Sonntag, 18. November 2018

Aufstieg und Fall der Hohenecker - eines katholischen Adelsgeschlechts

 
Burg Hohenecken - Foto©UteKW

Zu den Dorfschaften der Hohenecker im heutigen Landkreis Kaiserslautern gehörten: Hohenecken, Espensteig, Vrondau (frühere Bezeichnung für Breitenau), Siegelbach, Stockborn (früher Stockwill) und Erfenbach mit Lampertsmühle, Kollenbach b. Erfenbach (Wüstung). Auch das zwischen der Gemarkung von Hohenecken und Siegelbach gelegene Gebiet von Vogelweh und Lichtenbruch sowie Einsiedlerhof gehörten zum Herrschaftsgebiet der Hohenecker. Die Herrschaft Hohenecken verfügte somit über ein Gebiet das nach heutigem Flächenmaß etwa 4000 ha groß war. Nach einer späteren Abtretung von Vogelweh, Einsiedlerhof und Lichtenbruch umfasste das Gebiet etwa 3000 ha. Die Reichsritter von Hohenecken waren jedoch außerhalb ihres Gebietes auch noch begütert. Der Besitz der Hohenecker mit Burg und Dorf Hohenecken im Südwesten und mit den Dörfern Erfenbach und Siegelbach im Nordwesten von Kaiserslautern ummauerte also die Reichstadt förmlich, hinzu kamen noch Grundstücke in Otterbach und Otterberg sowie der Lampertshof bei Erfenbach.
 
Burg Hohenecken - Foto©UteKW

Der Landbesitz der Hohenecker befand sich also im Herzstück jenes Raumes um Kaiserslautern dass am längsten Königsland blieb. Bis Heute nennt man jenen Landstrich das „alte Reichsland“ und ein Teil des sich dort befindlichen Waldes den „Reichswald“. Das Kernstück dieses Gebietes zieht sich über Weilerbach, Ramstein, Steinwenden bis zum Glan und von Kaiserslautern die Lauter hinab bis über Wolfstein hinaus. All diese Orte liegen nahe dem ehemaligen Königshof Lautern welcher bereits im Jahre 985 Zoll, Markt und Bannbulle hatte. Daran erinnern auch noch die Namen Königsbach (heute Kindsbach) und der Königsberg bei Wolfstein. Das weitere Land wird Westrich genannt was einst nichts anderes bedeutete als Westreich.
Die einstigen Siedlungen und Ortschaften die den Hoheneckern gehörten sind nicht alles Gründungen dieses Geschlechte sondern zum Teil ehemalige Besitztümer der Leininger die diese an die Hohenecker abtraten. Für den Bereich des Reichswaldes um Kaiserslautern spielten die Leiniger eine sehr wichtige Rolle und wir können davon ausgehen, das dies schon vor dem Jahre 1128 so war, also vor der Zeit da die Leininger das erste mal urkundlich erwähnt wurden. So gehen Erfenbach und die Lampertsmühle auf eine Gründung der Leininger zurück, Siegelbach ist eine Gründung der Hohenecker
. Das Geschlecht der Hohenecker war aufs engste mit dem deutschen Ritterorden verbunden, der im 12.Jahrhundert zur Zeit der Kreuzzüge gegründet worden war. Reinhard von Lautern der erste „Hohenecker“ hatte die Ordenskonturei Einsiedel, den heutigen Einsiedlerhof bei Kaiserslautern, gegründet und auch die nachfolgenden Junker von Hohenecken beschenkten immer wieder ihre Stiftung.. Im Jahre 1393 überließen sie der Konturei Einsiedel ein Gut, das sie in Siegelbach besaßen.
Das“ Deutschherrenordenhaus St. Maria zum Einsiedel“ an der alten Königsstrasse beim heutigen Einsiedlerhof verdankte seine Entstehung den von den ersten Hoheneckern bei den Kreuzzügen ins Heilige Land gewonnenen Erfahrungen. In diesen Orden wurden nur Deutsche von gutem Adel aufgenommen. Ihre Mitglieder nannten sich deutsche Ritter, deutsche Herren, und legten ein Gelübde des Gehorsams, der Keuschheit und Armut ab. Als offizieller Gründungszweck wurde angegeben Verteidigung des heiligen Landes gegen Ungläubige, Schutz der Pilgrime und Pflege der Kranken. Die Ordenskleidung bestand aus einem schwarzen Oberrock mit weißem Mantel, auf welchem ein schwarzes abgestumpftes Kreuz mit einem silbernen Kreuz angebracht war. Das Oberhaupt des Ordens, der Hochmeister, auch Deutschmeister und Großmeister genannt, wohnte anfänglich zu Jerusalem, später nach verschiedenen Orten ließ sich der Orden um 1527 in Mergentheim in Schwaben nieder. Im Gebiet unserer heutigen Pfalz bestanden zwei Kontureien Speyer und Einsiedel. Das Ordenshaus Einsiedel gehörte zum alten Bistum Worms, es war mit festen Ringmauern umgeben und hatte eine Kirche mit Turm. Hinter der Kirche befanden sich die Wohngebäude und gleich daneben das Krankenhaus. Dieses Spital war für die Armen, für die Pilger und für die auf der Reise Verunglückten bestimmt, denen Herberge und Pflege angeboten wurden.

Die Grenzen der Hohenecker verliefen auch auf damaligen Trippstadter Gebiet nämlich direkt beim Jaghausweiher. Hier stießen im Mittelalter die Herrschaften Wilenstein mit Hohenecken und dem Reichswald zusammen. Dieser Landschaftsteil ist alter Kulturboden den hier stand einst des Kaisers Jagdhaus, daher auch der Name des Waldteiches, nämlich Jagdhausweiher. Auch der Bach der hier fließt, der Rohmbach und der dem Tal den Namen gibt war im Besitz der Herrschaft Hohenecken.
Dazu schreibt Daniel Häberle in der Zeitschrift „Der Pfälzerwald“, Heft 6/1906:

Während ihrer einflussreichen Stellung als Reichsschultheißen in Lautern hatten sie es wohl verstanden (die Hohenecker), zur besseren Ausnützung von Jagd und Fischerei sich am Bergabhang einen Streifen vom Reichswald und das Tal bis zur Mittelbach, die in ihrem weiteren Verlauf als Moosalb, Steinalb und Schwarzbach bis zur Biebermühle die Reichslandgrenze bildete, als Lehen zu sichern. Es ist dies der selbe Bezirk, welcher schon 1401 von König Rupprecht dem Ritter Reinhard von Hohenecken mit dem Dorfe Espensteig und der halben Bach daselbst (=Mutterbach) als Lehen bestätigt wurde. In der Lehensurkunde Beymonds von Hohenecken kommt 1404 noch der Hesselberg mit seinem Zubehör dazu. Das ganze scheint die Mark des alten Dörfchens Espensteig gebildet zu haben, ehe es aus dem verband des Reichswaldes abgetrennt und den Hoheneckern verliehen wurde. Den Rest dieser alten Dorfmark bildete zum Teil der 1030 Hektar große Kellereiwald, der nach der franz. Revolution an Kurpfalz zurückfiel und dann wieder an den Reichswald angegliedert wurde.“


Das Geschlecht der Ritter von Hoheneck (vorher: von Lautern) soll ursprünglich in bischöflich wormsischen Diensten gestanden haben. Es soll aus einem Grundbesitzergeschlecht der Rheinebene stammen und von Worms durch Kaiser Barbarossa auf die Kaiserpfalz Lautern gekommen sein. Das Geschlecht nannte sich bis zum Jahre 1219 „von Lautern“, von da an teils „von Hoheneck“, teils „von Lautern“, ab 1250 aber nur noch „von Hoheneck“.

