Montag, 26. September 2011

Oktober der Erntemond

Es ist die Zeit da, die Stille langsam Einkehr hält im Pfälzerwald. Der Oktober geizt nicht mit seinen Farben. Ja, wer jetzt die Wälder durchstreift, den erwartet ein Farbenrausch. Der altdeutsche Name „Gilbhart“ ist ein Satzname, der das „Färbe den Wald gelb“ in sich trägt. Das alte, heute nicht mehr gebrauchte Wort „Hart“ für „Bergwald“ hält sich noch in geographischen Namen wie Haardt und Harz.

Es ist auch die hohe Zeit der Baumfrüchte. Bevor ein Baum seine Blätter fallen lässt, versucht er noch möglichst viele Nährverbindungen herauszuziehen. Diese wertvollen Stoffe sind an das Blattgrün gekoppelt und je mehr das Grün schwindet, desto stärker treten - auch vorher schon vorhandene – andere Farbstoffe in Erscheinung: Das Blatt wird gelb, rot, orange oder braun. Eine besonders schöne Färbung zeigt nun die Wildkirsche, ihr folgen die Ahornarten.

Wer Anfang Oktober etwas tiefer in den Pfälzerwald eindringt, kann tagsüber schon mal ein unwillig klingendes Knörren vernehmen. Es ist die Zeit der Hirschbrunft. Sobald sich die Frühnebel verzogen haben und die ideale Temperatur vorherrscht, beginnt dieses atemberaubende Schauspiel. Der Platzhirsch tritt auf die Lichtung, wirft majestätisch seinen Kopf in den Nacken und lässt sein markiges Röhren erschallen. Der Oktober ist ein Zaubermonat und doch enthält er schon eine gewisse Melancholie, unerbittlich weist er uns darauf hin, dass der Sommer vorbei ist. Die letzten Zugvögel machen sich nun auf den Weg nach Süden und an den späten, kühlen Abenden tönt das Geschnatter der Wildgänse vom Himmel herab.

Noch einmal schöpft die Natur nun aus dem Vollen, neben den Baumfrüchten sprießen die Pilze und vor allem die Beerenfrüchte. Diese verpacken ihre Samen in eine fleischige Hülle und geben dem ganzen eine glänzende Farbe. Die Früchte ziehen verschiedene Tiere an und dienen ihnen als Nahrung. Sie verbreiten die Kost über ihren Magen. Bei Steinfrüchten speien die Tiere die Samen aus dem Mund wieder aus. Vor allem mit Rottönen werben solche Pflanzen unter den Vögeln.

Der Oktober trägt im Volksmund auch den Namen Erntemond. Im Wald sprießt nun eine Vielzahl von Pilzen. Es scheint, als ob die Pilze dann wachsen, wenn Bäume zu ruhen beginnen. Dem ist auch so, wenngleich auch über beider Zusammenleben noch vieles im Geheimen liegt, so ist bei ca. 50 Pilzen eine Lebensgemeinschaft zu einem Baum nachgewiesen. Der besonders giftige Knollenblätterpilz geht nur mit Eichen und Buchen eine Beziehung ein, der Fliegenpilz braucht die Birke und Fichte, während Pfifferlinge Kiefern bevorzugen. Unter dem Waldboden betreiben beide eine Versorgungs-gemeinschaft über ihre Wurzeln. Die feinen Pilzfäden lassen ein regelrechtes Geflecht um die Saugwurzeln der Bäume entstehen. Beim Steinpilz messen die Fäden insgesamt etwa 100 Kilometer. Der Pilz vermag die meist mineralischen Stoffe pflanzlichen und tierischen Ursprungs leichter aufzuschließen und tritt sie als Mineralsalze, Stickstoff und Phosphor an die Baumwurzeln ab. Der Baum wiederum gibt seinem Partner vor allem Kohlenhydrate ab. Diese kann er dann am besten entbehren, wenn das Sprossenwachstum beendet ist.

So wird klar warum im Herbst die Zeit der Pilze beginnt. Pilz und Baum benötigen einander. Hemmungsloses Sammeln dieser Früchte des Waldes ist deshalb unverantwortlich. Gerade im Oktober zeigt uns der Wald durch seine ganzheitlichen Zusammenhänge, dass wir ökologisch nur überleben können, wenn wir uns auf das Ganze besinnen.

hukwa