Sonntag, 25. September 2016

Dompfaff - Haiku

Am Futtterhaus
der Dompfaff
kündet den nahen Winter.
hukwa

Freitag, 23. September 2016

Waldgott

Krähiger Blick
im Fichtentann
der alte Waldgott
für die Dauer
einer Amselfeder Fall
kehrt wieder
im erdigen Wurzeldickicht
der Weißdornhecke
versteckt er seine Welt
lehrt Gräser und Pilze das Reden
im Gezwitscher der Tannenmeisen 
kehrt seine Stimme wieder
Nebel über den Wassern
darinnen
des Waldgott dunkles Wesen.
hukwa

Sonntag, 18. September 2016

Willkommen Einsamkeit ich lausche deinen Liedern

Jetzt schlafen alle Nymphen
der Herbst hat es vollbracht
die Sommerträume ruhen
in alt verinnerlichter Nacht
der winterliche Greis wartet
lässt sich in Waldschluchten nieder
Willkommen Einsamkeit
ich lausche deinen Liedern.
hukwa

Freitag, 16. September 2016

Die Heimat der Göttin oder am Quell der Diana

Es gibt Historiker die haben zwei Geschichtsbilder im Kopf. Das eine ist das Reale der Geschichte, wie wir sie aus Urkunden, archäologischen Funden und aus den Geschichtsbüchern kennen. Ich nenne es das blutige Bild unserer geschichtlichen Vergangenheit. Mord, Krieg und Totschlag. Ein Bild von Schlachten und Kriegen die oft genug in den Büchern noch heroisch dargestellt werden. Das zweite Bild das ich von der Geschichte in meinem Geist mit mir trage ist der Mythos. Er ist die Alternative zu jenem realen Geschichtsbild, das mir oftmals den Weg aus der Geschichte zeigt und in gewißen Sinne eine Art Hoffnung in mir aufkeimen lässt.
Auch in der Heimatforschung kommt zu dem Forschenden der Moment, wo das historisch-wissenschaftliche sich mit dem Mythos verbindet.
Nach Jahren des Studiums historischer Bücher, nach Forschungen in Urkunden und vor Ort, beginnt der Mythos selbst im Heimatforscher zu leben. Man kann den Mythos weder bestellen noch abbestellen, irgendwann beginnnt er in uns zu leben. Es ist wohl der Moment, da die Göttin ihre Energie in einem entfaltet. Gewiß, hat der Forschende durch seine intensive Beschäftigung mit dem Geist der Vergangenheit das große Geheimnis des Mythos in seiner Seele erweckt und nun muss er dem Mythos dienen, wie ein alter keltischer Priester, der er vielleicht in einem früheren Leben einmal war.
Der Mythos hat nichts mit Esoterik oder Religion zu tun, er ist ein Fluss der in uns fließt, wir können von seinen klaren Wassern kosten doch bis zu seinen Quellen werden wir wohl nie gelangen, denn diese Quelle ist jene unendliche Kraft die das ganze Universum durchzieht. Der Mythos ist die Verbrüderung mit der Allseele. So wie sich der Historiker mit dem Stammbaum eines adligen Geschlechtes beschäftigt, so sucht der Mythologe seine Wurzeln im Mythos. Die Beschäftigung mit ihm ist Realität und Traum zur gleichen Zeit. Dieses Gefühl Teil eines großen Wirklichkeitserlebnisses zu sein hat Jorge Louis Borges in wunderbaren Worten ausgesprochen:

Wenn nämlich die Welt der Traum eines Jemand ist, wenn es Jemanden gibt, der uns in diesem Augenblick träumt und der die Geschichten der Welten träumt... dann hat die Vernichtung der Religionen und der Künste, dann hat die Allgemeine Verbrennung der Bibliotheken nicht viel mehr zu bedeuten als die Verbrennung der Einrichtungsgegenstände eines Traumes. Der Geist der sie einmal geträumt hat, wird sie abermals träumen. Und so lange dieser Geist zu Träumen fortfährt, so lange ist nichts verloren“.
Heidelsburg bei Waldfischbach Fotos© Ute Knieriemen-Wagner