Ludwig Mahler schreibt in „Burg und Herrschaft Hohenecken“: „Als Stammvater wird ein Jobst (Jost) von Hoheneck auf Burg Hoheneck schon 1090 erwähnt. Da aber zu dieser Zeit die Burg Hoheneck noch nicht bestand, ist anzunehmen, dass diesem ebenso wie anderen Namensträgern, in den Stammtafeln und den diesbezüglichen Werken der Heimatliteratur bzw. der heimatkundlichen Forschung, der Name „von Hoheneck“ nachträglich entsprechend der späteren Namensbezeichnung der Nachkommen beigelegt wurde. Dieser Jost war mit Elisabeth von Stein vermählt und soll 1092 verstorben sein. Ein Bruder wird als Abt Landolphus von Hoheneck 1048 in Kempten verzeichnet. Dieser wird in der Stammtafel von Humbracht mit dem Beinamen der „Rheinstädter“ geführt, so das man hieraus auf die Wormser Herkunft schließen darf“.

Der bedeutendste unter den Vorfahren der Hoheneck war zweifellos der Hofbeamte Heinrich, der sich 1177 noch „Heinrich von Lautern“ nennt. Er war von 1184 bis 86 Marschall bei Kaiser Barbarossa und hatte als solcher die Leitung des inneren Heeresdienstes: von 1187 – 91 wird er als Kämmerer, von 1191 – 97 als Schenk, dem die Oberaufsicht, über die Kaiserlichen Kellereien und Weinberge oblag verzeichnet. Er begleitete die Herrscher nach Burgund, Süditalien, Sizilien und dem niederrheinischen Kaiserwerth.
Dieser am Hofe des Kaisers im 12. Jh. wirkende „Hohenecker“ war ein Sohn von Jost von Hohenecken bzw. „von Lautern“, und hatte drei Brüder (Reinhard, Siegfried, Johann), die alle in Diensten des Reiches standen. Von diesen gilt Reinhard als eigentlicher Ahnherr des Hauses Hoheneck. Er verstarb 1218.
Reinhard von Hoheneck, Sohn von Reinhard, war ebenfalls wie sein Vater Schultheiß des Königs in Lautern, er wurde auch Reichsschultheiß genannt, da er zugleich für das Reichsland um Lautern zuständig war. Seinen Wohnsitz hatte er in der kaiserlichen Burg in Lautern, während sein Bruder Siegfried die Stammburg in Hohenecken bewohnte. Das Amt des Schultheißen war von 1216 – 1276 ununterbrochen im Besitz der Hohenecker (Reinhard I bis 1218, Reinhard II bis 1251, Siegfried II bis 1260 und Reinhard der III bis 1276).
Siegfried von Hoheneck, Sohn von Reinhard war nicht nur Reichschultheiß von Lautern sondern auch von Hagenau (1252). Ein solches Doppelamt war zu jener Zeit nichts besonderes und ist auf die engen administrativen Beziehungen zwischen dem elsässischen und pfälzischen Reichsgut des 13. Jh. Zurückzuführen. Der letzte Hohenecker Schultheiß von Lautern war ebenfalls ein Reinhard mit Namen, er war vermählt mit Kunigunde von Homburg, er wurde 1269 als Reichsdienstmann zum Hüter der Reichsinsignien auf den Trifels bestellt. Nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst (1276) waren die Hohenecker nur noch als Burgmannen auf der Kaiserlichen Burg in Lautern.
Eine besondere Verbindung pflegten die Hohenecker auch zu dem Orden der Franziskaner in Kaiserslautern. Über die Predigertätigkeit der Franziskaner im Herrschaftsbereich der Hohenecker berichtet uns der Zeugnisbrief des dortigen Burgvogtes vom 13. Juni 1628. Johann Heinrich Schiratz so der Name des Burgvogts schreibt dass die Franziskaner „wahre Reformatoren des ganzen Ortes und der Herrschaft Hohenecken“ seien. Lange Zeit betreuten die Franziskaner die Herrschaft Hohenecken, nachdem schon seit längeren Zeiten innige Bande zwischen der Herrschaft der dortigen Burg und dem Franziskanerkonvent in Lautern bestanden. Die Seelsorgverpflichtungen dauerten sogar noch lange Zeit nach der Vertreibung der Bettelmönche aus Kaiserslautern im Jahre 1652 fort.
Als 1631 das schwedische Heer in Kaiserslautern einmarschierte blieb den Franziskanern nichts übrig als zu flüchten, wahrscheinlich nahmen auch manche Kreise aus der reformierten Bevölkerung eine drohende Haltung gegen sie ein. Und wieder bewiesen sich die Hohenecker ihren Franziskanischen Freunden als Helfer und Beschützer, doch auch aus der Bevölkerung der Herrschaft Hohenecken kam Hilfe für die verfolgten Franziskaner. Nach einem Bericht der Leo – Chronik (Bericht eines unbekannten Priesters) flüchtete ein Pater nach Espensteig bei Hohenecken und übernachtete dort bei einem alten Mann namens Raab. Von ihm erhielt er auch weltliche Kleidung, um sicher fortkommen zu können.
Auf ihrer Flucht aus Kaiserslautern nahmen die Franziskaner auch einen Teil ihrer Bibliothek mit. Ihre Klosterchronik wurde 1642 auf Burg Hoheneck wieder aufgefunden, was wiederum für das Vertrauen spricht das zwischen Hoheneckern und den Franziskanern bestand. Die Katholiken der Stadt Lautern nahmen damals an den Gottesdiensten in Hohenecken oder Landstuhl teil, da sie in Lautern der Schikane ausgesetzt waren. Trotz der vielfachen Erschwernisse zogen die Katholiken aus Lautern an den Sonntagen nach Hohenecken um der katholischen Messe beizuwohnen. Ständig mussten sie dabei mit Schikanen der städtischen Torhüter rechnen. Wenn sie früh die Stadt zum Gottesdienst in Hohenecken oder Landstuhl verlassen wollten waren die Stadttore meistens noch verschlossen oder nur in Richtung Hochspeyer geöffnet. Diejenigen die den Gottesdienst in Hohenecken besuchen wollten, wurden verschiedene Male zu Pferd oder zu Fuß verfolgt, auf den Marktplatz der Stadt zurückgebracht und dort so lange festgehalten, bis die Zeit zum Gottesdienst verflossen war. Dieses Schicksal erfuhren auch der Ratsherr und Wirt „zum Bock“ in Lautern, Johannes Leonard Kehl und die beiden Bürger Johann Müller und der sogenannte Daconenhans.
Am 26. Oktober 1656 beschwerte sich der Leinenweber Johann Reinhard im Namen der übrigen Katholiken vor dem Rat der Stadt dass sie nicht aus der Stadt herausgelassen würden, um die Gottesdienste in Hohenecken zu besuchen. Der Rat versprach lediglich, die Sache zu untersuchen, ob vielleicht ein Befehl von höherer Stelle vorliege. Auch am 15. November 1658 beklagten sich einige katholische Bürger darüber, sie könnten Sonntags vor 8 Uhr nicht aus der Stadt kommen, um nach Hohenecken in die Kirche zu gehen. Wie lange diese Repressalien gegenüber der katholischen Bevölkerung fortdauerten ist nicht bekannt.
In der Schlosskapelle zu Hohenecken konnten die Gottesdienste unter dem Schutz des katholischen Freiherrn Philipp Franz Adolf von Hohenecken jahrelang ohne besondere Zwischenfälle abgehalten werden. Was wiederum von dem alten Einfluss der Hohenecker ausging.
Nach Ausbruch des pfälzisch – Lothringens Krieges, des sogenannten Wildfangstreites , nahm Kurfürst Karl Ludwig von der Pfalz im August 1668 auch Landstuhl ein. Die dortige Burg wurde, ebenso wie in Hohenecken zerstört. Den Katholiken wurde nunmehr die freie Ausübung ihres Glaubens verboten. So fanden die Tätigkeiten der Franziskaner in Kaiserslautern und Umgebung ihren Niedergang mit dem Untergang der Hohenecker.

