Von der Waldaxt der Römer zur Waldaxt
der Freiherren von Hacke
Doppelsinnigkeit bei gallo –
römischen Grabsteinen am Beispiel der Axtdarstellungen auf der
Heidelsburg bei Waldfischbach – Burgalben und der Heidenburg in
Oberstaufenbach bei Kusel.
Die symbolische Waldaxt ist uns vor
allem aus der Literatur über die pfälzischen Haingeraiden bekannt.
Axtdarstellungen finden wir schon bei den Kelten, wie etwa dem tau
gallicum, Symbol der Doppelaxt,
die auch als Abwehrmittel gegen den bösen Blick und die Pest
verwendet wurde. Noch in christlicher Zeit wurden solche Zeichen auf
den Mauern der Stadt Clermont abgebildet, um die Bewohner vor der
Pest zu schützen. Die bekannteste Axtdarstellung sind die beiden
Steinreliefs von der Heidelsburg bei Waldfischbach. Der Großteil der
pfälzischen Heimatforscher ging bisher davon aus dass es sich bei
den Axtdarstellungen von der Heidelsburg um die einzigen
Steindenkmäler dieser Art in unserem Raum handelt.
Vor
einiger Zeit entdeckte ich einen weiteren Stein, bei dem es sich
ebenfalls, wie bei den Denkmälern von der Waldfischbacher
Heidelsburg um einen Grabstein mit Grabinschrift sowie zwei
Ritzzeichnungen von einer Axt und einem Dechsel handelt. Der Stein
der sich Heute im Historischen Museum in Speyer befindet, stand einst
auf dem Friedhof der Heidenburg bei Oberstaufenbach im Landkreis
Kusel. Während der Römerzeit wurde die Dechsel als Attribut der
Zimmerleute dargestellt. Die Axt hingegen war das Attribut des
römischen Försters, eines saltuarius.
Der Stein von
Oberstaufenbach enthält neben den Werkzeugdarstellungen nur noch ein
Inschriftenfragment, welches ihn als Grabdenkmalfragment erkennen
lässt, da die Mutter als Stifterin in der Inschrift erwähnt wird.
Zusätzlich zur Inschrift trägt der Stein die bereits erwähnten
Attribute der Werkzeuge die anzeigen dass der Verstorbene in der
Holzverarbeitung tätig war.
Darstellungen von
Äxten auf Grabdenkmälern gelten auch als apotropäische (Übel
abwehrende) Zeichen. Auch in der Antike wurde schon Grabräuberei und
Grabschändung betrieben.
Mit der römischen
Okkupation des gallisch – germanischen Raumes gelangt auch die
Sitte, Garbinschriften zu setzen, in diese Region. Für die Römer
war es von großer Bedeutung zu zeigen wem dieses Grabmal errichtet
wurde und wer es errichten ließ. Dadurch findet man Informationen
die allein durch das Bildmaterial nicht erschlossen werden können.
Als Beispiel hier
die Grabschrift für den Dendrophoren L. Sabinius Cassianus in Lyon:
D/is) M(anibus) et quieti aeternae /
L(uci) Sabini Cassiani / dendrophoro Au/ gustal(i) q(uaestori)
corporis e/iusd(em) duplicario ex/ consensu univer/sorum omnibus
ho/noribus apud eosd (em)/ functo homini op/timo et incompara/ bili
Flavia Livia/ coniugi rarissi/ mi exempli er/ Priscius Eustochius/
collliberto sans/ tissimo inscriben/dum curaverunt / Priscius
Eustochius/ colliberto sanc/tissimo inscriben/dun curaverunt/ et sub
ascia dedi/ caverunt.
Den Manen und der ewigen Ruhe des
Lucius Sabinius Cassianus, aus dem Collegium der Dendrophori
Augustales, Quaestor desselbem Collegiums, mit Einverständnis aller
Mitglieder mit doppelter Besoldung, der alle Ehrenämter bei ihnen
durchlaufen hat, dem besten und unvergleichlichen Menschen, Flavius
Livia, ihrem Gatten seltenen Beispieles, und Priscius Eustochius,
seinem makellosestem Mitfreigelassenen. Sie haben dafür gesorgt,
dass ihm die Inschrift geschrieben wurde und haben ihn unter der Axt
geweiht.
