Kein Baum bildet im mittleren und
nördlichen Europa so ausgedehnte Wälder wie die Kiefer, auch Föhre,
Forche oder Fohrle im Volksmund genannt. Diese Wälder heißen in
fast ganz Norddeutschland auch „ Heiden „. Obgleich die Kiefer
auf allen Bodenarten gedeihen kann, überwiegt sie auf Sandböden,
die den meisten anderen Waldbäumen nicht zusagen. Nehmen wir eine
junge Kiefer aus dem Boden, so sehen wir, dass sie ein gr0ßes und
stark verzweigtes Wurzelgeflecht hat. Sie hält sich also wie mit
tausend Armen in dem lockeren Grunde fest und steht um so sicherer,
als sie eine Pfahlwurzel tief in die Erde senkt. Mit dem mächtigen
Wurzelwerk durchzieht sie ferner eine sehr große Erdmasse, so das
sie selbst unfruchtbarem Sandboden genügend Wasser und Nahrung
entnehmen kann. Zahlreiche Wurzeln breiten sich bereits dicht unter
der Erdoberfläche aus und vermögen so auch Tau und kleine Mengen
von regen aufzusaugen, die von der verwesenden Nadelschicht des
Waldbodens festgehalten werden. Die „ Waldstreu „zu entfernen ist
daher für den Baum von Nachteil. Die feinsten Enden der
Kiefernwurzel sind von Pilzfäden umsponnen. Aus vielfachen
Versuchen ergibt sich, das sich die Kiefer, nur in solcher Erde
kräftig entwickeln kann, die zahlreiche Pilzkeime enthält.
Wahrscheinlich nehmen die Pilzfäden gewisse Nahrungsstoffe aus dem
Boden, wozu die Kiefer allein nicht imstande ist. Der Stamm und die
Zweige sind bei jungen Bäumen mit einer rötlichen Rinde, später
aber mit einer dicken, graubraunen, rissigen Borke bedeckt. Aus
Wunden fließt klebriges Harz hervor, das sich in allen Teilen der
Kiefer findet. Es verschließt die Wundstellen,
verwehrt also Pilzkeimen, die Krankheit
oder Fäulnis erregen, in die Pflanze einzudringen. Außerdem bildet
es einen gewissen Schutz gegen Tierfraß. Der Stamm wächst in jedem
Frühjahr um ein Stück, so das eine kerzengerade, bis fast 50m hohe
Säule entstehen kann. Gleichzeitig bilden sich nahe am Ende des
Stammes alljährlich mehrere quirlförmige gestellte Zweige. Daher
zählt der jüngere Baum so viele Jahre als er „ Stockwerke „
aufweisen kann. Auch die Zweige wachsen fortgesetzt weiter, wobei sie
sich regelmäßig verästeln, so das die junge Kiefer die Gestalt
einer Pyramide bekommt. Später sterben die unteren Zweige des Baums
aus Lichtmangel ab, während die oberen sich im lauf der Jahre immer
stärker ausbreiten. Ältere Bäume eines Kiefernwaldes besitzen
deshalb eine schirmförmige Krone. Im Frühjahr erscheinen junge
Zweige, die Maitriebe, die aus braunen Knospen hervorgehen. Sie
stehen zunächst aufrecht und werden von rostfarbenen , ausgefransten
Blättchen, den Tragblättern, umhüllt. Diese sind untereinander
verklebt und schützen die zarten,
saftreichen Triebe. Später fallen sie ab, und die jungen Zweige
neigen sich, mit Ausnahme des Gipfeltriebes zur Seite, nehmen also
ihre bleibende Stellung ein. In der Achsel eines jeden Tagblattes
entsteht frühzeitig ein kleiner Höcker, der ein Nadelpaar
entwickelt. Da aus den Achseln von Blättern stets Seitensprossen
hervorkommen, sind auch die Höcker kleine Sprossen: Der Maitrieb ist
also ein Langtrieb mit zahlreichen Höckerartigen Kurztrieben. Die
beiden Nadelförmigen Laubblätter sind Anfangs weich und von
silberweißen Blättchen schützend umhüllt, die später auf Reste
verschwinden. Infolge der Nadelform haben die Blätter eine
verhältnismäßige kleine Oberfläche. Sie sind zudem von einer so
dicken Oberhaut bedeckt, das sie hart und trocken erscheinen. In der
Oberhaut befinden sich nur wenige Spaltöffnungen. So kommt es das
die Kiefernadel wie die Blätter einer Trockenpflanze nur wenig
Wasser verdunstet. Im Gegensatz zu den Laubbäumen, kann die Kiefer
den größten Teil ihrer Blätter sogar während des trockenen
Winters behalten: sie ist Immergrün.
