz und Geleitgeld, eine davon
sei hier wiedergegeben:
Lautern den 24. August 1334 (also ein
Jahr nach dem Landfrieden von Kaiserslautern)
Die Brüder Simon (II.) und Eberhard
(II.), Grafen von Zweibrücken und Herren zu Bitsch, verbinden sich
Baldewin, Erzbischof von Trier und Pfleger der Stifte Mainz und
Speyer, auf dessen Lebenszeit zu Hilfe und Dienst gegenüber
jedermann, soweit es ihre Ehre zulässt, mit acht wohl bewaffneten
Reitern, auf seine Kosten und gegen Schadenersatz. Bei
Auseinandersetzungen mit Untertanen des Erzbischofs werden sie ihr
Recht nur in einem Gericht aus ebenbürtigen Lehensmannen Baldewinns
suchen. Sie werden nichts zum Schaden des Erzbischofs und der Seinen
unternehmen und die Landstraßen und die Kaufleute schützen. Sie
haben den gemeinen Landfrieden zu Lautern beschworen und wollen mit
einem Kontigent von 10 Bewaffneten zu seiner Durchsetzung beitragen.
Siegler: die Aussteller.
hukwa
Literaturverzeichnis:
Gebhard Weig: Das ius conducendi der
Bischöfe zu Würzburg. Eine Studie zur Rechtsstruktur, politischer
Funktion und Organisation des Geleitrechres. Würzburg 1970.
A. Neubauer: Regesten des Klosters
Werschweiler. Speyer 1911 Nr. 28, 29
K. Schwingel: Die Bedeutung der Straße
Metz – Mainz im Nassau – Saarbrückischen Reichsgeleit. In
Geschichte und Landeskunde 1960.
Kurt Andermann: Ritter – Edelknechte
– Amtleute Pfälzer Heimat 1985 Heft 1.
Karl Bosl: Die Reichsministerilität
der Salier und Staufer...Wiesbaden 1978.
Ludwig Hans: Burgenpolitik und
Herrschaft, untersucht an ostpfälzischen Beispielen des 13.
Jahrhunderts. Pfälzer Heimat Heft 1. 1984
Rudolf Fendler: Über das kurpfälzische
Geleitwesen im Oberamt Lautern. Heimatkalender des Landkreises KL.
1966.
Hubert Zintl: Johanniskreuz- Eine
Forst- und Waldgeschichte 2006.