Sonntag, 25. Mai 2014

Wandern im Karlstal - eine Zeitreise

Wenn Flurnamen, Grenzsteine und Gesichtssteine Geschichte erzählen

Wenn wir ende Februar und Anfang März durch die Trippstadter Wälder wandern, sind die Bäume zwar noch kahl dennoch spürt man schon den nahenden Vorfrühling. Um diese Zeit liegt oft eine mystische Stimmung in den Wäldern und es ist eine gute Zeit sich einmal mit Flurnamen, Grenzsteinen und besonderen Felsen zu beschäftigen. Ihre Namen gehen oft tief in alte Zeiten zurück und geben uns Kunde von geschichtlichen Ereignissen. Dem Kundigen geben sie ein lebhaftes Bild der Vergangenheit und reden in einer lebendigen Sprache zu ihm.
Beginnen wir unsere Wanderung im wildromantischen Karlstal.
Ein wunderschöner Waldbach durchfließt das Tal. Die Moosalb. Dieser Name führt uns in keltische Zeiten zurück. Der Namensbestandteil – alb für Bach und Flußnamen stellt eine altwestische (vorindogermanische) Bezeichnung für Fluss- und Bachbette sowie für Weißwasser dar, die sich im keltischen Sprachschatz als albis ebenfalls widerspiegelt.
Über dem Karlstal liegt die Amseldell, ein Platz mit geschichtsträchtigen Boden, weilten hier doch einst Fürsten und Prinzregenten. Der Historiker Ernst Christmann hat den Namen folgend gedeutet: Die Amseldell hieß früher Ramseldell – Ramsel= Ram= Rabe, daraus wurde Amseldell. Wer hier verweilt, kann noch die Stimmung spüren die einst hier vorgeherrscht hat.
Auch über dem Karlstal gelegen auf einem hohen Bergrücken verdeckt von mächtigen Bäumen steht trutzig die Burg Wilenstein aus dem 12. Jahrhundert, heute beherbergt sie ein Schullandheim.
Doch lassen wir die alten Steine einmal selbst erzählen:
Verborgen im Schatten von Bäumen, den Blicken oft entzogen, durch die weißen Nebelschwaden, die hier häufig dem Rauschen der Moosalb entsteigen, habe ich die Jahrhunderte überdauert. Zerstört geschleift und wieder aufgebaut, habe ich vieles gesehen und erlebt. Viele sah ich kommen viele sah ich gehen. Meine Mauern werden auch euch überdauern. Ich habe Freude, Leid und Verwüstung gesehen. Und vergesst nie in meinen Mauern lebt Geschichte, ihr müsst nur lauschen was mein Mauerwerk erzählt.
Versteckt im Gebüsch an einer Naturfelsmauer wenige Meter von der Burg entfernt, finden wir einen uralten Gesichtsstein, der bestimmt älter als die Burganlage ist und dessen Geheimnis wohl in heidnischen Zeiten zu suchen ist. Schon viele haben sich Gedanken über diesen Stein gemacht aber keiner ist je hinter das Rätsel gekommen dass dieses seltsame Gebilde wie eine magische Aura überstrahlt. Bei einigen Burgen in ganz Deutschland hat man verblüffend ähnliche in Stein gehauene Gesichter entdeckt, wer sie einst anfertigte weiß aber niemand.
Bei unserer Wanderung durch dieses Gebiet werden wir auch immer wieder auf alte Grenzsteine stoßen.
Auch diese können uns viel erzählen. Schon seit der Steinzeit kennzeichnen Menschen ihre Äcker, Felder und Wiesen gegenüber ihren Nachbarn durch besondere Markierungen.
Als natürliche Grenzmarken dienten seit frühester Zeit Hügel, Berge, Felsformationen, Bachläufe oder besondere Bäume. Wo diese fehlten erstellte man künstliche Grenzzeichen, also Steine und Pfähle. Und schon im Alten Testament, im Buche Moses, können wir lesen: „verflucht wer seines Nächsten Grenzen verengert...“
In der „Carolina“ Karls V. (1532) wird die Grenzsteinsetzung zum Gesetzesakt, wird das „Versetzen“ darin mit Strafen bis zum „Abhacken der Frevlerhand“ bedroht.
Diese alten Grenzsteine sollten uns bei einer Grenzwanderung vor allem denkwürdig stimmen, erzählt doch jeder von ihnen wiederum eine eigene Geschichte. Vor allem aber sind sie altes Kulturgut, dass unbedingt erhalten werden muss.
Gewiss standen hier einst noch mehr solcher Kulturgüter doch die Zeit hat sie dahingerafft, sowie heute die Geschäftstüchtigkeit der Menschen so vieles zerstört. Das beste Beispiel ist die Bedrohung der alten Grenzsteine durch immer größer werdende Forstmaschinen.

Es sind nicht nur die Pflanzen, Bäume und Tiere der Trippstadter Wälder die uns zum Wandern einladen, sondern auch die Kleindenkmäler und Naturkulturgüter, die dem Auge des Wanderers oft entgehen. Gerade das Karlstal hat einige solcher natürlicher und künstlicher Kulturgüter zu bieten, die förmlich darauf warten erwandert zu werden. Somit ladet uns diese Landschaft neben den Naturschönheiten auch dazu ein auf eine „Zeitreise“ zu gehen. 
hukwa