In
den Jahren 1807 bis 1820 war Johann Peter Fabricius
protestantischer Pfarrer in Trippstadt. Davor war Fabricicus
lutherischer Freiprediger und Lateinlehrer in Pirmasens.
In
Trippstadt besuchte ihn 1812 sein ehemaliger Schüler und späterer
Professor für Theologie, Johann Friedrich Bruch. Dieser war
der Verfasser einiger theologischer Werke. In seinen „Kindheits-
und Jugenderinnerungen“ erinnert er sich u.a. an die
Herbstferien im Jahre 1812, die er in Trippstadt verbrachte:
„Die
Herbstferien, welche der damaligen Ordnung nur den October durch
dauerten, brachte immer bei meinen Eltern zu. Gewöhnlich machte ich
während derselben einen Besuch bei Pfarrer Fabricius, der
unterdessen nach Trippstadt bei Kaiserslautern war versetzt worden.
Dort fand ich immer die liebevollste Aufnahme und verbrachte
glückliche Tage. Die Familie des guten Fabricius und die
Verhältnisse, in welchen sie lebte, hätte einem Dichter einen
ebenso reichen und anziehenden Stoff dargeboten, als die von
Sessenheim dem großen Goethe. Ihn selbst habe ich bereits nach
seinen Kenntnissen und nach seiner Lehrgabe geschildert. Er war ein
kleiner, etwas untersetzter Mann, mit einer echt oberdeutschen
Physiognomie, sehr lebhaft und in der Unterhaltung nicht ohne Witz.
Seine Frau, die in ihrer Jugend sehr schön gewesen, hatte noch in
älteren Jahren eine ungemein anziehende, sanfte Physiognomie und
etwas Wohltuendes in Stimme und Sprache. Der Kinder waren neun. Die
älteste Tochter, Friedericke, ungefähr von gleichem Alter mit mir,
war eine seelenvolle, anziehende Erscheinung. Man konnte sie nicht
gerade schön nennen, allein ihre Züge waren sehr angenehm, ihr Bild
treuherzig und geistreich. Sie hatte eine klangreiche Stimme und sang
sehr schön, ob sie gleich nie Unterricht im Singen gehabt hatte. Die
zweite Tochter, Carolina, war schöner: Sie hatte prachtvolles
blondes Haar und regelmäßige feine Züge. Allein ihr Wesen war
weniger ansprechend und ihre Bildung weiniger ausgezeichnet, als die
ihrer älteren Schwester. Friedericke wirkte sehr anziehend auf mich.
Sie teilte mir ihre poetischen Versuche mit, die von einer nicht
geringen Anlage zeugten. Es blieb mir nicht verborgen, daß sie sich
auch zu mir hingezogen fühlte und hätte es in meinem Geschicke
gelegen, in Rheinbaiern eine Pfarrstelle zu erhalten, so würde ich
unbedenklich meine Hand angeboten haben.
Diese
Familie bewohnte nun ein erbärmliches Pfarrhaus: es bestand nur aus
einem Bodengeschoß an das sich unmittelbar die Stallung anschloß.
Daneben war ein kleiner Garten. Auch zeugte das Innere des Hauses,
trotz der hier herrschenden Reinlichkeit und Ordnung davon, daß hier
kein Reichtum zu finden war. Indessen herrschte in der Familie ein
heiterer Geist, und fast den ganzen Tag hindurch ließ sich die
sangreiche Stimme der beiden Schwestern vernehmen, während die
jüngeren Geschwister sich munter in der Wohnstube herumtummelten.
Trippstadt
liegt mitten in einer waldreichen Gegend auf einer Hochebene, die
weinig Reize darbietet. Umso reizvoller ist das Carlsthal, das sich
an der einen Seite der Höhe hinzieht. Herrlich bewachsen, mit
interessanten Felsenpartien, wird es durch einen über Kieseln und
Felsentrümmern hinbrausenden ziemlich breiten Waldbach
durchschnitten. An dem einen Ende des Thales erhebt sich eine
ansehnliche Bergruine, unterhalb welcher große Eisenwerke sich
befinden. In dem Thale selbst, unter einem am Abhang des Berges sich
erhebenden Felsen, hatte ein Einsiedler seine Klause erbaut. Dieses
Thal war nun täglich das Ziel unserer Spaziergänge. Hier trug mir
Friedericke ihre Gedichte vor; hier lasen wir zusammen gute Bücher;
die beiden Schwestern ließen das Thal von ihrem Gesang ertönen; es
wurden Blumen gepflückt. Nicht selten wurde ein bescheidenes
Abendessen von Hause aus mitgenommen, das dort am rauschenden Bache,
im Schatten herrlicher Buchen, eingenommen wurde. Die Tage, welche
ich in jener guten, liebevollen Familie zubrachte, haben in mir ein
überaus freundliches Andenken zurückgelassen. Sie bilden in meinem
Leben wie ein Idyll. Alles ist mir nach langen Jahren noch
gegenwärtig, wie wenn es sich erst vor wenigen Tagen zugetragen
hätte, und ich muß gestehen, daß ich immer ein eigene Bewegung des
Herzens empfinde, wenn ich mich in diese Familie und die in ihrem
Schoße verlebten Tage zrückversetze.“
hukwa
Literaturhinweise:
Kindheits-
und Jugenderinnerungen von Dr. Friedrich Bruch, aus seinen
schriftlichen Aufzeichnungen mitgeteilt von Theodor Gérold 1889