Die Linie des Reinhard von Hoheneck konnte sich bis ins 19. Jh. Fortpflanzen.
Nach einer hundertjährigen Glanzzeit, in der die Hohenecker am Hofe der Kaiser höchste Würdenträger waren, fallen sie langsam aber stetig zur Mittelmäßigkeit ab. Bereits gegen Ende des 13. Jh. wird der Niedergang des Geschlechts deutlich bemerkbar. An Stelle der früheren zahlreichen Schenkungen und Stiftungen, treten jetzt Verkäufe von Gütern und Rechten als sichtbares Zeichen für den Geldmangel dieses alteingesessenen Adelsgeschlechts.
Gemeinsam mit den „Montfortern“ regierten die „Hohenecker“ über Jahrzehnte als Dienstmannessippen in Lautern. Zwischen Mai 1158 und August 1310 gibt 27 urkundlich einwandfrei bezeugte Aufenthalte römischer Könige und deutscher Kaiser in Kaiserslautern. Was für die Macht der damaligen „Hohenecker“ spricht. Noch nach 1280 prägt der Abt des Klosters Limburg Lauterer Pfennige. Die Ausübung des Münzregals war Privileg des herausragendsten ortsansässigen Ministerialengeschlechtes, derer von Lautern – Hohenecken.
Reinhard III von Hohenecken sank vom Reichslandverweser im Speyergau und Augapfel des römischen König Richard, dem er 1269 sogar die Hochzeit hatte ausrichten dürfen, in die Mittelmäßigkeit ab, heute würde man sagen, er endete als Bankrotteur. 
hukwa
Burg Hohenecken - Foto©UteKW
 


Lit. Hinweise:
Ludwig Mahler: Burg und Herrschaft Hohenecken
D. Häberle: Das Reichswaldgebiet: Recht der hoheneck. Dörfer (Pf.Geschichte: B.1 1906.)
D. Häberle: Das Geleitrecht d. Grafen v. Leiningen: (Pf.Geschichte; 1905)
E. Christmann: Die Siedlungsnamen der Pfalz
H. Friedel: Hohenecken: Geschlecht, Burg, Dorf.
P. Schlager: Geschichte der Franziskaner in Kaiserslautern
Karl- Heinz Spieß: Vom reichsministerialen Inwäertseigen zur eigenständigen Herrschaft.
Untersuchungen zur Besitzgeschichte der Herrschaft Hohenecken.








Sonntag, 11. November 2018

Zur Geschichte des Lauberwaldes und des Holzlandes

 
Foto©UteKW


Das Holzland grenzt in Teilen an das Wilensteiner Land. In alten Zeiten hatten auch die Ritter und Adligen der Burg Wilenstein Hoheitsrechte im Holzland.

Aus alten Urkunden können wir entnehmen, dass das Kloster Hornbach das Holzland nach Huben (ahd. „huoba“) besiedeln ließ. Die Siedler im Holzland hießen in diesen Urkunden „sant pirmans lute“ (Sankt Pirmins Leute), sogenannt nach dem heiligen Pirminius (gest.753), dem Stifter des Klosters Hornbach.
Die Ansiedler waren zwar rechtlich keine freien Leute, sondern „Hörige“, doch man muss bedenken, dass der Unterschied zwischen unfreien „Liten“ und freien „Hintersassen“ seit dem 10.Jahrhundert nicht mehr ganz so groß war. Aus diesen beiden Ständen entwickelte sich im Lauf der Geschichte der Stand des sogenannten „grundholden“ Bauern, der sich nach und nach Eigentum aneignete. Allerdings hatte die Herrschaft des Adels weiterhin das Sagen, die Forderungen die der Grundherr geltend machte, also großer und kleiner Zehnt, Frondienste, Besthaupt- und Mannssteuer u.a. hatten weiterhin bestand.
In den alten Urkunden und Weistümern des Gerichtes Fischbach aus den Jahren 1369, 1418, 1536, 1565, 1592 sowie 1617 finden wir die Regelung der herrschaftlichen Rechte an Gefällen, Abgaben und Steuern bestätigt. Hier finden wir auch Aufzeichnungen über die Rechtslage der Bauern.
Vor allem im „Saal und Lagerbuch des Oberamtes Lautern“ aus dem Jahre 1601 gibt es sehr aufschlussreiche, informative Einblicke in die Zeit vor dem 30jährigen Krieg. Aus diesen Aufzeichnungen können wir ersehen welch drückende Abgaben auf den Bauern und Siedlern im Holzland lasteten. Diese waren aufgeteilt in die Herrschaften von Kurpfalz, das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken sowie die Rechte die die Flersheimer von der Burg Wilenstein in Trippstadt innehatten.
Solche Urkunden und Aufzeichnungen sind nicht nur ein Spiegel der mittelalterlichen Welt, sie sind auch Zeugnisse von Unmenschlichkeit und Ausbeutung.
Seit Beginn der größeren Rodungen im 12. und 13. Jahrhundert bestimmten die Weite und Tiefe dieser Wälder die Lebensbedingungen der dort siedelnden Menschen. Die Wälder prägten die besonderen Lebensumstände und die Möglichkeit der vielfältigen Nutzung des Waldes sowie die Entwicklungs-geschichte des Holzlandes als auch des Wilensteinerlandes und die wirtschaftliche Situation seiner Bewohner. Auch schon in der vorgeschichtlichen Eisenzeit müssen Menschen im Holzland gelebt haben. Wir wissen, dass in Schopp eine alte Gräbersiedlung ist. Auch in der Umgebung der Geiselbergermühle fand man vorgeschichtliche Relikte unter anderem einen bronzenen Beinring.
Und auf dem Dreisommerberg bei Waldfischbach steht mit der Heidelsburg eine der wichtigsten gallo-römischen Stätten in unserem Gebiet.