Der Pfälzerwald in dem ich lebe ist altes Keltenland. Zahlreiche längst vergessene Höhenheiligtümer verbirgt dieser dunkle Wald, der einst von den Vogesen bis in die Eifel reichte. „Wassichin“, nannten die Kelten dieses große Waldgebiet was soviel bedeutet wie „Auerochsengebirge“, die Römer nannten es „Vosagus“, nach einem alten Waldgott der hier hauste. Die realistische Geschichtsforschung hat uns die Kelten und Römer als Völker dargestellt wie sie auch tatsächlich waren: Kriegslüsterne Eroberer!
Doch es gibt noch eine „zweite Geschichte in der Geschichte“, nämlich jene der Muttergottheiten die in diesen Wäldern an vielen Quellen verehrt wurden, Plätze die das Volk zum Teil heute noch aufsucht. Und die Verehrung dieser Matronen das ist der Mythos von dem ich hier schreibe.
Diese Landschaft mit seinen dunklen Wäldern, seinen geheimnisvollen Woogen und Wildbächen, die von der Natur erschaffenen steinernen Gebilde, die Menhire von denen es hier noch einige gibt und die geheimnisvollen Felsbilder versteckt im Dickicht der Wälder das ist die Heimat der großen Göttin und es ist die Heimat des dunklen Waldgottes Vosegus – im Mythos existieren beide immer noch.
Es sind noch nicht einmal 2000 Jahre vergangen, seit man der Göttin hier Opfer brachte und sie an den heiligen Quellen verehrte. Was sind schon 2000 Jahre im Lauf der Geschichte; es ist noch nicht einmal der halbe Wimpernschlag des alten Vogesengottes.
Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, der Mythos hat die Geschichtsschreibung immer begleitet und immer wieder werden wir ihm begegnen.
Gerade in diesem Gebiet der Mediomatriker und Treverer, deren Hauptstätte Trier und Metz waren, pflegte man die alten heiligen Kultplätze. In der Regel lagen sie in den weiten Wäldern der Mittelgebirge, von den heutigen Vogesen über den Pfälzerwald in den Hunsrück bis hinein in die Eifel und Ardennen. Die alten keltischen Naturkulte verbanden sich mit römischen Steinbauten, Stelen und Steinreliefs aus Buntsandstein, wie wir sie aus dem Pfälzerwald kennen. Noch heute findet der Kundige Reste dieser alten Weihedenkmäler von denen der alte Zauber der Göttin noch auszugehen scheint. So errichteten sie die Treverer für Diana, die römische Göttin der Jagd und des Wildes, die man mit der keltischen Arduinna gleichsetzte, der Gottheit des Gebirges der Ardennen, ähnlich wie eben Vosegus der Waldgott des Pfälzerwaldes und der Vogesen war.
Ein besonderer Kult genossen die Matronen (Mütter) die man vorwiegend an Quellheiligtümern, wie beim Gutenborn im pfälzischen Kindsbach verehrte. Diese Fruchtbarkeitsgötttinen genossen eine herausragende Verehrung. Gerade der Kult dieser Quellgottheiten war unter den romanisierten Germanen und Kelten stark verbreitet und stellte eine Vermischung aus römischen mit keltischen und germanischen Traditionen dar.
Auch der Name Pfalz stammt letztendlich von einer Göttin ab. Die Sprachforschung sagt uns dass „Pfalz“ aus dem lateinischen Wort „Palatium“ abgeleitet sei. Das „Palatium“ oder die „Pfalz“ steckt auch in dem Wort Palst oder Haus in dem die Herrscher wohnten, der Regierungssitz denn das Mittelalter als „Königspfalz“ bezeichnete. Aber auch andere festummauerte Wohnsitze nannte man damals Pfalz. Vom römischen Altertum haben sich die Abwandlungen des Wortes „Palatium“ allesamt weit entfernt. „Palatium“ so nannten die Römer in Rom einen Hügel. Nämlich einen der sieben Hügeln auf denen Rom erbaut war hieß so. Der älteste Siedlungsteil der „ewigen Stadt“ stand genau auf diesem Hügel. In vorrömischer Zeit stand auf diesem Hügel ein Tempel der der altitalischen Schutzgöttin „Pales“ geweiht war. „Pales“ war ähnlich der „Diana“ eine Naturgöttin.


In seinen „heroischen Leidenschaften“ schreibt Gordano Bruno über die Göttin Diana:

