Samstag, 27. April 2019

Das Karlstal – der Wandel einer ehemaligen Industrielandschaft zum Naturschutzgebiet

Wer heute das romantische Karlstal bei Trippstadt besucht, dem fällt es schwer sich vorzustellen, dass diese idyllische Landschaft einmal zum „Ruhrgebiet“ des Pfälzerwaldes gehörte! Das heutige Naturschutzgebiet war viele Jahre lang eine Industrielandschaft. Die Eisenverhüttung beann bereits im Jahre 1727 mit der freiherrlichen Familie von Hacke.
Karlstalschlucht - Foto©UteKW


Seit 1777 zunächst als Temporalbeständer und schließlich ab 1804, im Zuge der Nationalgüterversteigerung als Eigner, hat die Familie von Gienanth hier Industriegeschichte geschrieben.
Die günstigen Grunderwerbsmöglichkeiten während der französischen Besatzungszeit haben den Gienanths dazu verholfen, fast sämtliche Teile der pfälzischen Eisenverhüttung (mit Hochstein, Eisenberg, Altleiningen, Karlstal und Schönau) an sich zu bringen und einen Großbetrieb mit etwa 1000 Beschäftigten aufzubauen. Für die damalige Zeit gewiss eine einmalige unternehmerische Leistung im deutschen Raum. Zweifelsohne waren die Gienanths eine weitsichtige Unternehmerfamilie. Neben der Eisengewerbe bemühten sie sich auch um die Verbesserung des Getreideanbaues und um die Viehzucht, hier im Besonderen um die Schafzucht.
Das Interesse der Unternehmerfamilie Gienanth an Ackerbau und Viehzucht stand in Verbindung mit ihren Arbeitern. Mit dem Ziel, der im Eisengewerbe tätigen Bevölkerung einen Nebenerwerb in der Landwirtschaft zu geben, dies besonders in Trippstadt.
Werner Weidmann schreibt in seinem Buch „Streiflichter durch die Wirtschaftsgeschichte von Stadt und Landkreis Kaiserslautern“: Dieses landwirtschaftliche Interesse der Familie Gienanth hat auch im Trippstadter Raum mit dem am späteren Herrenhaus im Karlstal stationierten „Gut Gienanth“ seine Spuren hinterlassen, hier besonders mit dem Ziele, der im Eisengewerbe tätigen Bevölkerung einen krisenfesten landwirtschaftlichen Nebenerwerb zu eröffnen.
Unter Freiherr von Hacke wurden die Karlstal Werke nach und nach ausgebaut... mit insgesamt wohl weniger als einem halben Hundert Beschäftigten, die im allgemeinen in ärmlichen Verhältnissen lebten. Erbarmungsloser als anderswo hatte der Tod dort Ernte gehalten. Trostlos beschränkte Behausung, ungesund feuchtkaltes Klima und pure materielle Not, wenn die Erzzufuhr zu den Werken ausblieb und die Arbeitslosigkeit einzog, haben die Sterblichkeit gemehrt, besonders die der Neugeborenen und der jungen Mütter“.
Wir haben hier die realistische Schilderung einer trostlosen Industrielandschaft und eines Arbeiterghettos.

Unter Gienanth änderte sich diese Situation. Mehrere Holzstege wurden über den Wasserlauf gebaut, Bänke aufgestellt und ein Musikpavillon errichtet. Auf einer Anhöhe westlich der Moosalb errichtete Gienanth die „Amseldelle“, einen kleinen, privaten Vergnügungspark, der sogar von Fürstlichkeiten aufgesucht wurde. Er versuchte also die Landschaft zu verschönern und einen Einklang zwischen der Natur und den Industrieanlagen zu schaffen.
Gienanth war in der Pfalz der führende Kopf von etwa 200 Patrizier Familien. Nach der Niederlage Napoleons kam die Pfalz zu Bayern. Im Jahre 1816 beauftragte König Maximilian Josef I. den Hüttenherren Ludwig Gienanth, als einflussreichsten Bürger der Pfalz, mit der Durchführung der ersten demokratischen Wahl in der Pfalz. Ein Wahlausschuss wählte in Kaiserslautern unter seinem Vorsitz den ersten pfälzischen Bezirkstag (damals Landrat genannt). Er bestand aus 20 Mitgliedern und stand dem Regierungspräsidenten beratend zu Seite. Ludwig Gienanth wurde zum Reichsrat der Krone Bayerns ernannt und später in den erblichen Freiherrenstand erhoben. In den nun folgenden Jahrzehnten des Friedens wurden alle Werke gründlich ausgebaut. Alle maschinellen Anlagen wie Gebläse, Hämmer und Walzwerke wurden durch Wasserkraft betrieben, dazu wurden jeweils Stauwehre errichtet. Die für die Hochöfen notwendige Holzkohle wurde in den umliegenden Wäldern von Köhlern in Meilern gebrannt und von Fuhrleuten ins Karlstal gebracht. Dafür wurden Wäldereien in der ganzen Umgebung aufgekauft. Was natürlich keinesfalls nachhaltig war! Das Erz wurde in kleinen Gruben gewonnen, vorwiegend in Erzhütten-Kaiserslautern, Imsbach, aber auch Elmstein und wurde auf Esel- und Ochsenkarren ins Karlstal gebracht. Hierfür wurde auch die Karlstalstraße 1856 ausgebaut. Die Hochwege um Trippstadt wurden mit Sandsteinen gepflastert.
Heute ist das Karlstal eine der schönsten Regionen des Pfälzerwaldes. Die Natur ist wieder in das romantische Tal zurückgekehrt. Flurnamen erinnern noch heute daran, dass hier einstmals Industrie vorhanden war. Heute rauschen wieder die Bäume auf den bewaldeten Bergrücken, die vor 200 Jahren vollkommen abgeholzt waren!
Wer heute das Karlstal erwandert, bemerkt bald das nur weniges geblieben ist aus der Zeit der Industrialisierung dieser Landschaft. Doch wer dem Rauschen der Moosalb und der noch im Tal erhaltenen Weiher lauscht, kann sich der Zeit erinnern als hier im Karlstal noch die Hämmer dröhnten und die Hochöfen die Nacht erleuchteten!

Literaturhinweise:
W. Weidmann: Streiflichter durch die Wirtschaftsgeschichte von Stadt und Landkreis Kaiserslautern.
L. Spuhler: Der Bergbau in der Pfalz
B. Cloer: Eisengewinnung und Eisenverarbeitung in der Pfalz
W. rosenberger: Beschreibung rheinland-pfälzischer Bergamtsbezirke

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