„rustica gens
est optima flens, sed pessima gaudens“
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Foto - Burg Hohenecken©UteKW |
Im
Breidenborner Kopialbuch das Aufzeichnungen aus der Zeit von 1288 bis
1430 enthält finden sich folgende Niederschriften:
„Ritter Reyner von
Hohenecken und seine Frau Demud bekunden, das sie ihren Leibeigenen
(arman) Peter von Ransweiler für 8 Pfund Heller Philipp von
Breitenborn verpfändet haben. Falls die Aussteller den Leibeigenen
wieder einlösen, sollen sie erst nach Monatsfrist in ihre Rechte
eintreten.
Siegler: Aussteller.
Datum: 1383 feria
quarta proxima post dominicam Reminiscere.
Rittter Reinhart von
Hohenecken verkauft dem Edelknecht Philips von Breidenborn und Ecke
von Kaiserslautern seinen Leibeigenen (armen manne) Huck Scheffer von
Breitenau mit Frau und Kindern, die ihm bei der Erbteilung mit seinem
Bruder Beymond zugefallen sind, und behält sich allein für seine
Person den Wiederkauf mit 10 rheinischen Gulden vor.
Siegler: Aussteller.
Datum: 1387 die nonas
Junni.
Ritter Sifrid von
Wildenstein tauscht mit Demude von Breidenborn seinen Leibeigenen
(der mir zugehörig) Hans Franck gegen deren Leibeigene Katherine,
Tochter des verstorbenen Huge Schefer von Neukirchen.
Siegler: Aussteller.
Datum: uff den dinstag
vor unser frauwen dag keritzewyhe 1393.
Solche
Aufzeichnungen fern jeglicher mittelalterlicher Romantik zeigen uns
ein realistisches Bild vom „Glanz und Elend“ (Ferdinand Seibt)
des Mittelalters. Denn das Mittelalter war letztendlich nichts
anderes als die Geschichte von Mangel, Elend, Krankheit und Hunger.
Der
Adel repräsentierte, vor allem in der ländlichen Welt, die
öffentliche Autorität. In fast allen Teilen Europas stellte der
örtliche Grundherr oder ein von ihm beauftragter Vertreter für die
in seinem Herrschaftsbezirk lebenden Menschen praktisch die
Regierungsgewalt vor.
Bestimmt
haben die Leibeigenen geweint wenn sie oder ihre Kinder verkauft
wurden doch ihre Herrschaft hat dies nicht gestört.
„Rustica gens est
optima flens, sed pessima gaudens“ (Der Bauer ist am besten,wenn er
weint, und am schlechtesten wenn er lacht), war
ein geflügeltes Wort des Mittelalters. Der Leibeigene galt als ein
Untermensch, als ein eher dem Tierreich als der Menschheit
zuzurechnendes Lebewesen oder, wie ein bayerischer Beamter es noch
1737 ausdrückte, als Kreuzung zwischen Tier und Mensch.
Die
Ursprünge der Leibeigenschaft lassen bis in die unruhigen Zeiten der
Spätphase des römischen Reiches zurückverfolgen, als kleine, freie
Pachtbauern sich unter den Schutz mächtigerer Herren stellten und
Sklaven durch die Ausstattung mit Parzellen zu hörigen Bauern
wurden. Die Wirren der darauffolgenden Jahrhhunderte stärkten die
Herrschaft der adligen Herren, immer mehr Bauern wurden als Unfreie
eingestuft und bis zum 10. Jahrhundert waren die meisten Bauern
Hörige geworden.
Der
Philosoph und Historiker Christoph Helferich bezeichnete in seiner
„Geschichte der Philosophie“ das Mittelalter als „barbarische
Übergangszeit“ und der englische Historiker Toynbee sprach über
diese Epoche von einer Zeit „tiefen Schlafs“.
Das
heute oft unrealistische Bild des Mittelalters hat nie existiert.
Mittelalter Romantik beruht auf dem rückwärtsgewanten Weltbild der
deutschen Romantik. Wenn Novalis schrieb: „Es waren
schöne glänzende Zeiten, wo Europa ein christliches Land war, wo
Eine Christenheit diesen menschlich gestalteten Weltteil bewohnte,“
ist dies eine absolut falsche
Wiedergabe dieser dunklen Epoche. Vor allem die falsche Auslegung der
christlichen Lehre durch die Herrschenden und den Klerus trug zu den
Unmenschlichkeiten bei. Die Kirche lehrte das die Innerlichkeit die
Wesensbestimmung des Menschen sei was bedeutet dass der Mensch sich
von allen äußerlichen abkehren soll um wahrhaft Mensch zu sein. Die
Folge einer solchen Einstellung muss Verhängnisvoll sein, denn das
Bewusstsein das der Mensch für die Gestaltung der Welt
verantwortlich ist kommt gar nicht erst auf und die Welt „schläft“
weiter.
