Freitag, 19. August 2011

Eine Wanderung durch den Altweibersommer

Es ist die Zeit da der Sommer dem Herbst nicht mehr den Weg versperren will, der Augenblick, wo der Wald jene Farben zaubert, wie sie selbst auf der Palette eines Landschaftsmalers nicht entstehen können: Altweibersommer!

Wer jetzt durch die Wälder streicht der wird wahrlich eine reiche Ernte nach Hause tragen. Es ist die Zeit in der jeder einzelne Baum sich zu einer eigenen Persönlichkeit zu färben scheint. Stark ist der Frühherbst und beruhigend der Geruch seiner Früchte.
Jetzt sollte der Wanderer seinen Rucksack schultern und losziehen denn keine Macht kann einen Wanderer halten wenn der Herbst naht. Früh am Morgen funkeln Abertausende von silbrig glänzenden Spinnweben in Gräsern, Büschen und Bäumen. Dick und fruchtig glühen die Früchte der Eberesche und schwarz blinken die Holunderbeeren am Waldrand.

Die letzten Schwalben lockern ihr Gefieder, prüfen es emsig, wissend, dass ihnen eine weite Reise bevorsteht auch den übrigen Zugvögeln ist ihre Unruhe anzumerken und an den kühlen Abenden, in der frühen Dämmerung, hört man nun immer öfters das Schnattern der Wildgänse am Himmel. Überall herrscht Aufbruchstimmung an den Waldhängen tauchen vereinzelte Rehe auf, die Abende sind manchmal noch lau, doch die Nächte schon recht kühl. Bald werden die ersten Brunftschreie der Hirsche durch die Wälder hallen manchmal übertönt vom Geschrei des Dachses.

Wer noch nie das Naturschauspiel einer Hirschbrunft erlebt hat, der hat ein Versäumnis in seinem Leben anzumelden. In den Nächten blinken nun die Sterne eiskalt, klar und funkelnd wie Diamanten und der Septembervollmond hat seinen besonderen Reiz. Wer unter ihm wandert den trifft der Bannstrahl seines mystischen Zaubers. Die Sternenwelt am Nachthimmel dienen als Kompass und der unruhige Mond wird dem Wanderer mit einem male zum Wandergesellen. Im Unterholz knackt es geheimnisvoll, Fuchs und Marder streifen umher… oder sind es die Elfen dieses Waldes, Kobolde und Trolle die uns aus einiger Entfernung beobachten? Der Phantasie einer vollkommenen Vollmondnacht im Herbst sind keine Grenzen gesetzt. Der Waldkauz lockt und dazwischen hört man ein unheimliches mörderisches Geschrei, es ist der Dachs der nervös durchs Dickicht streift. Es sind die Nachtstimmen des Waldes denen der Wanderer nun lauschen kann und in der geheimnisvollen Umgebung durch die er sich bewegt erscheinen sie ihm wie eine große Herbstsinfonie. Wie Gestalten aus fernen Urzeiten ,wie Zentauren und Riesen erscheinen nun Büsche und Bäume. Eine Vollmondnacht hat ihre eigene, nicht beschreibbare Magie man kann sie mit Worten nur andeuten, will man sie begreifen muss man sich von ihr verzaubern lassen.
Ob in den Nächten oder am Tag, der Frühherbst ist die Jahreszeit im Pfälzerwald wo uns die Landschaft am farbenprächtigsten erscheint. Besonders das Karlstal zeigt sich dem Wanderer nun von seiner lieblichsten Seite. Schon früh im September knistert hier die rote Fackel des Herbstes im Laub. Die Abende sind bereits kühl und feuchter, silberner Nebel steigt kurz vor der Dämmerung aus der Moosalb auf. Der Altweibersommer hat seinen Namen nach den vielen Jungspinnen, die jetzt an einem Flugfaden hängend den Ort ihres Heranwachsens verlassen. In Nordamerika beginnt zur gleichen Zeit der Indian Summer, er entspricht unserem Altweibersommer, nur sind seine Farben noch prunkvoller was damit zu tun hat, dass es in Nordamerika mehr Laubbäume als bei uns gibt. Jetzt lassen sich viele Wildfrüchte sammeln und überall sprießen nun die „Blumen des Herbstes“, die Waldpilze.
Noch einmal zeigt der Sommer seine volle Kraft, das ist die Magie des Altweibersommers. Scheiding hieß der September im verschwundenen deutschen Kalendarium, weil er den Sommer vom Herbst scheidet. Scheiden tun auch in diesem Monat die Zugvögel, die sich nun überall sammeln, man spürt regelrecht eine Aufbruchsstimmung in den umliegenden Wald- und Feldgehölzen und für den Wanderer beginnt nun der farbenprächtigste Monat des Jahres.

hukwa