Die
Grabschrift des Freigelassenen L. Sabinius Cassianus wurde von seiner
Gattin Flavia Livia und von seinem Mitfreigelassenem Priscius
Eustochius besorgt. Sabinius war Quaestor des Vereines der
augustalischen Dendrophoren gewesen, einer Handwerkerzunft die mit
dem Magna – Mater – Kult in Lyon verbunden war. Er hatte in
diesem Verein alle Chargen durchlaufen und war von den Mitgliedern
zum Vereinskassierer mit doppelter Besoldung gewählt worden, eine
besondere Auszeichnung für die Ehrlichkeit des Verstorbenen. Was die
religiöse Formel sub ascia dedicare
bedeutet, welcher Ausdruck auf vielen galllo – römischen
Grabsteinen vorkommt, ist bisher nicht eindeutig geklärt. Einige
sehen in dieser Axt das Symbol des gallischen Unterweltgottes, andere
halten sie für eine Androhung göttlicher Strafe gegen Grabschänder.
Bemerkenswert ist
auch noch dass Eseus der bei verschiedenen keltischen Stämmen als
ein Unterweltsgott gilt in der Regel ebenfalls mit einer Axt
dargestellt wird.
Die
Axt als Symbol des Försterberufes dürfte wohl eindeutig aus den
beiden Steinreliefs von der Heidelsburg bei Waldfischbach - Burgalben
zu erkennen sein. Die Inschrift saltuarius bestätigt
diese Annahme. Was verwunderlich ist das ist der Vergleich mit
heutigen Äxten, die unseren Äxten gleicht nur ein wenig schwerer
ist. Otto Roller schreibt zu recht: „Der Nachweis weiterer solcher
Beispiele technischer Kontinuität scheint mir ein gewichtiger
Beitrag zu unserer noch immer relativ geringen Kenntnis vom Vorgang
der Landnahme zu sein, der wohl häufig ein Prozess der Übernahme
bestehender Einrichtungen, wie Grenzen, Siedlungsstellen und vor
allem Anwendungstechniken aus den Bereichen Landwirtschaft und
Handwerk war“.
Gerade die
Hortfunde von Werkzeugen auf der Heidenburg bei Kreimbach und auf der
Heidelsburg bei Waldfischbach bestättigen die Annahme von Roller.
Der
Hortfund von Waldfischbach zeigt gemischtes Inventar, darunter
Werkzeuge, Geräte aus der Landwirtschaft, Beschläge für Wagen oder
Küchengerät. Während in dem Waldfischbacher Fund Werkzeuge zur
Holzbearbeitung überwogen, fanden sich im Kreimbacher Depot
vorwiegend Schmiedewerkzeuge. Die Grabungsleiter verwiesen damals auf
die Ähnlichkeit des gefundenen Werkzeuges mit dem der Gegenwart. Der
formale Unterschied sei so gering, dass ein Laie, der die
Fundumstände nicht kenne, zur Meinung komme, er habe moderne
Eisensachen gefunden.
Eine weitere
kontinuierliche Symbolik lässt sich bei der Waldaxt auch als
Statussymbol erkennen.
Irgendwie hat die
Waldaxt zu den Haingeraidenschultheißen der frühen fränkischen
Siedlungen gefunden und war schließlich bis in die Neuzeit
Forstsymbol. Eine Möglichkeit wäre das nach dem die Römer die
Pfalz verlassen hatten in der Abgeschiedenheit einiger Walddörfer
einige gallo-römische Siedlungen weiterexistierten und diese
Bewohner ihr Wissen um die Symbolhaftigkeit der Waldaxt an die
Franken weitergaben. Ihre besondere Symbolik fand die Waldaxt ja in
den Haingeraidenwäldern der fränkischen Eroberer der Pfalz.
Zu jeder
fränkischen Ansiedlung gehörte ein ungeteilter Anteil an der
gemeinen Mark, der das Recht auf Nutzung von Wald, Weide und Jagd
umfasste. Dadurch bildeten sich im 7. Jahrhundert
Markgenossenschaften die man „Haingeraide“ nannte. Auch das
Gebiet dieser Genossenschaften nannte man Haingeraide. Jeder Genosse
besaß das gleiche Maß des Nutzungsrechtes und der allgemeine Nutzen
reichte hin, um sämtliche Bedürfnisse der in den Geraidedörfern
wohnende Einwohner zu decken.