Die Wahrheit wird gesucht wie ein unzugängliches Ding, wie ein Gegenstand, der nicht nur unbegreiflich, sondern auch nicht zu vergegenständlichen ist, denn niemand hält es für möglich, in die Sonne zu schauen, den allerleuchtenden Apollo, in das durch seine höchste und vorzüglichste Wesensgestalt absolute Licht; wohl aber in ihren Schatten, ihre Diana,die Welt, das Universum,die Natur, die in den Dingen ist, das Licht, das in der undurchsichtigen Materie ist, jenes nämlich,das in der Finsternis leuchtet. Von den vielen also,die auf den genannten und auf noch vielen anderen Wegen in diesem wüsten Walde dahineilen, lassen sich nur ganz wenige am Quell der Diana nieder.Viele geben sich mit der Jagd auf wilde und unedle Tiere zufrieden; der größte Teil aber fängt gar nichts, denn er stellt die Netze nach dem Wind und hat schließlich nichts als Fliegen in der Hand. Selten gibt es, meine ich, einen Aktaion, dem vom Schicksal gewährt ist, Diana nackt zu schauen und dahin zu kommen, dass die schöne Liebesgestalt der Natur ihn ganz verzaubert, und der dann, durch die beiden Augen, durch die er den Glanz göttlicher Güte und Schönheit wahrgenommen, in den Hirsch verwandelt wird und fortan nicht mehr Jäger, sondern gejagtes Wild ist. Denn das letzte und endgültige Ziel dieser Jagd ist eben das, jene flüchtige und wilde Beute zu erreichen, durch die der Erbeuter selbst zur Beute, der Jäger zum gejagten Wild wird. Denn bei allen anderen Arten der Jagd, die man auf einzelne Dinge richtet, gelangt der Jäger schließlich dazu, diese anderen Dinge an sich zu reißen,indem er sie mit dem Munde der eigenen Erkenntnis erfaßt; bei jener göttlichen und allumfassenden Jagd aber vollzieht sich das Fangen so,dass auch er notwendigerweise gefangen,aufgesogen und geeint wird. Dadurch wird er aus einem gewöhnlichen,durchschnittlichen und dem alltäglichen Volk angehörenden Menschen zu einem wilden Wesen, wie ein Hirsch oder ein Bewohner der Wildnis; gleichsam göttlich lebt er in der erhabenheit des Waldes, in den nicht nur Menschenkunst gestaltezten Gemächern höhlenreicher Berge, wo er den Ursprung der großen Ströme bewundert, wo er von den gewöhnlichen Begierden unberührt und rein dahinlebt, wo die Gottheit freier umgeht...So verschlingen die Hunde, die Gedanken göttlicher Dinge, diesen Aktaion, töten ihn für das rohe Volk und die Menge, lösen ihn aus den Verstrickungen der verwirrten Sinne, befreien ihn aus dem Leibeskerker der Materie, so dass er nun nach seiner Diana nicht mehr wie durch Ritze und Fenster zu spähen braucht, sondern die trennende Wände niederwirft und angesichts der ganzen Weite des Horizonts ganz Auge wird. So schaut er das ganze wie ein Einziges und sieht nicht mehr durch Unterscheidung und Zählung, wie sie sich aus der Verschiedenheit der Sinne ergibt, durch die man wie durch Ritzen nur in verworrener Weise wahrnehmen kann. Er sieht Amphitrite, denn Urquell aller Zahlen, aller Arten, aller Begriffe: Sie ist die Monade, die wahre Wesenheit im Sein aller Dinge; und wenn er sie auch nicht in ihrer Wesenheit selbst, in absolutem Lichte sieht, so sieht er sie in ihren Hervorbringungen, welche ihr ähnlich, ihre Abbilder sind. Denn aus jener Monade, welche die Gottheit ist, geht diese Monade hervor, welche die Natur, das Universum, die Welt ist...

Es ist nur eine der vielen Metamorphosen der großen Göttin die Giordano Bruno hier beschreibt. Wir finden sie versteckt in den Märchen und Sagen, aber auch als christliche Heilige kennen wir sie. So nahm die alte Göttin im Laufe der Jahrtausende viele Gesichter und Persönlichkeiten an. Auf einigen der Steinreliefs auf denen die Göttinnen abgebildet sind, erkennt man auch Pflanzen und Bäume. Dies führt in die Zeiten zurück da die Göttin noch kein „Gesicht“ hatte, und die Kelten sie noch in den heiligen Baumhainen verehrten.

hukwa

 

Dienstag, 13. September 2016

Herbst im Pfälzerwald

Eine naturphilosophische Betrachtung

 
Foto © Ute Knieriemen-Wagner
Der naturkundige Wanderer kennt die Stimmung, wenn im Herbst am Morgen der Nebel noch Tal und Hügel, Wälder und Fluren wie mit einem feinen Schleier verhüllt, den die heraufsteigende Sonne allmählich durchdringt und auflöst. Millionen von Spinnweben funkeln in Gebüsch und Bäumen und verzaubern die Landschaft. Es ist die Zeit der gedämpften Farben und des mystischen Lichts.

Die letzten Zugvögel werden unruhig, weil es bald auf große Reise geht. Auf den Feldfluren ist nun Ruhe eingekehrt und am Waldrand reifen die schwarzen Schlehen, warten auf den ersten Frost, der etwas Süße in sie senkt. Die letzten Früchte des Holunders funkeln in der Sonne und die überreifen Brombeeren laden zum Verweilen ein. Ein letztes Mal verwöhnt uns die Natur mit ihrer herbstlichen Fülle. Mensch und Tier wissen, dass nun bald die dunkle Jahreszeit Einkehr hält und wollen ein letztes Mal von der Natur verwöhnt werden.