Nach dem Rückzug der Römer war das Holzland für einige Jahrhunderte wahrscheinlich Siedlungsleer gewesen. Die Neubesiedelung begann wohl Ende des 7.Jahrhunderts durch die Franken. Hierbei leisteten die Klöster wertvolle Hilfe, die darum teilweise auch als „Rodungsklöster“ bezeichnet wurden. Im Holzland hatten das bereits erwähnte Benedikinerkloster Hornbach, das Zisterzienserkloster Eußertal und das Prämonstratenserkloster Wadgassen Besitz.
Am Nordrand des Holzlandes besaß das Kloster Eußertal das Gut „Loyben“, nach welchem noch heute der Lauberwald seinen Namen hat. Bei diesem Gut handelt es sich um den 905 Hektar großen Lauberwald westlich von Johanniskreuz, in welchem die Moosalb entspringt. Diesen Wald schenkte- vermutlich im Sommer des Jahres 1174- Graf Ludwig der Jüngere von Saarwerden dem Abte und den Brüdern dieses Klosters. Bei dieser Schenkung finden wir übrigens Kaiser Friedrich I. Barbarossa als Zeugen, eine Urkunde wurde jedoch erst im Jahre 1179 ausgestellt. In der Geschichte des Holzlandes finden sich einige Wüstungen (untergegangene Dörfer). Der Forstmeister Kurt Aderhold, der einer der besten Kenner der Holzlandwälder war, schrieb in seinen „Anmerkungen zur Vellmannnschen Beforschung“ über das Verhältnis des Menschen zum Wald folgendes: „Das Leben der Menschen im Wald war gestuft. Als Sammler von Früchten und als Jäger störte er das Gleichgewicht des Naturwaldes kaum. Erst als er sesshaft wurde, begann der Kampf mit Feuer, Axt und Rodehaue und später mit der Säge gegen den Wald, der damit seinen natürlichen Aufbau mehr und mehr verlor. Die Staatsverwaltungen waren sich bereits lange vor 1600 bewusst, das der Einschlag von Hölzern zum Bauen, Brennen, Verkohlen, Aschebrennen, zur Lohrinde- und Harzgewinnung neben unzähligen anderen Nutzungen nicht ungemessenen fortgeführt werden konnte und dass ohne Hege und Pflege, ohne Schonung und Schutz kein dauernder Fruchtgenuss, ohne den Kreislauf des Aufbaues, der Erziehung und schließlich der Ernte keine Nachhaltige Erzeugung mehr möglich war. Alle Beforschungen und Waldordnungen früherer Zeit dienten daher der Verbesserung des Waldzustandes und damit der Erhöhung der Holzerzeugung. Der Durchführung der Verordnungen waren damals Grenzen gesetzt. In den Waldgebieten fehlten vorgebildete Forstleute, und die Zuverlässigkeit der übrigen Bediensteten ließ oft sehr zu wünschen übrig“.
Über das Aussehen der Holzlandwäldereien zu Beginn des 30jährigen Krieges gibt es eine alte Waldbeschreibung, die bekannte „Velmannsche Waldbeforschung“ aus dem Jahre 1600, sie gibt in aller Ausführlichkeit Aufschluss. Die Bestockung des Holzlandes- so ist daraus zu entnehmen- bestand zur Zeit des 30jährigen Krieges hauptsächlich aus lichten Laubholzmischwäldern, die mit zahlreichen, durch menschliche Eingriffe geschaffenen Lücken, Blößen und verwilderten Flächen, durchsetzt waren, auf denen Ginster, Heide, Birken, Espe und Kiefernanflüge wuchsen.
Die natürliche Verjüngung der Eichen- und Buchenhochwaldbestände war im Holzland dadurch erschwert, dass der vom Landesherrn geschützte Bestand an Rot-, Reh- und Schwarzwild und die in die Waldungen eingetriebenen Schweineherden (Schmalzweide) die Eicheln und Bucheln aufnahmen. Die wenigen zur Entwicklung kommenden Eichen und Buchenpflanzen und die Verjüngung der übrigen Laubhölzer und Kiefern fielen den gemischten Herden von Rindern, Pferden, Ziegen und Schafen (Rauhweide) und dem Schalenwild zum Opfer. Die einzige Beschränkung dieses dem Wald nachhaltige Schäden zufügenden Weidestriches scheint eine im Fischbacher Vertrag (Absatz VIII) von 1692 aufgeführte Verordnung darzustellen, die besagt.... „dass ein jeder, welcher Rindvieh zu halten vermag, seine Geißen unverzüglich abschaffen und künftig keine mehr annehmen, denjenigen aber so Armuth halber Rindvieh zu halten unmöglich aus meist zwo Geißen und nit drüber zu halten erlaubt und gestattet werden solten...“ Diese Anordnung war ein Versuch, die großen Weideschäden im Holzland zu mildern, wenn auch nicht zu verhindern.
Wenige Jahrzehnte nach Velmanns Beforschung vernichtete der 30jährige Krieg die von den Siedlern unter schweren Opfern geschaffene Kultur. Das sinnlose Morden und Töten das die Menschen überkommen hatte, bedeutete aber für die Wälder eine gewisse Zeit der Ruhe, der Erholung und des ungestörten Wachstums. Die Holznutzungen nahmen drastisch ab, die Viehherden waren fast gänzlich verschwunden und das sich ungehindert vermehrende Raubwild hielt die Wildbestände im natürlichen Gleichgewicht. Im Schutze der lichten, aus forstlicher Sicht schlecht geformten Laubbestände, verjüngten den Wald auf natürliche Art. Nach dem Krieg setzte nur sehr langsam eine neue Wald- und Siedlungskultur ein.