Zur
Aufrechterhaltung der Geraideordnungen wuren Geraideschultheißen,
Zentmeister, Waldmeister und Waldknechte ernannt. Das Geraidegericht
oder der Geraidestuhl setzte sich aus dem Geraideschultheiß oder
Zentschultheiß, dem Ortsschultheiß und einer Anzahl von Schöfffen
zusammen. An bestimmten Geraidelagen wurde vom Geraidegericht am
Geraidestuhl nach der Geraideordnung in Geraidedingen verhandelt und
der Geraidespruch gefällt. Als wichtigstes Symbol der Geraideordnung
überhaupt galt die Geraide – oder Loogaxt. Der Geraideschultheiß
war berechtigt die Waldaxt zu tragen und zu nutzen, also damit Bäume
zu markieren. Die Axt wurde niemals am Ort aufbewahrt wo der
Geraideschultheiß wohnte sondern immer in einem anderen Dorf.
Benötigte der Schultheiß die Axt musste er sie nach der
Geraideordnung anfordern.
Die Auflösung der
Haingeraiden geschah um 1825.
Bis in die Zeit
hinein wo vermehrt Grenzsteine gesetzt wurden, war die Loog- oder
Lochaxt das unentbehrliche Werkzeug des Försters und seiner
zuständigen Herrschaft. Als Loch – oder Loogbäume, auch Markbäume
genannt, bezeichnete man auf oder an der Grenzlinie stehende Bäume,
die beiderseits mit der Lochaxt gefitscht, angeschalmt wurden, indem
man ein Stück Rinde entfernte. Auf die Lache, die freigelegte
Stelle, wurde das Symbol der jeweiligen Herrschaft eingeschlagen.
Wenn man auch bevorzugt wegen ihrer langen Lebensdauer Eichen als
Lochbäume aussuchte, hatten diese Grenzzeichen dennoch eine
beschränkte Dauer und mussten immer wieder durch neue Lochbäume
ersetzt werden.
Dass Recht eine
eigene Waldaxt zu führen, stand nicht jeder Herrschaft zu. Auch
durfte der jeweilige Loogaxt Inhaber nicht einfach ausserhalb seines
Waldes seine eigene Loogaxt zum Bäumezeichnen nutzen. Ein Beispiel
dafür erwähnte der Heimatforscher Karl Munzinger aus Trippstadt in
seiner Abhandlung über die „Trippstadter Waldungen der Freiherren
von Hacke“ hier schreibt Munzinger: „Im Dezember 1777 ordnete die
kurpfälzische Verwaltung an, dass künftig im Meiser und Harderwald,
beides Hackescher Wald, aber im Amte Fischbach und damit im
Kurpfälzischen Hoheitsgebiet gelegen, künftig die kurpfälzische
und nicht die Hackesche Axt zu verwenden sei“.
Franz
Karl Joseph v. Hacke richtete daraufhin im Januar 1778 eine
Bittschrift an den Kurfürsten, in der er bat, das uralt hergebrachte
Recht der eigenen Waldaxtung
bestehen zu lassen und ihm zu gestatten, weiterhin ruhig und
ungestört wie seine Vorfahren in seinem „adeligen,
ritterschaftlichen Meißer- und Haderwald“ seine eigene Waldaxt
gebrauchen zu dürfen, „wann einiges Holtz“ darin gefällt werden
sollte. Dass dies immer so gehandhabt wurde, könnte der
kurpfälzische Forstmeister zu Lautern, Herr Rettig, bestätttigen,
nicht alleine für seine Amtszeit, sondern auch für die Zeiten
seines Vaters, Groß- und Urgroßvaters. Auch andere
Adelsgeschlechter, die Waldungen in kurpfälzischen Gebieten besäßen,
würden ihre eigenen Waldäxte gebrauchen, ebenso die Herzöge von
Zweibrücken im Holzland, obwohl es kurpfälzisches Gebiet sei. Bei
Keiper können wir nachlesen, dass in der kurpfälzischen Zeit die
Oberforstmeister, also auch die Freiherren von Hacke,
als Zeichen ihrer
Würde eine Waldaxt aus Elfenbein trugen, die von der linken Schulter
zur rechten Hand herabhing.
Hukwa
Lit. Hinweise:
W. Liebenam:
Zur Geschichte und Organisation des römischen Vereinswesens. Leipzig
1890.
Otto Roller:
Axtdarstellungen auf den Förstergrabsteinen der Heidelsburg.
Mitteilungen des
Historischen
Vereins der Pfalz. Band. 84.
Karl Moersch:
Geschichte der Pfalz.
Hans Wagner: Die
pfälzischen Haingeraiden.
Karl Munzinger: Die
Trippstadter Waldungen der Freiherren von Hacke 1716 – 1833
Blätter
z. Heimatgeschichte v. Tripppstadt Sonderheft.
Bilfinger,E.
Johanniskreuz eine Pfälzerwaldgeschichte. 1904
Eitelmann, W.
Rittersteine im Pfälzerwald.