Im Wald erscheint uns nun die Stille noch intensiver, als wir sie im Hochsommer empfunden haben. Jene, die Altmutter Natur lieben, zieht es nun wie unter einem Zwang hinein in die Wälder, ihre Geheimnisse und Schönheiten aufsuchend. Man fühlt in sich Momente, in denen man spürt, dass wir mit dieser erhabenen Natur verwandt sind.

Der Schrei des Habichts in den Lüften, das plötzliche Aufbrechen von Wild im Gebüsch, das Schimpfen des Eichhörnchens vom Baum herab oder das einsame Fallen einer Eichel erscheinen uns wie ein Gebet, das Mutter Natur zu uns spricht. Der ganze Wald spricht zu uns in seiner großen Stille.

Indem wir ihm zu hören, schauen wir in uns selbst hinein. Ist uns die Natur eine Mutter, so ist der Wald uns Vatergestalt, seine Bäume sind uns Brüder und die verwunschenen Weiher sind uns Schwestern.


Fern vom Getöse der Menschen erwartet uns im Wald reine Beschaulichkeit.
Kurz ist der „Goldene Oktober“, der ein einziger Herbststrauß zu sein scheint. Kommt der Wanderer durch Buchenwald, versinkt er bis zu den Knöcheln im sanften Laub.
In einem Laubwald dauert es mitunter bis zu fünf Jahre, bis ein Buchenblatt als solches nicht mehr zu erkennen ist. Bis dahin geht es in Teilen durch Dutzende von Mägen der sogenannten Zersetzer. Also von Tieren, die vom „Abfall“ der Natur leben. Im Laubwald fallen jährlich pro Hektar vier Tonnen Pflanzenmasse an, die es zu verwerten gilt. Mutter Natur bewältigt diese Mengen mit einem Heer von hungrigen Mäulern. Die Erstverwerter der Laubstreu sind Spring-schwänze, Asseln, Milben, Regenwürmer und Tausendfüssler. Diese kleinen Bodentiere können jedoch die pflanzlichen Reststoffe nur durchlöchern. Das weitere Zerkleinern obliegt winzigen Bodenbewohnern, die insgesamt noch einmal das Hundertfache der Regenwürmer auf die Waagschale bringen. Diese Mikrowelt ist mit mehreren Milliarden Tieren pro Quadratmeter so groß, dass sie der Mensch bisher kaum erfassen und bestimmen kann. Diese Winzlinge stellen das Bindeglied zwischen der toten Pflanzenmaterie und den größeren Zersetzern der Streu dar. Einige wenige aus diesem Mikrokosmos sind in der Lage, die schwer verdaulichen Teile wie Zellulose und Lignin zu knacken. Sie besitzen hierfür Enzyme, über die nur wenige Abfallverwerter verfügen. Anschließend machen sich Mikroorganismen über den Nahrungsbrei her. Sie verdauen ihren eigenen Kot mit den darauf lebenden Kleinstlebewesen. Die Energieausbeute erhöht sich damit um mehr als das Doppelte. Entgegen der Welt der Menschen kann die Natur ihre „Abfallprobleme“ äußerst nachhaltig regeln.

Der Wald strahlt zu dieser Zeit in den herrlichsten Farben!
Es sind nicht nur die Buchen, die im Herbst in purpurner Farbe zu brennen scheinen. Auch der wilde Kirschbaum entfaltet um diese Jahreszeit eine üppige Strahlkraft. Erfreut er im Frühling das Herz des Wanderers mit seinen schneeweißen Blüten, so wirkt nun das Rot seines Herbstkleides fast magisch auf uns. Aber auch ein Nadelbaum wirft seinen Zauber über uns: wie brennende Fackeln stehen die Lärchen am Bergeshang. In den frühen Morgenstunden funkeln tausende von silberfarbenen Spinnweben in den Büschen. Wie versponnene Elfenlocken scheinen die Fruchtstände des Waldweidenröschens ineinander verwoben, wenn man Mitte Oktober durch die Trippstadter Wälder streift.
Die unruhig schlanke Birke in ihrem gelbfarbenen Herbstkleid fällt dem Wanderer besonders auf. In ihrer Nähe befinden sich oft die roten Fruchtknollen des Fliegenpilzes. Beide, Baum und Pilz, sind durch Symbiose verbunden.
An den Abenden ist es nun schon sehr kühl geworden. Ein Blick in den Herbststernenhimmel zeigt uns, dass der Winter bald seinen Einzug hält. Tief im Norden werden schon die ersten Vorboten des Winterhimmels sichtbar, insbesondere in Gestalt des Sternbildes Stier, das zumindest für Mittel- und Nordeuropa bereits vollständig aufgegangen ist. Sein Hauptstern heißt Aldebaran, wie ein großes Juwel funkelt er nun am nächtlichen Sternenhimmel.