Die Gefälle der Kurpfalz
Landesherr war der Kurfürst und als solcher bezog er, nach dem Weistum von 1617 von jedem Hausgesäß, was bedeutet, von jeder Familie mit eigener Feuerstelle, ein halb Malter Hafer und ein Fastnachtshuhn (muss an Fasnacht geliefert werden). Desweiteren das Schafft- und Manngeld, hiermit bezeichnete man die herkömmlichen Heiratsgebühren.
Die kurfürstliche Pfalz hatte auch wie man dem „Saal- und Lagerbuch des Oberamtes Lautern“ entnehmen konnte: „in dieser Pflege, die hohe Obrigkeit, Gebott und Verbott, samt allen derselben anhängigen Gerechtigkeiten“, die 1617 folgend festgehalten wurden:
Schatzung: ist das Recht Steuern auszuschreiben.
Zoll: Zollstationen befanden sich in Steinalben, Schopp und an der Geiselberger Mühle. Hier stand einst die untergegangene Siedlung Hertlingsweiler.
Geleit: das Geleitgeld wurde bezahlt für die Sicherheit der Personen auf den Geleitstrassen.
Ungeld: eigentlich Ohmgeld, dies ist der Oktroy auf Wein.
Weinschank: betraf das Recht der Konzessionserteilung zum Betrieb einer Gaststätte.
Beet (Leibbede): die Kopfsteuer der Untertanen.
Folge, Reiß, Musterung: Heeresfolge, Kriegsdienst, Anwerbung.
Besetzung des Proviants: Beschlagnahme der vorhandenen Vorräte im Kriegsfall.
Leibeigenschaft: die damalige Untertänigkeit.
Inventation: Inventaraufnahme in Todesfällen.
Teilung: Vollzug der notariellen Geschäfte.
Wildfänge: Menschen ohne Heimstatt, Haushalt und Anhang.
Nachfolge: Zuständigkeitsrecht auf Kinder aus Ehen mit „Ausländern“.
Behäupter: Recht auf das beste Stück Vieh, Kleidung und Hausgerät bei Besitzveränderung, Tod oder bei der Veräußerung der Habe.
Frevel, Bußgelder: stand eine Hälfte Kurpfalz die andere Pfalz-Zweibrücken zu.
Bastardfälle: uneheliche Kinder.
Ungemesssener Fron: Spann- und Treiberdienste bei der Jagd.
Maulvieh: Besteuerung der Maulesel.
Findlinge: Anspruch auf verirrtes oder herrenloses Vieh.
Angriff der mißtheidigen Personen: die Verhaftung von Rechtsbrechern.
Hals-und Beingericht: Todesstrafe.
Hoher u.niederer Wildbann: Jagdgerechtigkeit.
Fischen in den Bächen: Fischjagd.
Beholzung und Daubenmachung: Holzeinschlag und Fassdaubenherstellung.
Abgaben an Pfalz-Zweibrücken: Die wichtigsten und einträchtigsten Steuern bezog um 1617 nicht der Kurfürst, sondern der Herzog von Pfalz-Zweibrücken als Rechtsnachfolger des Kloster Hornbachs.
Der große Zehnt: der zehnte Teil der Hafer-und Kornernte.
Der kleine Zehnt (Krautzehnt): Viehfutter, Gartenfrüchte, Obst, Rüben, Gemüse usw. Ein Anteil hiervon erhielt der Pfarrer von Waldfischbach.
Der Fleischzehnt (Blutzehnt): jeweils und jährlich der zehnte Teil des Viehbestandes.

Der Herzog übte auch die Patronatsrechte aus, also die Wahl des Pfarrers und die Besetzung der Pfarrstelle. Zudem stand ihm „mit und neben des Kurfürsten Schultheiß“, die Einsetzung der Gerichtsschöffen zu, die demgemäß beiden Herrschaften schwören mussten.
Zu den herzoglichen Gefällen zählten auch die Hälfte der Frevel- und Bußgelder, welche als besonders einträgliche Quellen galten, sowie die Anordnung von „Gesteige, Aich, Maß und Gewicht“.

Die traditionellen Rechte der Holzlandbauern
Nicht nur die Pflichten sondern auch die Rechte der Bauern und Siedler des Gerichts Fischbach sind im Weistum von 1617 festgehalten. Wir lesen dort: „Nicht weniger ist das Kloster Hornbach denen, Unterthanen auf ihre zuvor geschehene Ansuchung und des Klosters Meyers oder Waldförsters Anweisung die Nothdurft an Bauholz wie von Alters her geschehen zu geben und das ganze Jahr über in des KlostersWäldern die Rauh- und Schmalzweide zu gestatten schuldig..“
Wenn es im Hornbacher Wald, der dem Kloster (später Pfalz-Zweibrücken) unmittelbar gehörte, ein „Volläckern“ gab, damit ist gemeint, wenn Buchen- und Eichen gleichzeitig reiche Früchte trugen, konnten die Untertanen auch dorthin ihre Schweine treiben, mussten hierfür aber dem Herzog für jedes gemästete Schwein 4 Pfennige oder auch 8 Heller zahlen. Ernst Bilfinger berichtet dass auf diese Weise im Jahre 1604, einem besonders gutem Eckerichjahr 1025 Schweine aus den 6 Holzlandgemeinden in den Hornbacher Wald getrieben wurden.
Andere Waldrechte der Holzlandbauern bezogen sich auf die Nutzung von, Reiserholz, totem Stockholz, Raff- und Leseholz sowie Streuwerk. Das Jagdrecht in diesen Waldungen stand dem Kurfürsten und beschränkt auch dem Herzog zu. Nur in einem einzigen Bezirk, in dem forstlich und jagdlich fast unbedeutenden Gebiet „Langdell“ durften auch die Untertanen die Jagd neben den beiden Fürsten ausüben.

Fremde Lehen und Besitztümer im Holzland
Das „Saal- und Lagerbuch des Oberamtes Lautern“ von 1601 von dem nur noch Kopien aber kein Original mehr existiert, da es im 2.Weltkrieg verloren gegangen ist, gab auch Auskunft darüber, welche weltlichen und geistlichen Herrschaften aus der Nachbarschaft des Holzland Besitztümer und Lehen hatten, oder, wie es wörtlich heißt „nachfolgende Herrn von Adel an Hubzinßen und anderen gefällen deßgleichen an Güthern als Äckern, Wißen, Wäldern und Wilderungen darin liegen und davon jährlich zu erheben haben, wie unterschiedlich folget“.

