Der
Rote Fingerhut (Digitalis purpurea) bildet in unseren Mittelgebirgen,
besonders auf Waldlichtungen mit kalkarmen Boden, ausgedehnte
Bestände. Seine großen, purpurroten Blüten, die zu auffallenden
Trauben gehäuft sind, stellen hängende Glocken dar. Diese
Blütenform erinnert an einen Fingerhut (lat. digitus = Finger). Die
Flecken in der Blüte sollen Staubbeutel vortäuschen und die
Attraktivität der Blüten für Insekten stark erhöhen. Allerdings
überwinden nur größere Insekten wie Hummeln die bärtige Sperre
auf dem Blütengrund, die kleinere unzuverlässige Blütengäste
zurückhält.
Die
giftige Pflanze aus der Familie der Rachenblütler ist mit mehreren
Arten in Mitteleuropa und Westasien heimisch. Zu Heilzwecken
verwendet man vorwiegend den Roten Fingerhut als auch seinen
Verwandten, den wolligen Fingerhut (Digitalis lanata).
Im
ersten Jahr entwickelt sich am Boden nur eine große Blattrosette, im
darauffolgenden Jahr wächst der behaarte Stängel 60 – 120 cm
empor. Er trägt runzlige, an der Unterseite grau-filzige,
lanzettförmige Blätter. Von Juni bis September erscheinen dann die
charaktertypischen Blüten. In Ziergärten gedeiht eine weniger
giftige Sorte als Zierpflanze.
Den
größten Heilwert hat der wildwachsende Fingerhut. Dieser ist dafür
bekannt, dass sein Wirkungswert an den verschiedenen Standorten recht
erheblich voneinander abweichen kann. Als besonders gut und reich an
Inhaltsstoffen gilt der "Harzer Digitalis". Um die Mitte
des 18. Jahrhunderts wurde die Pflanze von dem englischen Arzt
William Withering
in die Therapie eingeführt. Auf seinen grundlegenden Arbeiten baut
sich auch heute noch die gesamte Lehre der Digitalis auf. Man hatte
den Fingerhut schon lange vorher in der Volksheilkunde angewandt,
allerdings für ganz andere Erkrankungen, als jene für die er heute
angewendet wird.
Foto © UteKW |
Leonhart
Fuchs ein bekannter
deutscher Arzt und Botaniker, gab der Pflanze im Jahre 1542 den
wissenschaftlichen Namen, eben wegen der Ähnlichkeit mit einem
Fingerhut. Als einer der ersten Ärzte beschreibt er die Pflanze als
Arzneikraut. Es sollte allerdings William
Withering überlassen
bleiben den Fingerhut ab 1775 in die Medizin einzuführen. Als erster
hat er ihn bei Herz- und Kreislauferkrankungen angewandt. Er
beschrieb die Heilpflanze in einer Monografie äußerst exakt.
Bei
den britischen Kelten war die Pflanze eng mit dem „kleinen
Volk“, den Elfen und
Feen verbunden. Sie sollen die Blüten des Fingerhutes u.a. als
Kopfbedeckung genutzt haben.
Die
Pflanze bot Schutz vor Bösem und war gleichzeitig ein Bindeglied zu
den Naturgeistern.
Der
Fingerhut ist eine der stärksten heimischen Giftpflanzen und darf
auf keinen Fall selbst zubereitet werden. Schon geringe Mengen wirken
tödlich! Bei der Anfertigung eines jeden Digitalis-Blätterrezeptes
ist der Apotheker verpflichtet, eine neue Ampulle zu öffnen und den
nicht verbrauchten Rest fortzuwerfen. Der Arzt ist somit immer sicher
voll wirksamen Digitalis zu erhalten.
In
Gärten, in denen Kinder spielen, hat der Fingerhut also wegen seiner
Giftigkeit nichts verloren!
Wohl
aber in freier Natur, wo er mit seiner Blütenpracht die
Vorbeikommenden grüßt.
hukwa