Herbstzeit ist Wanderzeit!

hukwa

Herbst - von Nikolaus Lenau (1802-1850)
Rings ein Verstummen, ein Entfärben: Wie sanft den Wald die Lüfte streicheln, Sein welkes Laub ihm abzuschmeicheln; Ich liebe dieses milde Sterben.
Von hinnen geht die stille Reise, Die Zeit der Liebe ist verklungen, Die Vögel haben ausgesungen, Und dürre Blätter sinken leise.
Die Vögel zogen nach dem Süden, Aus dem Verfall des Laubes tauchen Die Nester, die nicht Schutz mehr brauchen, Die Blätter fallen stets, die müden.
In dieses Waldes leisem Rauschen Ist mir als hör' ich Kunde wehen, daß alles Sterben und Vergehen Nur heimlich still vergnügtes Tauschen.

Vergangenes Handwerk und erloschene Berufe in Trippstadt

Der vorliegende Text versucht eine Gesamtschau auf das alte Handwerk in Trippstadt und Berufe von „einst“ zu werfen. Er beschränkt sich auf die Zeit von ca. 1670 bis 1890. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt in einem Zeitraum von ungefähr 200 Jahren. Die Gründe dafür liegen zum einen in der größeren Literatur– und Quellenbasis aus dieser Zeit, doch vor allem in der Tatsache, dass in diesem Zeitraum Handwerksberufe, als auch andere Berufssparten, eine enorme Entwicklung erfahren. Dieser Text will keine sentimentale Rückschau auf eine vergangene „heile Welt“ beschreiben, die es ja eh nicht gab, sondern es ist der Versuch, dem Leser ein Stück Heimatgeschichte aus alter Trippstadter Zeit zu vermitteln.
Es ist der Versuch, ein Bild zu entwerfen über verschiedene Berufe und Tätigkeiten die noch vor etwa 100 Jahren in unserem Ort angesiedelt waren und ausgeübt wurden.
Natürlich gab es diese Berufe auch in anderen Orten der Region. Trippstadt habe ich aus dem Grund ausgewählt, weil für den Ort reichliches Quellenmaterial zur Verfügung steht. Hier möchte ich besonders auf das Bürgerbuch von Heinrich Haas und die Glöckner Datei hinweisen.
Doch Trippstadt ist für eine solche Publikation noch aus anderen Gründen geeignet. Der Ort hatte eine blühende Eisenindustrie, was natürlich unterschiedliche Berufsgruppen anzog; Trippstadt ist waldreich und hat eine Jahrhunderte alte Tradition bei den Waldberufen, auch die Landwirtschaft in Form des Waldbauerntums spielt eine Rolle. Hinzu kommen noch jene „Hausberufe“ wie Leineweber, Seiler, Seifensieder, Korbflechter, usw., die hier ausgeübt wurden. Sämtliche Berufe die hier beschrieben werden kann man in den beiden erwähnten Bürgerbüchern finden und nachlesen.
Es versteht sich als obligatorisch, dass man bei einer solchen heimat-geschichtlichen Recherche immer wieder mal über den „Kirchturm hinaus“ in benachbarte Orte schauen muss, um Vergleiche anzustellen aber auch um ein Gesamtbild zu erreichen. Doch der Hauptinhalt dieses Textes ist Trippstadter Ortsgeschichte.
In den Notzeiten der beiden Weltkriege lebten verschiedene alte Berufe noch einmal auf, wie z.B. die Köhlerei und die Herstellung von Holzschuhen. Wie Forstrat W. Albert berichtet, wurde Holzkohle aus Trippstadt und Kaiserslautern bis in die 1920er Jahre nach Spanien exportiert. In Kaiserslautern gab es bis in die fünfziger Jahre noch eine Holzschuhfabrik. Auch eine Holzschuhmacher Innung, in der Holzschuhmacher und Schindelmacher organisiert waren, existierte bis in diese Zeit in der Pfalz.
Die hier beschriebenen Berufe zeichnen auch das Bild einer Region, eines Ortes nach. Bei vielen dieser Berufe bildete eine kleine Landwirtschaft eine zusätzliche Erwerbsquelle für die Familie. Zu gewissen Zeiten, vor allem aber während der Aussaat und Erntezeiten, wurde für Tage oder Stunden das Handwerkszeug mit dem Ackergerät vertauscht. In Kriegs– und Notzeiten war diese Neben-beschäftigung oft ein lebenserhaltender Faktor.
Bevor ich nun einige Berufsgruppen beschreibe, hier eine Auflistung dieser heute zum Teil nicht mehr existierenden Berufe:
Schindelmacher, Bürstenbinder, Seiler, Leineweber, Ziegler, Bierbrauer, Ölmüller, herrschaftlicher Geldheber, Bader, Tagner, Wolfsjäger, Daubenhauer, Büglerin, Wagner, Schuster, Küfer, Feldschütz, Hammerschmied, Steuereinnehmer, Churpfälzischer Zöllner, Köhler, Korbmacher, Kammacher, Kesselschmied, Blaufärber, Stuhlmacher, Barbier, Pottaschbrenner, Almosenpfleger, Faßbinder, Tuchmacher, Hirte Waldhüter, Pudler, Holzsetzer, Fuhrmann, Färber, Kuhhirte, Hufschmied, Schneider, Einnehmer, Webermeister, Gemeindeschreiber, Blechschmied, Platzknecht, Pflasterer, Hafner, Steinhauer, Steinbrecher, Einleger, Postillion-Kutscher, Schäfer, Seifensieder, Wollspinner, Bordschnitter, Messerschmied, Rotgerber, Papiermacher, Nagelschmied, Nachtwächter, Glasschleifer, Dienstmädchen.