Besitztümer:
Die Flersheimer (Flörsheimer) Herren der nahe gelegenen Burg Wilenstein bei Trippstadt, besaßen den Haderwald (gehört heute zu Trippstadt), südlich vom Karlstal gelegen. Graf Sebastian von Falckenstein besaß die Moßerwiesen und den Moßerwald (Meiserwald und Meisertal) im oberen Moosalbtal. Das Kloster Wadgassen besaß einen Wald, den Bitscher Dingelsberg genannt (Dinkelsberg in der Gemarkung Heltersberg.
Schopp: Reinhard von Sickingen, die Comturei Einsiedel (Einsiedlerhof) und etliche Sickinger Untertanen zu Mittelbrunn bekamen je 5 Malter Hafer und von jedem Einwohner sechs Pfennige für ein Huhn. Die Flersheimer erhielten je Hausgesäß 7 Pfennige.
Schmalenberg: Den Flersheimern fielen in Schmalenberg 7 Simmer Korn und 7 Schilling zu. Das Kloster Hornbach hatte dort 24 Simmer Korn und 24 Schilling zugute.
Heltersberg: Die „Juncker von Honecken“ (Hohenecken), die hier zeitweise mit dem Büchelgut und den Wilderungs-Huben ein großes aus Wald, Wilderungsland und Feldern bestehendes Lehen hatten, erhielten als Zins 11 Simmer Korn, 10 Simmer Hafer und 10 Schilling, 7 Heller. Das Kloster Hornbach bekam 8 Simmer Korn und 8 Schilling. Die Hanauischen Erben durften 12 Simmer Hafer und 8 Schilling fordern. Die Flersheimer erhielten 10 Schilling.
Geiselberg: Die Grafen von Hanau erhielten 12 Simmer Hafer und 7 Schilling. Die Flersheimer bekamen 19 Schilling. Die Flersheimer durften auch von jedem der 27 Tiefenthaler Huber, der eine Fuhr hatte, anderthalb Malter Hafer und ein Huhn fordern, von jedem, der kein Gespann hatte, nur einen halben Malter Hafer.
Steinalben: Die Flersheimer bekamen je Hausgesäß einen Schillling jährlich. Die Hanauer hatten 9 Simmer Hafer und 4 Schilling, 8 Pfennig zugute. Die Grafen von Sickingen erhielten 2 Schilling.
Waldfischbach: Das Kloster Hornbach konnte 4 Malter Korn und 2 Schilling einnehmen.
Für die Weide,- Holz- und Eckernrechte in einzelnen Waldungen hatten die Bewohner des Gerichts- so lesen wir im „Verzeichnis aller Wälder des Oberamtes Lautern“ von 1579- in ähnlicher Weise Abgaben zu entrichten, wobei neben Getreide- und Geldgefällen für die Weidenutzung auch Zinsen in der Art von „Käslaibern“ erhoben wurden.

hukwa 

Literatur Hinweise:
Friedländer, Leo: Die Hembachgemeinde
Lamprecht, Karl: Deutsche Geschichte
Widder, J.: Geogr. Historische Beschreibung der Kurpfalz, 1774
Ernst Bilfinger: Das Holzland vor 300 Jahren und jetzt
Ernst Christmann: Dorfuntergang und Wiederaufbau im Oberamt Lautern
Pöhlmann-Doll: Regesten der Grafen von Zweibrücken. Speyer 1962
Gerber Fr.: Urkunde zur Geschichte des Holzlandes, besonders der dortigen Waldberechtigung,PfGBI. S. 10-12
Daniel Häberle: Alte Strassen und Wege in der Pfalz
Vellmann Ph.: Beforschung des Lauberwaldes
Vellmann Ph.: Beforschung des ehemaligen Gerichtes Waldfischbach. Herausg. Ernst Bilfinger
Albert Zink: Pfälzische Dorfbilder: Schopp. Pfälzer Feierowend Jg. 1961
Kurt Aderhold: Anmerkungen zur Vellmannschen Beforschung des Holzlandes
Walter Brückner: Die Waldmark des Holzlandes im 17. Jahrhundert - Heimatkalender Pirmasens
Walter Brückner: Hoheitsrechte und Feudallasten im Holzland um 1600 – Heimatkalender Pirmasens
Staatsarchiv Speyer: Akte Kurpfalz 278,P. 278, 49-56
Heinz Friedel: Schopp
A. Doll: Kloster Hornbach und Königshof Lautern. Pfälz.Heimat 4. 1953
A.Doll: Beobachtungen zu den Anfängen des Zisterzienserklosters Eußertal und zur
Entwicklung der Haingeraiden. Mittt.d. Hist.V.d.Pfalz. Bd.68. 1970

Freitag, 9. November 2018

Zur Geschichte von Burg Wilenstein


 
Burg Wilenstein - Foto©UteKW

Die „Wilensteiner“ sind von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis zum Jahre 1372 nachweisbar. Von 1154 bis 1160 war ein Heinrich von Wilenstein Domdechant in Worms. 1159 vermacht Landolf von Wilenstein dem Kloster Otterberg mehrere Besitzungen in Erlenbach. Im Jahre 1179 verzichtet Landolf auf sein Aufsichtsrecht über das Gut Loyben (Lauberhof b. Trippstadt). 1182 kommen die Brüder Landolf und Arnitius von Wilenstein vor. 1185 Landolf mit seinem Sohne Heinrich. 1191 Heinrich allein. 1237 bestätigt das Domkapitel von Worms, Alberto de Wilenstein habe dem Prämonstratenserkloster zu Lautern das Patronalsrecht zu Erfenbach geschenkt. Im gleichen Jahr befreit Graf Heinrich von Zweibrücken das Kloster Hornbach von den Rittern, welche bis dahin das Schultheißenamt zu Hornbach besessen haben, darunter Eberhard von Wilenstein und dessen Tochter Elisabeth. In einer Urkunde von 1287 wurde Merbado von Wilenstein als Burgmann in der Reichsburgmannschaft von Lautern erwähnt. Im Jahre 1310 erscheint die Frau Wirichs von Wilenstein in einer Urkunde von Lautern. 1363 siegelt Johann von Wilenstein in einem Ehevertrag seiner Schwester Nese von Wilenstein. Der letzte Nachkomme Wirichs von Wilenstein, Johann Wilenstein wird noch 1372 genannt. Mit ihm ist die Wilensteinerlinie wohl ausgestorben.