Die einzelne Nadel lebt 2 – 3 Jahre.
Die meisten Nadeln sitzen an den enden der biegsamen Zweige ; daher
kommt es in schneereichen Wintern selten zu einem „ Schneebruch „
. Die Samenblüten stehen als rötliche Zapfen an der Spitze der
Maitriebe und sind anfänglich wie diese von braunen Schuppen
umhüllt. Die Kiefer wird vom Wind bestäubt. Die Bestäubung führt
nicht gleich zur Befruchtung. Erst im nächsten Frühjahr treiben die
Pollenkörner aus. der Kiefernwald nimmt in Deutschland einen
bechtlichen Raum ein. Man unterscheidet reine Kiefernwälder von
Mischwäldern aus Kiefern, anderen Nadelgehölzen und Laubwäldern.
Das Tierleben im Kiefernwald ist um so reicher, je stärker die
Strauch- und die Bodenpflanzenschicht entwickelt ist. Die
Straucharmen, trockenen Kiefernwälder der Ebenen erscheinen oft wie
ausgestorben, weil das Unterholz fehlt und viele Vögel weder Nahrung
noch Unterschlupf finden. Eine große Anzahl von Kleingetier,
Würmern, Spinnen und Käfern belebt den Kiefernwald. Manche sind
schlimme Schädlinge z.b. die Raupen des Kiefernspanner, Nonne,
Kieferneule, die oft ganze Wälder vernichten, vor allem aber die
Borkenkäfer denen die vom Waldsterben betroffenen Wälder zum Opfer
fallen. Dem Kleingetier folgen seine Feinde, der Kuckuck und die
Spechte, aber auch die Meisen und Goldhähnchen, deren Lockrufe wir
aus den Baumkronen vernehmen. Sehr häufig treffen wir hohe aus
Kiefernnadeln, gebaute Ameisenhaufen an, sie werden vor allem vom
Grünspecht durchwühlt, der die Bewohner als
Leckerbissen schätzt. Mit Hilfe der Kiefer lässt sich selbst einem
Sandboden, auf dem fast keine andere Nutzpflanze mehr gedeiht, noch
ein Ertrag abringen. Sie liefert ein sehr wichtiges Bau und Werkholz,
sowie den Rohstoff zu Packpapier und Pappen. Aus dem Harz gewinnt man
Terpentinöl, das besonders vom Maler aber auch in der Heilkunde
verwendet wird. Auch Geigenharz und Fasspech, gewinnt man daraus. Das
Harz der Kiefer gilt als altes Heilmittel. Neben Fichte und Tanne
gehört die Kiefer zu den Bäumen die in der Heilkunde seit
Jahrhunderten als Lungenmittel eingesetzt werden. Man benutzt die
Kiefer als Inhalation, als auch in Form von Bädern und Tee.
Die ältesten noch lebenden Bäume der
Erde sind krüppelige und verwachsen wirkende Grannen – Kiefern.
Sie verdanken ihr Alter von über 4 Jahrtausenden (nachgewiesenes
Höchstalter 4700 Jahre) möglicherweise der Tatsache, dass sie an
ihrem Hochgebirgsstandort in der Sierra Nevada die längste Zeit des
Jahres vereist bei Tiefkühltemperaturen zubringen müssen. Als diese
Bäume schon standen hatten wir in Europa noch die Bronzezeit.
In der Mythologie spielt die Kiefer
eine bedeutende Rolle im Attis – Kult. Die Sage spricht davon dass
der phrygische Gott, ein menschliches Wesen sei, dass in eine Kiefer
verwandelt wurde. Wohl daher haben die Phrygier die Kiefer, vor allen anderen
Bäumen verehrt. Über den Baumkult des Dionysos, lesen wir bei
Frazer: " Zu den Bäumen, die ihm außer dem Weinstock besonders
heilig waren, gehörte die Kiefer. Das delphische Orakel befahl den
Corinthern, eine besondere Kiefer, in gleichem Maße wie den Gott zu
verehren. Daher machten sie zwei Bilder von Dionysos daraus mit
roten Gesichtern und goldenen Leibern. In der Kunst tragen der Gott
oder seine Anhänger gewöhnlich einen Stab, an dessen Spitze ein
Kiefernzapfen befestigt ist." Kiefernzapfen galten in der
Antike als Sinnbild und Mittel der Fruchtbarkeit.