Der approbierte Bader:
In einer einfachen Rasierstube übte er seinen Beruf als Friseur, Wundpfleger und Zahnzieher aus, sofern er nicht seine Kundschaft zu Hause besuchte. Aber auch für andere Schmerzen wusste er oft Rat. Manche Ärzte zogen bei Hausoperationen den Bader als Gehilfen hinzu. Auch für die Leichenschau war er verantwortlich. Er hatte eine Lehrzeit zu absolvieren und musste, in der Regel nach Ableistung seines Militärdienstes, zu einem mehrmonatigen medizinischen Kursus nach Frankenthal, wo die pfälzischen Bader unter der Leitung von Ärzten geschult wurden. Nach Beendigung des Kurses erhielten sie neben einem Diplom die sogenannte Approbation, mit der sie ihr Geschäft betreiben durften.
Mein Großvater, der auf dem Wiesenthalerhof wohnte, erzählte mir, dass er zum Zahn ziehen in den Nachbarort Erfenbach zum dortigen Bader ging. Einen Zahn ziehen zu lassen kostete damals eine Reichsmark.
Im Trippstadter Bürgerbuch finden sich mehrere Bader.

Blechschmied:
Er war mit allen Blecharbeiten vertraut. Neben größeren Arbeiten wie der Herstelllung von Dachrinnen und deren Anbringung reparierte er auch Kochtöpfe und den Wasserkessel. In Trippstadt gab es viele Blechschmiede und man kann davon ausgehen, dass die meisten von ihnen in den Trippstadter Eisenhüttenwerken in den dortigen Eisenberufen gearbeitet haben.

Die Büglerin:
Die besser gestellten Geschäftsleute und Bürger ließen einmal die Woche die Büglerin in ihr Haus kommen, die ihre Wäsche glättete. Sie stärkte und bügelte Vorhänge, Deckchen und Herrenhemden.
Eine bekannte Trippstadter Büglerin war „das Felsenweib vom Karlstal“, mit bürgerlichem Namen Anna Katharina Kaiser, geboren am 13. Februar 1777.

Der Leineweber:
Flurnamen wie Brechkaut, Hanfdelle und Hanfacker erinnern noch heute in Trippstadt an das alte Handwerk der Leineweber. Hauptberufliche Leineweber arbeiteten immer als „Heimarbeiter“. In vielen bäuerlichen Haushalten stand auch ein Webstuhl der den Tagnern und Ackerern ein Zubrot gab. Die meisten Bauern hatten ihren Hanfacker der besonders gepflegt wurde. Sobald geriffelt, gröstet, gebrochen und wieder getrocknet war, besorgten die Frauen das „Schwingen“, dann kam der „Hechelmacher“ und durchzog auf der „Hechelbank“ die Hanfbündel. Nach einigen weiteren Arbeitsvorgängen wurde dann der Flachshanf versponnen. In Trippstadt waren einige Leineweber tätig. Trippstadt hatte 3 Brechkauten: 1. Wo Mandel- und Brotdeich zusammenstoßen, 2. in der Nähe der Schanz, 3. am Friedhof.

Gerber, Schindelmacher, Korbflechter:
Im ehemaligen „Häusschen“ am Ertl, wirkte lange Zeit ein Gerber, daher auch der Name Gerbfeld, eine Gewanne die sich in der Nähe dieses Hauses befindet. Auch der Schindelmacher Johann Kallenbach und der Korbflechter Heinrich Rösel hatten hier ihre Werkstatt.