Um das Jahr 1247 waren Gottfried und Johann von Wilenstein bereits Lehensleute der Leininger Grafen. 1278 verkauften Johannes, Albert und Jakob, die Söhne des Ritters Johannes von „Wylenstein“ und im gleichen Jahre Merbado von Wilenstein ihren von Hornbach lehenrührigen Wald bei Wiesbach wieder an das Kloster Hornbach. 1286 wird von einer Schenkung des Albero von Wilenstein und seines Sohnes Gotzo (Gottfried) an das Kloster Eußerthal berichtet. 1293 wird ein Wenzo, 1306 eine Druthelinde von Wilenstein erwähnt.
Foto©UteKW

Die Burg Wilenstein befand sich 1323 in der Mitgift der Enkelin des Raugrafen Heinrich, Sophie, die sich damals mit dem Wildgrafen Gottfried zu Kyburg verheiratete. 1344 musste wWildgraf Friedrich zu Kyburg zugunsten der Agnes von Dun (Dhaun) auf alle Ansprüche auf die Herrschaft von Wilenstein verzichten. Die Burg fiel an die Grafen von Leiningen, die Lehnsherren zurück. Die Grafen Friedrich (Dompropst zu Worms) und Emich belehnten 1347 den von Dun, Herrn zu Oberstein, Falkensteiner Geschlechts, mit der oberen Burg und verzichteten gleichzeitig auf alle lehnsherrlichen Ansprüche auf den halben Berg Wilenstein, den sie der Agnes von dem Stein und ihren Erben zugeignet hattten. Von diesen erben wurden wahrscheinlich die Flörsheimer belehnt; der „halbe Berg“ erscheint nämlich seit diesem Zeitpunkt als Flörsheimer Anteil. Mit der anderen Hälfte hatten die Leininger, wie erwähnt die Herren von Falkenstein belehnt. Damit war die Burg in zwei Hälften, die vordere und hintere geteilt. Die sogenannte Flörsheimer und Falkensteiner Hub. Im Jahre 1348 beschlossen die Herren von Falkenstein, als Lehnsträger der vorderen Burg, mit Johann und Jakob von Flörsheim, den Eigentümern des hinteren Teils der Burg, einen Burgfrieden
(siehe Willensteiner Burgfrieden).
Die Lehenshoheit über den Falkensteiner Teil kam aus der Erbschaft des Landgrafen Hesso von Leiningen an den Grafen Reinhard von Westerburg, von diesem 1481, im Leininger Erbstreit, an Kurpfalz.
Im Wormser Synodale von 1496 ist die Wilensteiner Burgkapelle aufgeführt. Sie war dem hl. Georg geweiht und eine Filiale der Kirche von Aschbach (heute Aschbacherhof).
Nach Lehmann kommen im Jahr 1520 als Besitzer des hinteren Burgteils vor: Philipp Jakob Vitter; Johann von Helmstadt;Bernhard, Jost, Friedrich und Berthold von Flörsheim; Hans und Wolf von Dahlberg; Johann Blick von Lichtenberg. Das zu beiden Burgen gehörige Land bildete die Herrschaft und das Amt Wilenstein. Der Bezirk der Flersheimer Hub umfasste neben der hinteren Burg Wilenstein die Hälfte des Dorfes Trippstadt, den Aschbacherhof und der Wilensteinerhof in unmittelbarer Nähe der B urg. Im Dorf Trippstadt verlief die Grenze zwischen beiden Huben entlang der alten Landstrasse nach Lautern. Die Flersheimer besaßen den größten Teil der Westseite des Dorfes. Sie unterhielten einen eigenen Hubschultheißen, was auf die größe und Bedeutung des Besitzes schließen lässt.
Nach dem Tode Hans Philippps von Flersheim (gest. 1611) erbte die Tochter Ester, die Gemahlin des,Johann Blarer von Geiersberg, den Teil der Hub, in dem das Dorf Trippstadt liegt. Den Hof Aschbach mit Zubehör, der von der Herrschaft Wilenstein abgetrennt wurde, erbte die Tochter Judith, die früh verstorbene Frau des Johann Casiir Kolb von Wartenberg. So kam dieser Teil des Flersheimer Besitzes später zur Grafschaft Wartenberg, schließlich noch in die Konkursmasse der Wartenberger.
Ester von Geiersberg vermachte die Herrschaft Wilenstein an Johann Philipp von Viermund, den Sohn ihrer Schwester Elisabeth.
Schon 1481 war die Lehensherrschaft von den Leiningern an Kurpfalz gekommen, so dass 1716 Kurfürst Johann Wilhelm das Amt Wilenstein seinem Oberjägermeister Ludwig Anton Freiherrn von Hacke übergeben konnte.
Bereits 1664 hatte Graf Wilhelm Wirich von Falkenstein auf sein Burgteil verzichtet.

hukwa




Literaturhinweise:
Albert Becker: Landstuhl und Wilenstein; 1936
Albert Becker: Wilenstein von Raum und Geist des urgermanischen Hauses 1937
Otto Waltz: Die Flersheimer Chronik, 1874
Lehmann: Burgen und Bergschlösser der Pfalz
Archiv f. Hess. Landesgeschichte und Altertumskunde
F.W. Weber: Das pfälzische Adelsgeschlecht der Kolbe von Wartenberg
F.W. Weber: Die Herrensitze der Adelsfamilie von Flersheim
Walter Hotz: Pfalzen und Burgen der Stauferzeit

Donnerstag, 8. November 2018

Näpfchen – Schalen – und Wetzrillensteine im Pfälzerwald - in Mythologie, Geschichte und Volkskunde

Lochstein bei Trippstadt - Foto©Hans Wagner


Näpfchensteine, Schalensteine und Wetzrillensteine trifft man öfters im Pfälzerwald an. Dabei kann man zwei Arten von Steinen unterscheiden: Von der Natur ausgehölte Steine, die durch Witterungseinflüsse entstanden sind und Steine die durch Menschenhand „ausgehöhlt“ und „ausgescharbt“ wurden. Letztere sind durch Pecken mit einem härteren Schlagstein oder auch durch Schaben und Bohren mit einem zugespitzten Stein unter der verwendung eines Andrücksteins entstanden. Die Näpfchen und Schalensteine die ich im Landkreis Kaiserslautern vorfand sind alle aus Buntsandstein und wurden wahrscheinlich mit einer härteren Steinart (Erzgestein?), die als Arbeitsgerät wie beschrieben, ausgehöhlt. Diese Steine wurden wohl aus rituellen Gründen bearbeitet der geistige Inhalt eines solchen Kultes aus der Frühgeschichte bleibt uns im Ganzen allerdings verborgen und wir sind auf Vergleiche aus dem gesamten europäischen Raum angewiesen. Meist finden sich solche Steine in der Nähe von alten Wegen die schon früh begangen wurden dort an einzeln stehenden Findlingen oder Felsrücken. Einen ausdrucksvollen Schalenstein fand ich in der Vermauerung einer alten Scheune in Trippstadt die im 18. Jahrhundert erbaut wurde, möglich wäre das der Stein in einem Waldstück abgetragen wurde wo sich eine uralte Opferstätte befand. 
Knochenfund beim Näpfchenstein - Foto©Hans Wagner
 