Im 3. und 4. nachchristlichen
Jahrhundert, feierte man in Rom vom 15. bis 27. März, das fest der
heiligen Kiefer. Ein Fest zu Ehren der Kybele und des Attis. Dieses
Fest bei dem den Dendrophoren (Baumträgern) eine wichtige Rolle zu
kam, war ein Vegetationsfest. Die Baumträger trugen die heilige
Kiefer aus dem Wald, wo sie diese unter Ritualen gefällt hatten. Man
umwickelte den Stamm des geschlagenen Baumes, mit wollenen Bändern
wie ein leichnam, der den Gott Attis darstellen sollte. Jacques
Brosse berichtet in seiner Mythologie der Bäume folgendes: "Am
23. März erklangen die Trompeten, die man vorher gereinigt hatte;
sie kündigten wahrscheinlich den "Tag des Blutes" an. Am
24. März schnitt sich der Hohepriester des Attis, der Archigallus,
in den Arm und bot der heiligen Kiefer sein Blut als Opfer an,
während Zimbeln und Tamburine lärmten und die von grellen Flöten
begleiteten Hörnern dröhnten. Auf dieses Signal hatten die anderen
Priester gewartet; mit flatterndem Haar stürzten sie sich nun in
einen wild wirbelnden Tanz, geißelten sich bis aufs Blut und
schnitten sich mit den Messern..."
Auch die Merlinsage ist eng mit der
Kiefer verknüpft. Für seine Prophezeiungen benutzte Merlin Bäume.
Es gibt alte Texte die davon berichten dass Merlin meist unter einem
Apfelbaum oder einer Kiefer lehrte. Am Brunnen von Barenton, der in
der Merlinlegende eine wichtige Rolle spielt, stand eine heilige
Kiefer, in die Merlin oft stieg, und in deren Wipfeln, er zur
höchsten Erkenntnis gelangt sein soll.
Einen Bezug zur Kiefer finden wir bei
den Griechen auch bei der Nymphe Pitys, die wie – Syrinx – in
Gefahr war, von Pan vergewaltigt zu werden, diesem aber durch eine
Metamorphose entging. Sie wurde zur Kiefer. Nach weiteren Legenden
wurde die jungfräuliche Pitys gleichzeitig von Pan und Boreas, dem
Nordwind begehrt. Da Pitys Pan vorgezogen hatte, blies Boreas mit
solchem Zorn,, das er die Unglückliche von einer Klippe stürzte.
Pan fand sie dort halbtod und verwandelte sie sogleich in eine
Kiefer. Aus diesem Grund fließt seither, wenn im Herbst Boreas
bläst, ein durchsichtiges Harz aus den Kiefernzapfen; es sollen die
Tränen der Pitys sein.
Seit Altersher benutzt man das Harz der
Kiefer in der Naturheilkunde und Volksheilkunde. Diesen Ausgangsstoff
kennt man in vielen Zubereitungsarten. Zur Gewinnung des Harzes
wurden die Kiefern angezapft. Aus diesem Harz wird das Terpentin
hergestellt. Bereits vor 4000 Jahren nutzten die Ägypter Terpentin
aus Kiefern zur Mumifizierung. Neben dem Terpentinöl erhält man bei
der Destillation das festere Kolophonium, das Geigenharz.
Das Harz der Kiefer, ihre Sprossen und
Nadeln wirken hustenreizstillend., auswurffördernd, antiseptisch,
haut – und schleimhautreizend, durchblutungsfördernd, beruhigend
und harntreibend.
Neben der Fichte und der Tanne, gehört
die Kiefer zu den erprobten Lungenheilmitteln der Naturheilkunde.
Sitzt man in einem Kiefernwald, beleben
die Ausdünstungen der Bäume die Bronchien.
hukwa
Hindenburgkiefer bei Johanniskreuz - Fotos © Hans Wagner |
Aber auch der Föhrenwald
Lass ich mir nicht schelten
Wenn mein Jauchzen widerhallt
in dem sommerhellten!
Heiter ists und aufgeräumt
Und das Wehn der Föhren,
Wenn die Luft in ihnen träumt,
Angenehm zu hören!
Schlanken Riesenkindern gleich
Stehn sie da im Bunde,
Jedes erbt ein kleines Reich
Auf dem grünen Grunde.
Aber oben eng verwebt,
Eine Bürgerkrone
Die Genossenschaft erhebt
Stolz zum Sonnenthrone.
Schmach und Gram umfängt sie nie,
Nimmer Lebensreue;
Schnell und mutig wachsen sie
In des Himmels Bläue.
Wenn ein Stamm im Sturme bricht,
Halten ihn die Brüder;
Und er sinkt zur erde nicht,
Schwebend hängt er nieder.
Lieg ich so im Farrenkraut,
Schwindet jede Grille,
Und es wird das herz mir laut
In der Föhrenstille.
Weihrauchwolken ein und aus
Durch die Räume wallen –
Bin ich in ein Gotteshaus
Etwa eingefallen?
Doch der Unsichtbare lässt
Lächelnd es geschehen,
Wenn mein wildes Kirchenfest
Hier ich will begehen.
Gottfried Keller