Der Küfer:
Fässer, Fleisch- und Waschbütten, kleinere Bütten für Sauerkraut und saure Bohnen, Bütten und Fässer in allen Größen, stellte der Küfer her. Es war eine, große Genauigkeit erfordernde Arbeit, ein Fass herzustellen. Aus dem Rohholz, in der Regel Eiche, die Dauen so zu bearbeiten, dass sie sich millimetergenau zu einem Fass zusammenfügten.Am Ende versah man sie mit den Fassböden durch Einklemmen in eine gefräste Nut. Die dann aufgezogenen Fassreifen pressten die Dauen zusammen und nach Einbohren des Füll- und Zapfloches war das Fass fertig. Als Dichtungsmittel wurde Pech oder auch Liesch, eine Sumpfpflanze verwendet.

Der Schweinehirt:
Dieser Beruf ist einer der ältesten Berufe und wird schon in der Odyssee Homers erwähnt. Im Volksmund sagte man einfach „Sauhirt“.
Er trieb die Tiere, die vielen Besitzern gehörten, mit Beginn des Frühjahrs an Feldwege und abgeerntete Felder, bis der Herbst durch nasses und kaltes Wetter den Austrieb beendete. Der Hirt bekam seinen Lohn wöchentlich ausbezahlt und im Herbst bekam er nochmals Naturalien als Entlohnung.
In jeder größeren Ortschaft stand ein Hirtenhaus in dem der Hirte wohnte.

Der Seifensieder:
Der Seifensieder stellte vor allem Kernseife her.

Der Stuhlmacher:
Eigentlich müsste es Stuhlsitzflechter heißen, denn er hat die Stuhlsitze geflochten und repariert.

Der Ziegler:
Unterhalb des Wilensteinerhofes befand sich eine Ziegelei. Der dortige Brunnen heißt noch heute Ziegelbrunnen. In den „Blättern zur Heimatgeschichte von Trippstadt“ - Sonderheft Tripppstadter Flurnamen kann man lesen: „Der für die Ziegelei benötigte Lehm wurde auf dem Wilensteiner Feld abgebaut. In dem Waldhang zwischen Kaltenborner Tal und Wilensteiner Feld ist jetzt noch die Stufe eines diagonal den Hang heraufziehenden ehemaligen Weges zu erkennen. Die Ziegelproduktion dürfte in der Zeit um 1800 eingestellt worden sein, nachdem die Familie von Hacke ihr Eigentum abgeben musste. Ein Gebäude wurde weiterhin zu Wohnzwecken genutzt, über die Zeit des Abrisses, legen keine Unterlagen vor“.

Der Pflasterer:
Mit dem Aufkommen von Teer- und Asphalt für Straßendecken war auch das Geschäft des Pflasterers notleidend geworden und nur noch in Höfen, Ställen und Rinnen beansprucht. Der im Volksmund gebrauchte Ausdruck „Poweier“ für den Pflasterer war kein Schimpfwort, sondern nur eine Verballhornung des französischen Wortes Paveur = Pflasterer oder Steinsetzer, das über die französisch-lothringische Grenze seinen Weg zu uns gefunden hat.

Der Schmied:
Das Berufsbild des Schmiedes bedarf einer etwas längeren Abhandlung in diesem Artikel. Gab es doch in Trippstadt fast sämtliche Vertreter dieser Berufsgruppe: Huf-, Gesenk-, Rad-, Nagel-, Büchsen (Waffen)-, Waagen (Gewicht)-, Kunst und Goldschmied-, Kessel-, Messer-, Blechschmied.
Eine Spezialisierung griff oft in die andere über, so das mehrere solcher Berufszweige von einem Schmied ausgeübt wurden. Auch war es wohl die Eisenindustrie in Trippstadt die viele Schmiedegesellen in unsere Gemeinde lockte. Noch heute sagt ein altes Sprichwort, das man aus einem Schmied einen Schlosser machen kann, aber nicht umgekehrt aus einem Schlosser einen Schmied. Das galt wohl auch für die Eisenverhüttung. Das Berufsbild des Schmiedes ist so umfangreich, das man im Schmied den Mutterberuf für das gesamte Metallhandwerk sehen kann. Doch auch mit vielen anderen Berufszweigen stand das Schmiedehandwerk in enger Verwandtschaft: Schlosser, Klempner, Wagner, Schreiner, Maurer, Müller, Schiffsbauer, Brunnenbauer, Bergmann, Steinmetz, Steinbrecher, Zimmermann, aber vor allem mit dem Landwirt und dem Winzer. Den Schmied zog man bei vielem hinzu, so z.B. wegen seiner tierärztlichen Kenntnisse (Hufschmied), bei der Geburt von Kälbern oder Fohlen. Der Schmiedemeister oder Geselle legte seine Prüfung vor der Handwerkskammer ab, der Hufschmied vor einer staatlichen Prüfungsstelle, so wie das auch vom Apotheker und vom Schornsteinfeger verlangt wurde. Der Hufschmied hatte es ja mit einem Tier, also mit einem lebendigen Wesen zu tun und die Voraussetzung für diesen Beruf war auch das Wissen über Tierheilkunde. In den alten Hufbeschlagsschulen wurden immer auch Tierärzte als Lehrer beschäftigt. Die Vorläufer unserer Tierärzte waren tatsächlich die Schmiede und Schäfer.