Ein
freies Personenbewusstsein wie wir es heute kennen gab es damals
nicht, daraus ergibt sich für den mittelalterlichen Menschen der
ständige Zwiespalt zwischen Glauben und Realität. Und dieser
Zwiespalt beherrscht das ganze Mittelalter.
Geschichte
und Geschehen sind durch drei Konstanten in der Geschichtsforschung
festgelegt:
durch
den Ort, durch die Zeit und durch den Menschen. Den der Mensch ist in
seine Epoche hineingeboren und ob er will oder nicht – er muss sich
mit dieser Zeit auseinandersetzen!
Papst
Innozenz III. (1198 – 1216) schrieb in seinem Werk „Über
das Elend menschlichen Daseins“... „Wer gibt meinen Augen den
Tränenquell, dass ich beweine den bejammenswerten Eintritt in die
Bedingungen menschlichen Daseins, beweine das schuldhafte
Fortschreiten menschlichen Lebens, beweine das verdammenswerte Ende
menschlicher Vernichtung?“
Er
beschreibt die Stufen von Geburt, Leben und Tod wie man im
Mittelalter wohl darüber dachte:
„Geschaffen ist der
Mensch aus Staub, aus Lehm, aus Asche, und was nichtswürdiger ist:
aus ekeleregendem Samen. Empfangen ist er in der Geilheit des
Fleisches, in der Glut der Wollust, und was noch niedriger ist: im
Sumpf der Sünde. Geboren ist er für die Furcht, für den Schmerz,
und was noch elender ist: für den Tod“.
Eine
starke Trostlosigkeit geht von dem Traktat Innozenz III aus doch es
gibt noch einige Texte aus dieser Zeit in der die damalige Welt als
„Jammertal“ beschrieben wird.
Im
Mittelalter war die Zahl der Menschen die keine Rechte besaßen, wie
Leibeigene und Unfreie, sehr hoch gewesen. Da sie Rechtlos waren
wohnten sie in der Regel auf dem Hof des Grundherrn, sie durften das
Gebiet ihrer Herrschaft nicht verlassen, wenn sie eine Ehe eingehen
wollten mussten sie bei ihrem Herrn die Erlaubnis einholen.
Die
der Leibherrschaft unterworfenen Leibeigenen waren zusätzlich zur
Leistung von Leibzins verpflichtet. In den Augen seiner Herrschaft
war der Leibeigene keine Person, sondern eine Sache, ein Teil der
beweglichen Habe seines Besitzers.
Tausend
Jahe lang stellten Leibeigenschaft und das Fehlen persönlicher
Freiheit die Daseinsbedingungen der Mehrzahl der europäischen
Landbewohner dar. Sie gehörtem jenem gesellschaftlichen Stand an,
der als Bauernschaft bekannt ist. Durch den Zufall der Geburt dieser
niedrigsten Schicht zugehörig, waren sie von Rechten, Privilegien
und Freiheiten ausgeschlossen, die den anderen Ständen zukammen. Sie
waren dazu verurteilt, in Abhängigkeit von denen zu leben, die im
sozialen Gefüge über ihnen standen, ihnen zu gehorchen, ihnen
Abgabe und Dienste in Form von barer Münze, Naturalien und
Arbeitskraft zu leisten.
Erst
im 18.Jahrhundert als der „Altweibersommer des europäischen Adels“
begann kam auch das Ende der Leibeigenschaft.
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Foto Burg Hohenencken©UteKW |
hukwa
Literaturhinweise:
Rössler:
Sachwörterbuch zur Deutschen Geschichte.
Breidenborner
Kopialbuch 1288 – 1430.
Ferdinand
Seibt: Glanz und Elend des Mittelaters – eine endliche Geschichte.
Theodor
Schieder: Handbuch der europäischen Geschichte.
Wilhelm
Volkert: Adel bis Zunft – Lexikon des Mittelalters.
Papst
Innozenz III: Über das Elend menschlichen Daseins.