Europaweit finden sich Näpfchensteine auch vor Felsbildern und Felsritzzeichnungen offenbar ist vor diesen Urzeitbildern einst geopfert worden. Die meisten dieser Felsen tragen Vertiefungen (Näpfchen), kleine Gruben, deren Austiefungen wohl mit den Felszeichnungen gleichzeitig war. Wohl hat sich die Sitte solche Steine mit Vertiefungen mit den Megalithgräbern verbreitet und sie hängen mit einem Todenopfer zusammen. Dieses Ritual könnnte sich weiter zu einem Fruchtbarkeitsritual entwickelt haben. Wohl wurden Speiseopfer, Fett, Bier und Blut in den Näpfen dargebracht. Einige dieser Steine fand ich in der Feldmark hier dienten sie wohl dazu den Göttern ein Opfer zu bringen so dass eine gute Ernte gibt. Das Bohren in solchen Steinen wird in der homöopathisch-imitativen Magie mit dem Geschlechtsakt gleichgesetzt, ist also ein Fruchtbarkeitsritual.
Vor allem im Mittelalter wurden am Gemäuer von Kirchen Näpfchen ausgehöhlt das Steinmehl wurde mit Wein oder Bier vermischt und bei Krankheiten getrunken. Bei den Kirchen waren es vor allem sogenannte Wetzrillen die angebracht wurden.
Einen solchen Wetzrillenstein entdeckte ich vor vier Jahren in der Nähe eines Menhirs. Auch bei verschiedenen Menhiren wurden Näpfchen und Wetzrillen vorgefunden.
Beim Ausgraben eines Wetzrillensteins fand ich Scherben und Knochen, hier handelt es sich um eine rituelles Opfer. Haustieropfer sollten wohl den Haustierbestand sichern. Man opferte die Knochen während die Fleischteile beim Kultmahl verspeist wurden.
Menhire und Opfersteine wurden während der Christianisierung oft vergraben.
Auf mehreren Konzilien wurde der Steinkult verdammt. Synodalbeschlüsse wie beispielweise die von Arles (452), Tours (567), Nantes (658) und Mainz (743) warnten vor der Sünde, den Steinen zu opfern. Bei Nichtbefolgung wurde mit Exkomunizierung gedroht. Auf dem Konzil von Nantes erfolgte die Weisung, diese heidnischen Steine zu vergraben: „Steine, die sie in Ruinenstädten und Wäldern, von teuflichen Blendwerk getäuscht, verehren,wo sie gelübde ablegen und einlösen, soll man gänzlich ausgraben und wegschaffen an einen Ort, wo sie nie mehr von ihren Anhängern verehrt werden können“.

Wetzrillenstein gefunden in der Feldmark in Trippstadt - Foto©Hans Wagner


Wie die Menhire wurden auch die Wetzrillensteine und Näpfchensteine oft in Kirchen aber auch in profanen Bauten als Bausteine verwendet. Mit größter wahrscheinlichkeit dienten diese Kultsteine religiösen Zwecken. Der Stein stand als Bindeglied zwischen Dieseits und dem Jenseits.
In seinem monumentalen Werk über die Sitten und den Glauben der Völker „der Goldene Zweig“, schreibt Frazer über einen Steinkult bei den alten Griechen: „Sie kannten auch einen Milchstein, der in den Frauen eine reichliche Menge Milch erzeugte, wenn sie ihn in Honigmet aufgelöst tranken. Milchsteine werden heute noch von griechischen Frauen auf Areta und Melos zu demselben Zweck gebraucht. In Albanien tragen stillende Mütter diese Steine, um eine starke Milchabsonderung zu erzielen. Die Griechen glaubten von einem anderen Stein, dass er Schlangenbisse heile, und nannnten ihn den Schlangenstein. Um seine Wirkung zu erproben, brauchte man ihn nur zu Pulver zu mahlen und dieses auf die Wunden zu streuen.
Anscheinend war also nicht nur die Herstellung von Näpfchen ein Ritual sondern das abfallende Gesteinsmehl wurde in einem weiteren Ritual verwendet. Es handelt sich hier also um einen alten heidnischen Brauch, der sich über die Christianisierung hinübergerettet hat und bis ins Mittelalter auch in unserer Gegend weiter gepflegt worden ist. Dies beweisen die Wetzrillen an einigen Steinen bei Kirchenbauten so unter anderem in Weilerbach.
Jakob Grimm hat in seinen Ausführungen über den Aberglauben festgestellt, dass „er dass Leben unserer Voreltern nicht allein mit Furcht, sondern auch mit Trost“ erfüllt hat. In seiner „Deutschen Mythologie schreibt er: „Unter Aberglauben ist nicht der gesamte Inhalt des heidnischen Glaubens zu verstehen, sondern die Beibehaltung einzelner heidnischer Gebräuche und Meinungen. Der bekehrte Christ verwarf und verabscheute die Götter der Heiden. In seinem Herzen blieben aber noch Vorstellungen und Gewohnheiten haften, die ohne offenen Bezug auf die alte Lehre der neuen nicht unmittelbar zu widersprechen schienen. Da, wo das Christentum eine leere Stelle gelassen hatte, wo sein Geist die roheren Gemüter nicht sogleich durchdringen konnte, wucherte der Aberglaube oder Überglaube. Niederdeutsch sagt man Biglove, Beiglaube“.
Auch Carl Gustav Jung hat sich hat sich sehr nachhaltig über den Naturglauben und dessen positive Wirkungen ausgesprochen: „In dem Maße wie unser wissenschaftliches Verständnis zugenommen hat, ist unsere Welt entmenschlicht worden. Der Mensch fühlt sich im Kosmos isoliert, weil er nicht mehr mit der Natur verbunden ist und seine emotionale unbewusste Identität mit natürlichen Erscheinungen verloren hat. Diese haben allmählich ihren symbolischen Gehalt eingebüßt. Der Donner ist nicht mehr die Stimme eines zornigen Gottes und der Blitz nicht mehr sein strafendes Wurfgeschoß. In keinem Fluss wohnt mehr ein Geist, kein Baum ist das Lebensprinzip eines Mannes, keine Schlange die Verkörperung der weisheit, keine Gebirgshöhle die Wohnung eines großen Dämons. Es sprechen keine Stimmen mehr aus Steinen, Pflanzen und Tieren zu Menschen, und er selbst redet nicht mehr zu ihnen in dem Glauben, sie verständen ihn. Sein Kontakt mit der Natur ist verlorengegangen und damit auch die starke emotionale Energie, die diese symbolische Verbindung bewirkt hatte“.
hukwa

Lit.Hinweise:
Hans Wagner: Die Waldaxt.
Hans Wagner: Stand in Trippstadt einmal ein Menhir?
Herbert Kühne: Die Felsbilder Europas.
Wolfgang Bauer: Das ganz Andere im Stein.
James Frazer: der Goldene Zweig.
Jakob Grimm: Deutsche Mythologie.
C.G.Jung: Gesammelte Werke.
Albertus Magnus: Von den Tugenden der Kräuter und Steinen.