Jedes Pferd hat seine eigene Gangart, darauf musste der Hufschmied achten. Auch ob eine Krankheit, ein Senkfuß oder eine Druckstelle vorhanden war. Demgemäß musste er das Eisen anfertigen und anpassen. Voraussetzung für das Anpassen eines Hufeisens ist und war handwerkliches Können. Es wurde nicht groß gemessen, sondern nach Augenmaß gearbeitet. Alle zwei Monate musste ein Pferd neu beschlagen werden.

Mein Großvater erzählte mir, dass noch in den 1920zigern Jahren in Kaiserslautern zwei Nagelschmiede tätig waren. Dies hatte einen einfachen und logischen Grund. Damals gab es noch einige Wagnereien in Stadt und Umland. Es gab zwar schon maschinell hergestellte Drahtstifte, doch die handgeschmiedeten Nägel hatten einen enormen Vorteil: es platzten keine Köpfe ab. Solche handgearbeitete Nägel wurden für die Beschläge an landwirtschaftlichen Wagen und Geräten benutzt aber vor allem an der Deichsel und an den Mück- oder Bremsklötzen.

Eine weitere Spezialisierung im Schmiedehandwerk war der Bergschmied. Ein solcher war tätig im Bergwerk der Gienants auf Erzhütten–Wiesenthalerhof. Seine Aufgabe war es, die zum Bergbau (Erzabbau) erforderlichen Gerätschaften aus Eisen zu schmieden. Er unterstand der Berggerichtsbarkeit, was ihm neben besonderen Privilegien, auch besondere Pflichten einbrachte. Diese waren in der Bergschmiedeordnung geregelt. Legte er die Meisterprüfung ab, musste er eine Kratze und einen Keil anfertigen. Dann musste er vor dem Bergamt den Bergschmiedeeid sprechen. Er gelobte, dass er die Grubengerätschaften in bestem Zustand liefern würde und weder altes noch neues Eisen veruntreuen würde. Ein besonderes Privileg war, dass er eine beschränkte Schank-genehmigung besaß. Er durfte den Bergleuten und den Fuhrknechten Bier und Branntwein als „Labetrunk“ ausschenken.

Oft musste der Bergschmied auch die Arbeit des Kuhschmieds übernehmen. Er musste also Kühe, Ochsen und Bullen beschlagen. Das Erz, das nach Trippstadt transportiert wurde, kam mit Esel- und Ochsenkarren hier an. Vor allem im Winter mussten die Tiere beschlagen werden.

Zimmermann:
Die Arbeit des Zimmermanns ist bekannt. Weniger bekannt ist vor allem die Winterarbeit der Zimmerleute das sogenannte Holzbeschlagen. Dies war eine harte und anstrengende Arbeit. Im Wald wurden die Stämme zu verschiedenen Balken zurecht geschlagen. Manchmal wurde auch ein ganzer Dachstuhl im Wald gezimmert.
So schreibt Johann Keiper über Oberstjägermeister Karl Theodor von Hacke, den Trippstadter Schloss- und Waldbesitzer: „Man erzählt sich heute noch, dass in dem Jahrzehnt 1780 – 1790 Oberstjägermeister Karl Theodor von Hacke seinen Holzanfall vorteilhafter als früher verwertete dadurch, dass er viel Eichenbauholz schlagen ließ, das an Ort und Stelle im Walde zimmermannsmäßig bearbeitet wurde. Deshalb seien die Landleute von weither in den Trippstadter Wald gefahren, da sie dann für ihre Hausneubauten daheim das Eichengebälke nur mehr richtig zusammenzusetzen und zum Dachstuhl aufzuschlagen hatten“.


Literaturhinweise:
Hans Grandke: Untersuchungen über die Lage des Handwerks in Deutschland mit besonderer Berücksichtigung gegenüber der Großindustrie – Leipzig 1897
Paul Hagger: Handwerk zwischen Idealbild und Wirklichkeit – Stuttgart 1991
Wilhelm Weidmann: Streiflichter durch die Wirtschaftsgeschichte von Stadt- und Landkreis Kaiserslautern – 1976
Rudolf Zorn: Handbuch der Sozialwissenschaftler – 1965
Fritz Schellack
Günter Schifferer: Geschichte des pfälzischen Handwerks

hukwa